Berlin. .
Menschenrechtler kritisieren den Steinkohle-Import aus Kolumbien. Die Energieriesen Eon und RWE weisen die Vorwürfe unsozialer und unökologischer Produktion jedoch zurück.
Menschenrechtsorganisationen erheben schwere Vorwürfe unter anderem gegen RWE und Eon. Die Energiekonzerne würden Steinkohle aus einem umstrittenen Bergwerk in Kolumbien für die Stromproduktion in deutschen Kraftwerken verwenden, erklärt Sebastian Rötters vom FoodFirst Informations- und Aktionsnetzwerk (FIAN) in Köln. Die schlechten sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen in der Mine El Cerrejón kritisiert auch die dänische DanWatch in ihrer Studie „Der Fluch der Kohle“.
Rechercheure von DanWatch besuchten den größten Steinkohle-Tagebau der Welt im Norden Kolumbiens im Herbst 2009. Sie werfen der Minenfirma vor, durch die permanente Ausdehnung des Abbaus die Bewohner benachbarter Dörfer von ihrem Land vertrieben zu haben. In vielen Fällen seien keine Entschädigungen gezahlt worden, sagt Peter Bengtsen von DanWatch.
Zudem führe die hohe Konzentration von Kohlestaub in der Luft zu Atemwegserkrankungen bei Arbeitern und Anwohnern der kolumbianischen Mine, so Bengtsen. Ärzte vor Ort brächten sogar Todesfälle mit der Verschmutzung in Verbindung.
Jährlich vier Millionen Tonnen Kohle aus Kolumbien
Mit den Vorwürfen konfrontiert, räumt Eon ein, Steinkohle aus dem umstrittenen Bergwerk für die Stromproduktion in Deutschland zu verwenden. Das Unternehmen „kauft jährlich durchschnittlich rund vier Millionen Tonnen aus Kolumbien, wovon ein großer Teil aus Cerrejón stammt“, so eine Eon-Sprecherin.
Bei RWE betont man, die „Lieferbeziehungen“ zu anderen Firmen seien „vertraulich“. Kritiker Rötters hält es für erwiesen, dass auch RWE in Cerrejón einkaufe. Thomas Schmidt, Sprecher des Großkraftwerks Mannheim, an dem RWE und EnBW beteiligt sind, bestätigt denn auch, dass man Kohle aus der kritisierten Mine beziehe. Und Trianel, ein Zusammenschluss von Stadtwerken mit Sitz in Aachen, will bald Kohle aus Kolumbien in seinem neuen Kraftwerk in Lünen verwenden – wahrscheinlich mit Brennstoff aus Cerrejón.
Die Kritik an den dortigen Produktionsbedingungen ist den deutschen Unternehmen durchaus bekannt. Der Tenor ihrer Stellungnahmen lautet aber: Die Vorwürfe gegen Cerrejón seien unbegründet.
So erklärt eine Eon-Sprecherin zwar, dass „es in der Vergangenheit problematische Bedingungen für die Anwohner und Mitarbeiter der Cerrejón-Mine gab“. Mittlerweile aber erfülle das Bergwerk „die Kriterien zur Einhaltung der Menschenrechte, Arbeitssicherheit und Umweltschutz-Standards zum großen Teil“.
Konflikte mit Anwohnern
Die Hinweise von RWE zielen in eine ähnliche Richtung. Man gehe Geschäftsbeziehungen zu anderen Unternehmen nur dann ein, wenn eine strenge Risikoüberprüfung keine sozialen und ökologischen Probleme erkennen lasse.
Auch der Chef des Unternehmens Cerrejón, Leon Teicher, weist die Vorwürfe zurück. Man sei bemüht, alte Konflikte mit den Anwohnern auszuräumen, habe Entschädigungen gezahlt und beteilige sich am Wiederaufbau umgesiedelter Dörfer. Teicher räumt freilich ein, dass der Wiederaufbau an neuem Ort in vielen Fällen bislang nur geplant, nicht aber umgesetzt worden sei.
Fraglich ist, ob das Unternehmen genug Anstrengungen unternimmt, um die Umweltbelastung zu verringern. Aus der offenen Mine, von den riesigen Baggern und Lkw, treibt ständig Staub über das Land. Dem Bericht von DanWatch zufolge berichten Arbeiter, Anwohner und Ärzte über häufige Fälle von Asthma und Lungeninfektionen.