Duisburg. .
Für seine erste Bilanzpressekonferenz als Haniel-Chef hätte sich Jürgen Kluge bessere Rahmenbedingungen gewünscht: Er musste gestern einen Umsatz- und Gewinneinbruch verkünden, wie ihn der Duisburger Mischkonzern in Teilen noch nicht erlebt hat.
Die Umsatzerlöse sanken 2009 im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent, das operative Ergebnis halbierte sich nahezu. Da bleibt nicht viel übrig für die Familie mit ihren inzwischen 620 Gesellschaftern, denen Haniel gehört. „Die Familie wächst jährlich um acht Prozent“, verriet Kluge der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Die Haniels kriegen viele Babys. Das verpflichtet auch das Unternehmen zu einer entsprechenden Wertsteigerung.“
Das nötige Wachstum blieb im Krisenjahr 2009 aber aus. Da war Kluge allerdings noch beim Unternehmensberater McKinsey beschäftigt. Er übernahm zum 1. Januar 2010 den Vorstandsvorsitz bei Haniel. Sein Vorgänger Eckhard Cordes ist nun Chef des Handelskonzerns Metro, an dem Haniel beteiligt ist.
Wegen der bitteren Bilanz für 2009 hatte Kluge nun die Aufgabe, den in Duisburg bei strahlendem Wetter versammelten Aktionären zu verkünden, dass der Konzern für das letzte Jahr nur eine Dividende von 60 Millionen Euro ausschütten werde. Für 2008 waren es noch 70 Millionen, für das Rekordjahr 2007 gar 120 Millionen Euro.
Der Mischkonzern, der mit 34 Prozent den größten Anteil an der Metro AG hält und der im Pharmahandel (Celesio), in der Schrottaufbereitung (ELG), in der Waschraumhygiene und Miet-Berufskleidung (CWS-Boco) sowie in der Büroausstattung tätig (Takkt) ist, muss also wieder wachsen. Und das unter einer erheblichen Schuldenlast.
Haniel, das 254 Jahre alte Familienunternehmen, ist mit 2,5 Milliarden Euro verschuldet. Zwar wurden im letzten Jahr trotz der Krise 100 Millionen Euro Miese abgebaut. Der neue Vorstandschef Kluge will den Schuldenabbau aber beschleunigen – bis zu diesem Sommer um weitere 500 Millionen Euro.
Anlass zur Hoffnung
Der Haniel-Lenker kündigte gestern aber auch an, dass er rund eine halbe Milliarde Euro aufnehmen will, um neue Firmen zu kaufen. „Wir schauen uns gerade die globalen Megatrends an. Eine Liste mit 200 Firmen werden wir auf 20 zusammendampfen“, so Kluge mit Verweis auf seine Strategie „Haniel 2020“, die er im Januar angestoßen hatte. Bis zum Ende des Jahres sollen dann „eins bis vier“ Ziele benannt sein, die Haniel ansteuern will, um „eigenes Wachstum zu stärken“.
Dabei hat Kluge vor allem Rohstoff-Aktivitäten im Auge und nennt als Beispiel das Geschäft der Haniel-Tochter ELG. In USA nehme sie gerade ausrangierte Turbinen aus Militärflugzeugen der 70er- Jahre zurück. „Auf den Turbinen-Schaufeln befinden sich Platin- und Goldschichten.“ Auch die Titan-Reste seien wertvoll. Kluge kann sich die Schrottverwertung auch für Lithium-Batterien vorstellen.
Auf den Prüfstand stellt Haniel seinen Pharmahandel-Ableger Celesio, zu dem auch die DocMorris-Apotheken gehören. Celesio steigerte seinen Umsatz 2009 als einziger Geschäftsbereich – bereinigt um Wechselkurs-Einflüsse und Firmenzukäufe – um zwei Prozent. Im Fokus stehen laut Kluge die „schlanke Großhandels-Logistik“ und der Leitsatz, dass sich „attraktive Apotheken-Formate immer wieder erneuern müssen“.
Der Vorstandschef schließt nicht aus, dass Haniel seinen 54,65-Prozent-Anteil an Celesio reduzieren könne, um Firmenzukäufe zu finanzieren. „Bei Haniel darf es keine Denk-Tabus geben“, so Kluge.
Der Manager geht davon aus, dass die Konjunktur nur langsam wieder auf Touren komme. Zu den Erwartungen für sein eigenes Unternehmen äußerte sich Kluge optimistisch: „Das erste Quartal 2010 gibt Anlass zur Hoffnung.“