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40 Prozent der IT-Manager stehen vor dem Burn-out. Das haben Forscher der Technischen Universität Dortmund in einer Studie herausgefunden. Vor allem Freiberufler leiden. Die Ursache liegt im Arbeits-Prinzip der „freien Zeiteinteilung“. Das bedeutet eigentlich: arbeiten nonstop.

Zu einem IT-Manager passt das polierte Lächeln und ein Laptop auf dem Schoß. Aber doch nicht die Beichte, dass er nicht mehr kann. Dass er am Ende ist. Ausgebrannt, total erschöpft. Ein IT-Manager ist ein Informations-Technologe und kein instabiler Tunichtgut. Weil es das gibt, das Klischee vom stets vitalen Leistungsträger, ist die Wirklichkeit besonders überraschend: Die IT-Branche wird vom Burn-out überrollt, sagen Dortmunder Forscher.

Dass Burn-out, das eng mit der Depression verwandt ist, an Arbeitsplätzen auftritt, deren Bedingungen man landläufig für das Mekka der Selbstbestimmten hält, ist gegen die Erwartung. Große Kreativität und die große Freiheit zur freien Zeiteinteilung – so verkaufen sich die Jobs in der IT-Branche. Doch hier liegt laut neuester Burn-out-Forschung ein Denkfehler. Freie Zeiteinteilung bedeutet vor allem: arbeiten nonstop. Früh morgens, spät abends. Und selbst im Urlaub werden die Mails gescheckt. Ständige Erreichbarkeit gehört zu diesem Job dazu wie die Kelle zum Maurer.

Doch das, was als hohe Flexibilität schön geredet wird, ist für Rüdiger Klatt von der Technischen Universität Dortmund nur „Selbstausbeutung“. In einer Untersuchung hat die Uni herausgefunden: „Vierzig Prozent der IT-Mitarbeiter stehen kurz vor dem Burn-out“, so Klatt, der auf der Essener Zeche Zollverein gestern zur Tagung „Prävention in der Wissensökonomie“ mit dem Mythos der Gute-Laune-Branche aufräumte.

Gute Stressbewältigungs-Kurse sind selten

Die Zahl der Krankheitstage wegen psychischer Erkrankung habe sich seit 1979 verdreifacht. Vor allem betroffen seien die Freiberufler, die Freelancer. Doch auch die Festangestellten seien kurz davor, die Nerven zu verlieren. Dagmar Siebecke verweist auf die Untersuchung der Technischen Uni: „Jeder Zehnte fühlt sich so, dass er seinen Job am liebsten an den Nagel hängen möchte.“ Weil die Nerven flattern. Weil man nicht mehr schlafen kann. Weil Herz- und Kreislauf verrückt spielen, weil das, was der Mensch so dringend braucht – Ruhe nämlich – so rar ist wie Regen in der Wüste.

Die Dortmunder Uni will das so nicht stehen lassen. Gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Team Gesundheit der Betriebskrankenkassen plant sie Präventions-Center. In Münster wird ein Gebäude gebaut, in das Arbeitsmediziner, Psychologen und Stress-Manager einziehen. Woanders entstehen Netzwerke, die das Angebot der Fachleute bündeln. Carsten Gräf vom Team Gesundheit sagt, dass „gute Stressbewältigungskurse selten“ sind. Und noch etwas fehle: Anleitungen zu „Wie sag’ ich’s meinem Chef?“ Bloß nicht, „ich schaff’s nicht mehr“, meint Dagmar Siebecke. Eher so: „Es wäre sinnvoller, wenn ich die Informationen früher bekäme.“

Um psychisch gesund zu bleiben, gibt es ein Rezept: „Wertschätzung“, sagt Prof. Heiner Keupp von der Uni München. Mitarbeiter könnten hart arbeiten, ohne krank zu werden, wenn sie den Sinn erkennen. Mit Lob und Anerkennung brenne keiner aus, sondern leuchte auf. Die Burn-out-Forschung, so Keupp, sei übrigens anlässlich der Überforderung von Hausfrauen erfunden worden.