Norddeich. .
In der Nordsee vor Borkum ist am Dienstag der erste deutsche Offshore-Windpark in Betrieb gesetzt worden. Das Projekt Alpha Ventus ist ein Test für weitere Hochsee-Anlagen. Nach Auskunft des Bundes sollen bis 2030 über 20 weitere Windparks in der Nordsee entstehen.
Der erste Hochsee-Windpark vor der deutschen Küste ist am Dienstag offiziell in Betrieb genommen worden. Bundesumweltminister Norbert Röttgen eröffnete die Anlage Alpha Ventus 45 Kilometer nördlich der Insel Borkum in der Nordsee, wie die Betreibergesellschaft mitteilte.
Röttgen sagte, die sogenannte Offshore-Windenergie werde eine entscheidende Rolle beim Energiemix der Zukunft spielen. Der CDU-Politiker kündigte an, bis 2030 sollen 25.000 Megawatt an Offshore-Leistung installiert sein, das entspricht etwa 25 Großkraftwerken. Die jetzt eröffnete Anlage hat eine Leistung von 60 Megawatt.
Alpha ventus mit zwölf gigantischen Windrädern ist ein Testprojekt, mit dem grundlegende Erfahrungen in Bau und Betrieb von Windrädern auf hoher See gesammelt werden sollen. Zum ersten Mal wurden Windräder bei einer Meerestiefe von 30 Meter errichtet.
Betreiber sind die Energieriesen Eon und Vattenfall sowie die Stromgesellschaft EWE aus Niedersachsen. Nach Angaben der Firmen sind alle zwölf Windräder schon in Betrieb. Der Bau kostete etwa 250 Millionen Euro. Das Kraftwerk liefert Strom für 50.000 Haushalte. Eon und EWE kündigten den Bau weiterer Hochsee-Windanlagen an.
Nach Angaben des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie wurden inklusive alpha ventus bislang 25 deutsche Offshore-Projekte mit insgesamt mehr als 1650 Rädern genehmigt. 22 Windparks sollen in der Nordsee entstehen, drei in der Ostsee. Mehr als 60 Vorhaben sind in Planung.
Da Windräder an Land immer mehr Widerstand bei den Bürgern hervorrufen, gelten Windparks auf See als die Zukunft der Stromerzeugung. Allerdings sehen Naturschützer das Projekt auch kritisch: Vögel könnten an den Windrädern verenden, Unglücke mit Schiffen seien möglich. Außerdem musste das Kabel zum Transport des Stroms an Land durch das empfindliche Wattenmeer gelegt werden.
Parks mit bis zu 80 Turbinen künftig möglich
Mit Alpha Ventus soll eine Schlüsseltechnologie entwickelt werden. Künftig werde es Parks mit bis zu 80 Turbinen geben, sollte sich die Technologie bewähren, sagte Wiese. Während bei Alpha Ventus Fünf-Megawatt-Turbinen im Einsatz sind, arbeitet die Windkraftbranche bereits an Maschinen mit sechs und sieben Megawatt.
Kritsch sehen Experten eine mögliche Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. Unter diesen Umständen könnte Alpha Ventus ein Versuch bleiben, warnen sie. Grund sei, dass sich mit Atommeilern einfacher Geld verdienen lasse als mit den kostenintensiven Offshore-Anlagen.
„Es gibt einen Konflikt innerhalb der großen Konzerne“, sagte Ulf Gerder vom Bundesverband Windenergie. Dieser schwele zwischen der Atom- und konventioneller Energieerzeugung einerseits und den erneuerbaren Energien auf der anderen Seite. Da nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz der Ökostrom aus Wind vorrangig ins Netz einzuspeisen ist, sei es für die Unternehmen schwierig, die Verlängerung der mutmaßlich ertragreicheren Atomkraftwerke zu fordern. Das gilt auch für den Ausbau der konventionellen Erzeugung durch neue Kohlekraftwerke. Vattenfall plant zum Beispiel den Bau in Hamburg. Würde der Offshore-Ausbau aber zu schnell voranschreiten, könnten sich die Konzerne mit den zusätzlichen Kapazitäten den Strompreis selbst kaputtmachen, sagte Gerder.
Eine weitere Front bauen Umweltschützer auf. Sie sehen in Alpha Ventus eine Bedrohung für Meeresbewohner und Zugvögel. Aus diesem Grund wird das gesamte Projekt von dem wissenschaftlichen Projekt „RAVE“ (Research at Alpha Ventus) begleitet. Die Wissenschaftler untersuchen die Auswirkungen der Anlagen an Ort und Stelle. Ob es wirklich Beeinflussungen gibt, könne man erst sagen, wenn eine Auswertung der Studien vorliege, sagt Alpha-Ventus-Sprecher Wiese. (ddp)