Oslo. .

Beim Eurovision Song Contest geht es auch um viel Geld. Der Schlagerwettbewerb ist längst zu einem Umschlagplatz für zig Millionen Euro geworden. Die Show kostet auch den deutschen Gebührenzahler etwas.

Wenn Lena Meyer-Landrut heute beim Eurovision Song Contest die Bühne betritt, geht es um mehr als Musik. Der Schlagerwettbewerb ist längst zu einem Umschlagplatz für zig Millionen Euro geworden. Aber während sich Plattenfirmen und Wettbörsen über steigende Gewinne freuen, muss sich Deutschland die Teilnahme teuer erkaufen. Denn die Kosten sind enorm.

In insgesamt drei Live-Shows treten die Sänger aus 39 Ländern gegeneinander an. Fast 90 000 Tickets gingen hierfür in den Verkauf. Mehr als 2000 Journalisten aus rund 70 Ländern sind vor Ort, um von dem Spektakel zu berichten. Der Song Contest ist abseits von Sportveranstaltungen die größte Fernsehproduktion in Europa. 124 Millionen Zuschauer saßen vergangenes Jahr vor den Bildschirmen, 7,35 Millionen davon in Deutschland. Und: Weit mehr als zehn Millionen haben sich europaweit am Televoting, der Abstimmung per Anruf oder SMS, beteiligt.

25,5 Millionen Euro Kosten

So ein Großereignis hat seinen Preis: Rund 25,5 Millionen Euro kostet die Ausrichtung des Song Contests dieses Jahr. Dem sollen etwa 9,6 Millionen Euro Einnahmen gegenüber stehen, wie norwegische Zeitungen berichten. Neben den Beiträgen der Teilnehmerländer sind für den Ausrichter vor allem die Erlöse aus dem Eintrittskartenverkauf wichtig: Tickets fürs Finale kosten zwischen 100 und 200 Euro. Karten für die beiden Halbfinales sowie die zwei Generalproben vor dem Finale sind für 37 bis 74 Euro erhältlich.

Auch Deutschland zahlt einen Teil der Produktionskosten. Denn wie alle teilnehmenden Länder und deren Sendeanstalten muss Deutschland über die ARD einen Beitrag an die European Broadcasting Union (EBU), ein Zusammenschluss der öffentlich-rechtlichen Sender Europas, entrichten. Diese Gebühr steht in Abhängigkeit zur Größe der Teilnehmerländer und ist für Deutschland entsprechend hoch. Eine genaue Summe möchten weder die EBU noch die ARD auf Nachfrage nennen. „Es handelt sich um eine niedrige sechsstellige Summe“, verrät aber Thomas Schreiber, ARD-Koordinator für Unterhaltung. Dies sei günstiger, als wenn die ARD eine eigenproduzierte Show senden würde.

Keine Sponsoren und keine Werbeeinnahmen

Durch den hohen Beitrag erkauft sich Deutschland als einer der „Big four“ neben Frankreich, Großbritannien und Spanien ein Ticket direkt ins Finale. Auf Sponsoren greift die ARD für die Entsendung von Lena und der deutschen Delegation nicht zurück. Der Auftritt und die Teilnahme in Oslo würden durch Gebühren finanziert, so Schreiber.

Dem stehen praktisch keine Einnahmen gegenüber. Da das Finale nach 20 Uhr ausgestrahlt wird, muss die ARD auf Werbeblöcke verzichten. Bleiben noch die Einnahmen aus dem Televoting. Jeder Anruf aus dem Festnetz wird 14 Cent kosten, SMS je nach Anbieter bis zu 20 Cent. Schreiber betont jedoch: „Die ARD erzielt durch das Televoting keinerlei Gewinne.“ Durch die 14 Cent seien lediglich die Kosten des Televotings abgedeckt.

