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Verbraucherschützer schlagen Alarm: In vielen Krankenhäusern müssen Patienten und deren Angehörige überhöhte Telefongebühren zahlen. Die Gespräche mit 01805-Nummern sind teilweise bis zu 700 Prozent teurer.

Viele Krankenhäuser bitten Patienten und deren Angehörige offenbar mit überhöhten Telefongebühren zur Kasse. Bis zu 700 Prozent teurer sind Gespräche für Angehörige, die in immer mehr Kliniken über eine 01805-Nummer anrufen müssen – das behauptet der Verein Online-Verbraucherschutz, der 270 Kliniken bundesweit benennt, die ihre Patienten zusätzlich belasten. Deutschlandweit entstünden dadurch Mehrkosten von 80 Millionen Euro pro Jahr. „Es ist inakzeptabel, dass mit 01805-Nummern Angehörige geschröpft werden, die Patienten am Krankenbett anrufen“, sagt Florian Mair, Vorsitzender von Online-Verbraucherschutz.

Er rechnet vor: Ein Anruf aus dem Festnetz auf eine 01805-Nummer koste 14 Cent pro Minute, vom Handy bis zu einen Euro. Ein Kind, das von seinem Handy die kranke Mutter im Klinikum anruft, bezahlt für zehn Minuten bis zu zehn Euro. Dazu kommen nach Angaben des Verbraucherschützers noch die täglichen Bereitstellungskosten. Außerdem klärten Kliniken nicht darüber auf, wie lang eine Telefoneinheit sei.

„Auch bei den Krankenhäusern bleibt einiges hängen“

Genannt werden Unikliniken, Kreiskrankenhäuser und Kurkliniken, auch bekannte Klinik-Verbünde wie Asklepios, Median und Paracelsus. Seitdem Verbraucher teure Kliniken melden können, sind Hinweise für 270 Kliniken eingegangen. „170 sind bereits überprüft. Dort ist Telefonieren eine teure Angelegenheit”, sagt Mair. In NRW zählen etwa die Mediclin Fachklinik Rhein/Ruhr in Essen, die Kliniken St. Antonius, Marienhospital in Schwelm und die Kurklinik Porta Westfalica in Bad Oeynhausen dazu.

„Wir appellieren an die Krankenhausverwaltungen, ihre Kassen nicht über Telefon-Nepp zu füllen. Die Beschwerden darüber häufen sich“, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten, Wolfram-Armin Candidus.

Zu den Profiteuren gehören auf der einen Seite die Telefonanbieter. „Aber auch bei den Krankenhäusern bleibt einiges hängen”, sagt Florian Mair. Zwar dürften sie nach geltendem Telekommunikationsgesetz nichts an den 01805-Nummern verdienen. Um dies zu umgehen, sei es aber üblich, dass die Anbieter den Kliniken Werbekostenzuschüsse von bis zu acht Cent pro telefonierter Einheit bezahlen würden.

Patienten benutzen Mobiltelefone, um hohe Gebühren zu umgehen

Die Porta-Westfalica-Klinik verteidigt ihre neue Telefon-Anlage samt 01805-Nummer für 0,14 Cent pro Einheit damit, dass sich gesetzliche Krankenkassen oder Rentenversicherer nicht an Telefonkosten beteiligten. „Die Mehrkosten sind nötig, um die Anlage zu finanzieren”, sagt Verwaltungsleiter Olaf Kawalerczyk. Das störe die Patienten nicht. Die wollten Beiträge lieber für ärztliche Versorgung genutzt wissen als für subventionierte Telefonrechnungen.

Ursula Hiltscher sieht das anders. Ehemann Lothar (76, siehe Foto) hat in den letzten Monaten um sein Leben gekämpft. Nach einer Bypassoperation und 20 weiteren Eingriffen wurde ihm ein Bein amputiert. Eine Reha trat der Dortmunder im 135 Kilometer entfernten Bad Oeynhausen an. Umso froher war sie, dass die Klinik darauf hinwies, ein Telefon nutzen zu können. „Da wussten wir noch nicht, wie teuer das sein würde”, sagt sie. „Dabei war es in der ganzen Zeit sehr wichtig, dass ich mit meinem Mann sprechen konnte. Manchmal bis zu zwei Stunden am Tag. Das war wie Therapie.”

Zum Glück durfte Hiltscher ein Mobiltelefon benutzen, um die hohen Gebühren zu umgehen. „Das ist die Ausnahme. In den meisten Kliniken herrscht Handyverbot”, so der Verbraucherschutz NRW.