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. Das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Koppelung von Gas- und Heizölpreis betrifft in der Praxis nur wenige Verbraucher. Doch die Diskussion um den Gas- und Ölpreis kochen wieder hoch.
Seit Jahrzehnten ist die Koppelung von Gas- und Heizölpreis für Verbraucher ein Ärgernis: Diese von den Anbietern praktizierte Bindung hat jetzt mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) einen Knacks bekommen – aber auch nicht mehr.
Denn der BGH hat am Mittwoch keineswegs die „Ölpreisbindung für Gaskunden gekippt“, wie gestern in vielen Medien berichtet wurde. Betroffen sind nur spezielle Privatkunden-Sonderverträge, in denen der Gasanbieter den Preis ausschließlich an den Heizölpreis bindet. Internationale und nationale Vereinbarungen zwischen Gas-Produzenten und -Versorgern, die eigentlich das Gaspreisniveau bestimmen, sind davon nicht berührt.
Geringe Auswirkungen
Im vorliegenden Fall ging es um die Lieferverträge der Rheinenergie und der Stadtwerke Dreieich. Die Bedingungen sahen eine Koppelung des Gaspreises an den des leichten Heizöls vor. Wird Heizöl teurer, steigt also auch der Gaspreis. Bei der Preisentwicklung müssen laut BGH aber auch andere Faktoren berücksichtigt werden. Sonst könnten die Unternehmen die Regelung nutzen, um ungerechtfertigte Gewinne zu erzielen. So könnten beispielsweise andere Kosten wie die Netz- und Vertriebsaufwendungen sinken, der Endverbraucherpreis jedoch in die Höhe schnellen.
Die Auswirkungen des BGH-Urteils schätzen Branchenvertreter meist als gering ein. So sei die Gelsenkirchener Gelsenwasser, die über die Tochter NGW am Niederrhein rund 41 100 Kunden in 16 Gemeinden mit Gas versorgt, gar nicht betroffen, sagt eine Sprecherin. Die entsprechende Klausel gebe es in den Verträgen der beiden Unternehmen nicht. Das ist, wie Sprecher versicherten, auch bei den Stadtwerken in Bochum und Essen so.
Wie überschaubar die Zahl der zu ändernden Gasverträge sein kann, zeigt das Beispiel Wesel. Bei den dortigen Stadtwerken stehe die bemängelte Koppelung an leichtes Heizöl lediglich in etwa 50 von insgesamt 14 300 Verträgen, sagt Geschäftsführer Franz Mi-chelbrink.
Richtungsweisende Entscheidung
„Wir glauben nicht, dass das Urteil bundesweit bedeutsam sein wird“, heißt es auch beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft.
Verbraucherschützer und Politiker halten die Entscheidung gleichwohl für richtungweisend. Denn die grundsätzliche Bindung von Öl- und Gaspreis gerät ins Wanken.
„Die Ölpreisbindung hat in der Vergangenheit zu einer enormen Intransparenz ge-führt“, sagt der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Stieg der Ölpreis, zog auch der Gaspreis an. Wurde Öl billiger, gaben die Versorger die Preissenkung nur verzögert weiter.
Billen hofft nun auf eine getrennte Betrachtung beider Märkte bei der Preisgestaltung. Den Schlüssel für sinkende Gaspreise sieht der Verband allerdings nur in einem funktionierenden Wettbewerb zwischen den Anbietern.
„Die Koppelung von Öl- und Gaspreis ist überholt“, heißt es auch beim Deutschen Mieterbund, der ebenfalls ein Interesse an mehr Transparenz bei der Preisgestaltung hat. Denn fast jede zweite Mietwohnung in Deutschland wird mit Erdgas geheizt. Von kräftigen Preisnachlässen im vergangenen Jahr kann laut Verband nicht die Rede sein. Der Ölpreis sei 2009 um 30 Prozent gefallen, der des Gases nur um 1,5 Prozent, kritisiert der Mieterbund.