Berlin.
Die Passantin wird vom Auto überfahren und verliert das Bewusstsein. Der Jogger stürzt und schlägt sich den Kopf auf. So ein Unglück kann jedem passieren. Plötzlich sind die Betroffenen nicht mehr Herr ihrer selbst - nicht nur im medizinischen Sinne. Eine Patientenverfügung kann helfen.
Die wenigsten Bürger sind für den Ernstfall gewappnet und haben ein entsprechendes Papier aufgesetzt. „Nur acht Prozent haben konkrete Schritte unternommen“, so der auf immaterielle Lebensvorsorge spezialisierte Jurist Lutz Arnold aus Berlin. Die amtlichen Fürsorger verwalten die Finanzen und das Leben des Betroffenen. „Zu ihren ersten Aufgaben gehört es, eine Inventur im Hause des Betroffenen durchzuführen und die Vermögenswerte aufzulisten.“ Richtet ein Fürsorger durch seine Arbeit einen Schaden an, kann dagegen fast nie geklagt werden. Arnold: „Verkauft er ein Grundstück unter Wert, kann man nur dagegen vorgehen, wenn man selber eine Vollmacht hat.“ Diese hätten jedoch die meisten Angehörigen gerade nicht.
Es ist ein Irrglaube, dass Angehörige automatisch als Entscheidungsträger einspringen, wenn jemand selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Sind rechtsverbindliche Erklärungen oder Entscheidungen gefordert, dürfen Ehegatten oder Kinder den Betroffenen nicht gesetzlich vertreten. Nur gegenüber minderjährigen Sprösslingen haben Eltern die Vertretungsbefugnis. Für einen Volljährigen können die Angehörigen nur in zwei Fällen entscheiden: entweder aufgrund einer Vorsorgevollmacht oder einer gerichtlichen Bestellung zum Betreuer.
Richter können Dokument ignorieren
Zum Betreuer wird ein Familienmitglied durch die Betreuungsverfügung. Sie regelt, wer über die rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten des Kranken entscheiden soll und ist unverbindlich. Richter können das Dokument also ignorieren. Das kann der Fall sein, wenn eine nunmehr entscheidungsunfähige Mutter ihre Tochter als „Managerin“ für den Ernstfall bestimmt hat, diese aber weit entfernt lebt. Der Richter hat ein eigenes Ermessen und darf sich deshalb anstelle für den Sohn entscheiden, der in der Nähe wohnt.
Sowohl die am Gericht gelisteten Betreuer als auch die „Wunschfürsorger“ müssen sich vor dem Staat verantworten. Regelmäßig werden sie überprüft. Diese Kontrollinstanz fehlt bei der Vorsorgevollmacht. „Nur wer vollstes Vertrauen in die Person hat, die im Zweifelsfall bis an das Lebensende für einen entscheidet, sollte sich für diese Version der Vorsorgeverfügung entscheiden“, so Arnold. Andererseits zeichne sich das Schreiben durch seine Verbindlichkeit aus: Gerichte müssen die Vollmacht anerkennen, dürfen keine andere Person als Bevollmächtigten einsetzen.
Experten der Länder raten dazu, ein Vorsorge-Dokument bei der Bundesnotarkammer (www.vorsorgeregister.de) registrieren zu lassen. Jurist Arnold empfiehlt eine Karte bei sich zu haben, auf der vermerkt ist, wo sich Verfügung oder Vollmacht befindet.