Das ganze Leben passt in eine Box, wenn Manager in der globalisierten Welt von Land zu Land hoppen und Arbeitnehmer von Stadt zu Stadt wechseln. Von der neuen Beweglichkeit profitiert die Lagerhaus-Branche – mit jährlichen Wachstumsraten von 20 bis 40 Prozent.

Wer vor­übergehend Möbel und Kisten unterstellen will, wird Selbstlagerer und mietet eine Box in einem „Selfstorage“-Haus an. Etwa bei der Firma Shurgard in Essen, wohin der Leuchtturm an der A 40 – Wahrzeichen des Konzerns mit Sitz in Brüssel – den Weg weist. In der ehemaligen Thyssen-Krupp-Halle reiht sich Box an Box. Von innen mutet sie wie ein riesiger Garagenhof an – erschlossen durch eine Straße. Was sich hinter den Rolltoren befindet, die mit Vorhängeschlössern gesichert sind, ist aber das Geheimnis eines jeden Mieters.

Alles wird gelagert – außer explosiven Sachen

„Man kann hier alles unterstellen, solange es nicht explodiert“, sagt Peter Agren. Der Schwede ist Prokurist bei Shurgard. Der belgische Konzern betreibt 189 Selfstorage-Häuser in Europa. Elf davon stehen in NRW, nur zwei im Ruhrgebiet – in Mülheim und Essen. Lagerhäuser sind in den USA oder Schweden gang und gäbe. Deutschland holt gerade auf. Selfstorage boomt.

Im Auswanderungsland Amerika war man schon immer mobil, hat viel Erfahrung mit Umzügen. „Aber auch in Deutschland hat sich die Beweglichkeit verändert“, beobachtet Agren. Er hat die Kunden mit „Lebensveränderungen“ im Visier. Leute, die umziehen, sich trennen, die raumgreifende Hobbies ys haben. Aber auch Menschen, die sterben. So wandern oft Omas Möbel zunächst einmal in eine Box. „Manche Familien bauen hier das Wohnzimmer eines Verstorbenen auf und setzen sich manchmal hinein“, berichtet Michael Gadzali, Leiter der Unternehmensentwicklung beim Selfstorage-Anbieter Secur.

60 Anlagen in Deutschland

Er kennt auch Jung-Unternehmer, die einen Raum als Lager nutzen. Ebay-Händler bestellen am Samstag ihre Kunden in die angemietete Box, um die im Internet ersteigerte Ware oder die zwei Container Mountainbikes auszuliefern. Selfstorage ist auch Zufluchtsort für junge Männer, die mit ihrem Hab und Gut bei der Freundin herausgeflogen sind. Im Lagerhaus stellen sie ihre Sachen unter, bis sie eine neue Wohnung gefunden haben.

5500 Kunden hat allein Shurgard in NRW. Die Fluktuation ist gewaltig. 500 ziehen monatlich aus, 500 ziehen ein. Im Schnitt laufen die Mietverträge für die Boxen acht bis zehn Monate. Mit den elf Selfstorage-Häusern im Lande machte Shurgard 2009 einen Umsatz von acht Millionen Euro. Für ein Unternehmen mit 25 Mitarbeitern eine ansehnliche Summe.

Die monatlichen Entgelte für die Boxen orientieren sich am jeweiligen Mietspiegel in der Stadt. „Köln ist teurer als Essen und Mülheim“, meint Prokurist Peter Agren. Die kleinste Box (4,5 Kubikmeter) ist im Revier schon für 64 Euro pro Monat zu haben. Für die XXL-Variante (60 Kubikmeter) werden 220 Euro und mehr fällig.

69 Anlagen gibt es inzwischen in Deutschland. „Vor acht Jahren war es nur eine“, blickt Martin Brunkhorst zurück. Er ist Vorsitzender des Verbandes Deutscher Selfstorage-Unternehmen und betreibt die Kette „My Place“. Bis zum Krisenjahr 2009 habe es branchenweit jährlich bis zu 40 Prozent mehr Filialen gegeben. Und er sieht den Markt längst nicht gesättigt.

40 Prozent Wachstum

Ein Drittel der Kunden sei gewerblich, die Mehrheit nutze Selfstorage privat. „Die Freitzeitgesellschaft wächst. Wenn die Garage zu Hause zu klein wird, kommen die Leute zu uns“, so Brunkhorst. Anstatt den Oldtimer oder die Modellschiffe in einem feuchten Schuppen unterzubringen, mieteten sich die Liebhaber in einem beheizten und überwachten Lagerhaus ein – mit täglichem Zugang zwischen sechs und 23 Uhr.

Noch haben sich die vier Selfstorage-Ketten den deutschen Markt regional weitgehend aufgeteilt. „In Hamburg haben wir aber festgestellt, dass Konkurrenz das Geschäft belebt“, sagt Michael Gadzali von Secur. So nimmt er auch das Rhein-Ruhr-Gebiet im Visier. In Essen hat sich Secur bereits Standorte angeschaut.