Washington/Berlin. .
Die Griechenland-Krise dauert wahrscheinlich länger als bisher angenommen. Der Internationalen Währungsfonds stellt sich laut einem Medienbericht von Samstag darauf ein, dass die wirtschaftlichen Reformen in Griechenland zehn Jahre brauchen.
Deutschlands Banken werden sich voraussichtlich an der milliardenschweren Hilfe für das von der Staatspleite bedrohte Griechenland beteiligen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte am Samstag ein solches Vorgehen, das am Tag der Arbeit insbesondere von Opposition und Gewerkschaften gefordert worden war. Zugleich kündigte Merkel schärfere Sanktionsmaßnahmen in der Euro-Zone an. SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte diese Ankündigungen eine Beruhigungspille. Bereits in der kommenden Woche sollen die Griechenland-Hilfen im Eilverfahren Bundestag und Bundesrat passieren.
Die Finanzminister der Eurozone (Eurogruppe) treffen sich am Sonntagnachmittag in Brüssel, um über die geplanten Finanzhilfen für Griechenland zu beraten. Die Bundesregierung hoffe, das Programm am Sonntag beurteilen zu können, hieß es in Berlin. Mit einer außerordentlichen Kabinettssitzung noch am Sonntag wurde nicht mehr gerechnet. Dies war im Wochenverlauf nicht ausgeschlossen worden, um bis Montag zu einer Gesetzesvorlage zu kommen.
27 Milliarden Euro für die ersten drei Jahre
Derweil rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) offenbar damit, dass die Griechenland-Krise viel länger dauert als bisher angenommen. Die Washingtoner Organisation stelle sich darauf ein, zehn Jahre in dem Land zu bleiben, bis die wirtschaftlichen Reformen abgeschlossen sind, berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am Wochenende. Der IWF werde für das erste, auf drei Jahre angelegte Hilfsprogramm 27 Milliarden Euro bereitstellen, von denen im ersten Jahr bis zu 15 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte vor diesem Hintergrund schärfere Eingriffs- und Kontrollrechte für die Eurozone. Er sagte: „Wer seiner Verantwortung nicht gerecht wird, darf dafür keinen Rabatt erwarten, sondern muss mit Konsequenzen rechnen.“ Laut Merkel wird in der EU noch im Mai eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Finanzminister eingerichtet, die sich mit notwendigen Vertragsänderungen zur möglichen Verschärfung der Euro-Stabilitätskriterien beschäftigen soll.
Einem Bericht der Zeitung „Welt am Sonntag“ zufolge fordert ein Strategiepapier des Auswärtigen Amtes, die deutsche Schuldenbremse auf den gesamten Euro-Raum auszuweiten. Sanktionen sollten künftig schon aktiviert werden, wenn übermäßige Schuldenstände nicht planmäßig zurückgeführt würden. Bei Verstößen sollten den Sündern EU-Mittel aus Struktur- und Kohäsionsfonds gesperrt werden.
Bislang 1,2 Milliarden Euro von Banken, Versicherungen und deutscher Industrie
Das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtete, die Bundesregierung lasse außerdem den freiwilligen oder zwangsweisen Ausstieg von Mitgliedern aus der Eurozone prüfen. Das Bundesfinanzministerium habe dazu Mitte April ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das kommende Woche vorliegen solle. Bislang ist weder ein Austritt noch ein Rauswurf in dem Euro-Vertragswerk geregelt.
Medienberichten zufolge wollen sich deutsche Banken, Versicherer und Industriefirmen mit freiwilligen Hilfen an einem Rettungspaket für Griechenland im Umfang von bislang 1,2 Milliarden Euro beteiligen. Der gesamte deutsche Beitrag wird auf mindestens 8,4 Milliarden Euro geschätzt.
Die SPD hat ihre Zustimmung zum Eilverfahren von einer Bankenbeteiligung abhängig gemacht. „Wir erwarten, dass die Banken einen Beitrag zur Lösung dieses Problems beitragen und nicht nur einen marginalen“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). Die SPD-geführten Bundesländer würden dem Nothilfegesetz für Griechenland die Zustimmung verweigern, sollten die Banken nicht in die Rettungsmaßnahmen einbezogen werden. (ddp)