Lena Meyer-Landrut verdient kräftig

Bei Lena Meyer-Landrut klingelt die Kasse hingegen schon, bevor sie sich im Finale der europäischen Konkurrenz stellen muss. Unmittelbar nach dem deutschen Vorentscheid eroberten alle drei Songs, die sie im Finale gesungen hatte, die Top 5 der deutschen Singlecharts. Das war zuvor keinem anderen Künstler gelungen. Beim Song „Love me“ bekommt Lena als Co-Autorin des Liedtextes zusätzliches Honorar. Der Gewinnersong „Satellite“ schaffte es direkt auf Platz 1 und wurde mit über 500 000 Verkäufen bereits mit Dreifach-Gold ausgezeichnet. Ihr Debütalbum „My Cassette Player“, das von Stefan Raab, dem Vater ihres Erfolges, produziert wurde, stieg ebenfalls auf Platz 1 der Albumcharts ein und wurde allein in der ersten Woche 200 000-mal verkauft.

Lena hat die Plattform, die ihr die achtteilige Vorauswahl-Sendung „Unser Star für Oslo“ bot, genutzt, um ihre Popularität zu maximieren. Allein 4,5 Millionen Zuschauer sahen das Finale. Bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen lag der Marktanteil bei 20,3 Prozent. Lenas Plattenfirma Universal geht davon aus, dass die Verkaufszahlen nach dem Finale in Oslo noch einmal steigen werden. Auf die erste Konzerttournee dürfte bei diesem Erfolg nicht lange zu warten sein.

Das große Geschäft mit Wetten

Jeder möchte mit dem Gesangswettbewerb Profit machen, und so floriert auch das Geschäft der Internet-Wettbörsen. Bei der nach eigenen Angaben weltweit größten Wettbörse Betfair kann der Eurovision-Fan nicht nur auf den Gesamtsieger, sondern etwa auch auf die Ergebnisse des Halbfinals oder die Top 10 tippen. Vergangenes Jahr wurde allein bei Betfair ein Volumen von mehr als elf Millionen Euro auf den Song Contest gewettet. Der durchschnittliche Wetter setzte dabei im Schnitt zwischen 20 und 50 Euro. Die größte gewonnene Einzelwette lag bei mehr als 10 000 Euro – kam aber nicht aus Deutschland. Noch bis zum Ende der Finalsendung bleibt der spekulative Marktplatz geöffnet.

Daneben gibt es noch das Merchandising-Geschäft mit Fan-Produkten. Neben Tassen, T-Shirts, Kissen und Handtüchern mit dem Eurovision-Logo gibt es dieses Jahr auch wieder eine CD, auf der die Lieder aller Teilnehmer gebündelt sind. 18,95 Euro kostet sie im Handel. Eine DVD (24,95 Euro) mit den Höhepunkten der Oslo-Show wird kurz nach dem Finale veröffentlicht. Nach Angaben der EBU gehen alle Einkünfte aus dem Geschäft mit den Fanartikeln zurück an die teilnehmenden Sendeanstalten.

Contest wird für die Norweger teuer

Es scheint, als wolle jeder mit dem Song Contest Gewinn machen. Nur der ausrichtende norwegische Fernsehsender NRK bleibt auf den explodierenden Kosten sitzen – und somit die norwegischen Gebührenzahler. Auf die Fernsehrechte für die Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer musste der öffentlich-rechtliche Sender daher schon verzichten. Einige aufwändige Produktionen wurden auf das kommende Jahr verschoben. Der Sender soll den Staat um Hilfe gebeten haben, um die noch ausstehende Polizeirechnung von geschätzten 1,8 Millionen Euro zu begleichen, schreiben norwegische Zeitungen.

Bereits jetzt hat NRK angekündigt, dass er es sich im Falle eines erneuten norwegischen Sieges nicht leisten könnte, den Song Contest wieder auszurichten. Und angesichts der enormen Kosten dürfte auch der deutsche Gebührenzahler nicht zwangsläufig in Freudenjubel ausbrechen, wenn Lena Meyer-Landrut am Ende wirklich gewinnen sollte – und der Song Contest im kommenden Jahr in Deutschland von der ARD ausgetragen wird.