Dortmund. .

Für die einen sind es Spinner, die einen Großteil ihres sauer verdienten Geldes in Spielzeug investieren. Sie selber bezeichnen sich als Sammler, Modellbauer – sogar als Piloten. Sie alle sind dieser Tage auf der Intermodellbau in Dortmund anzutreffen.

Ein prüfender Blick genügt. „Das können Sie bedenkenlos kaufen“, sagt der ältere Herr am Stand des Märklin-Händlers. „Der Preis ist super.“ 300 Euro für eine Zuggarnitur vom legendären „Rheingold“ der Reichsbahn – inklusive Dampflok und sechs Wagen. „Die habe ich auch noch in Digital. Kostet aber 30 Euro mehr“, brüllt der Händler vom anderen Ende des Verkaufstisches. „Brauch’ ich nicht“, sagt sein Kunde, „hab’ ich schon!“

Wenn Männer um die 50 mit großen Augen vor 15 Meter langen Modellbahnen stehen, wenn Mittzwanziger im Overall eines Bundeswehr-Panzerkommandeurs ihren maßstabsgetreuen, ferngesteuerten „Leopard“ über Dreckhaufen klettern lassen und selbst ernannte Kapitäne der Landstraße Mini-Laster rangieren, dann ist Intermodellbau.

Foto: Knut Vahlensieck
Foto: Knut Vahlensieck

Und die steht in diesem Jahr vor allem im Zeichen der Fernsteuerung. Kein gegenseitiges Stören, feste Frequenzen: „Die 2,4-Gigahertz-Technik hat uns völlig neue Möglichkeiten eröffnet“, sagt Hans-Jürgen Engler vom Deutschen Modellflieger Verband (dmfv). Engler ist Modellflugsachverständiger und prüft die oft riesigen Modelle der anderen Mitglieder seines Verbandes auf Flugtauglichkeit. „Modelle zwischen 25 und 150 Kilogramm muss aber das Luftfahrtbundesamt zulassen.“

Im dmfv sind 1270 Vereine und 70 000 Modellbauer organisiert. „Die meisten kommen aber zu uns, weil wir eine Versicherung anbieten, da machen wir uns nichts vor“, sagt Engler. Die ist Pflicht für alle, die in Deutschland mit Modellen in die Luft gehen wollen – und damit auch etwas für den „Normalo“.

Nur zehn Prozent der Produktion geht als Bausatz über den Ladentisch

Der setzt nicht aufs Selbermachen, sondern aufs Auspacken und Losfahren. Besonders gut gehen günstige Flugzeugmodelle in Leichtbauweise und Autos. Los geht’s bei etwa 150 Euro für ein qualitativ hochwertiges Modell inklusive Technik. „Die Leute wollen nicht mehr basteln, sondern sofort losfliegen oder fahren“, sagt Gerhard Geiger, Geschäftsführer von Modellsport Robbe. Die Firma aus dem hessischen Grebenhain setzte vergangenes Jahr 28 Millionen Euro mit Modellschiffen, -autos, und –flugzeugen um, eine Steigerung von elf Millionen gegenüber dem Jahr 2005. Nur zehn Prozent der Produktion geht als Bausatz über den Ladentisch. 50 Prozent der Robbe-Modelle fahren oder fliegen im Ausland. „Franzosen stehen auf Modellboote, Spanier und Italiener lassen lieber Autos fahren“, sagt Geiger.

Foto: Knut Vahlensieck
Foto: Knut Vahlensieck

Über Gewinnzuwächse wie bei Robbe wären die Modellbahn-Firmen dankbar. Die Branche steckt in der Krise, namhafte Unternehmen wie Märklin mussten mittlerweile Insolvenz anmelden. Anstatt preiswertes Kinderspielzeug anzubieten, setzten die Firmen auf das Hochpreissegment – eine kapitale Fehleinschätzung. „Das Hobby ist zu teuer geworden“, sagt Karlheinz Haucke, Chefredakteur von „Modelleisenbahner“, der auflagenstärksten deutschen Fachzeitschrift, die zur WAZ-Mediengruppe gehört. Auch hätten die Hersteller den Nachwuchs sträflich vernachlässigt: „Die Modellbahn ist nicht mehr kindgerecht.“

Die Sammler auf der Intermodellbau stört das wenig. Hier finden sie gebrauchte Gleise, das Ersatzteil, das es im Handel nicht mehr gibt – und vielleicht den lang gehegten Traum für kleines Geld.

Die meisten Messebesucher kommen aber zum Gucken und Staunen – wie an den Ständen der Kirmesbauer. Die haben sich auf die Nachbildung von Fahrgeschäften und Losbuden spezialisiert – inklusive grell flackerndem Licht auf Karussells im Maßstab 1:87 und wummernden Disco-Rhythmen. Das gefällt nicht jedem. „Diese laute Musik, das geht schon seit heute morgen so“, schimpft der ältere Verkäufer vom Stand nebenan. „Ich weiß nicht, wie ich das bis Sonntag noch aushalten soll.“

Intermodellbau, Westfalenhallen Dortmund, Sa.: 9-18 Uhr, So.: 9-17 Uhr,
Eintritt: 4,50 Euro (Kinder), 8,50 Euro (Jugendl.) 11 Euro (Erw.)