Essen.
Die Gewerkschaft IG BCE versteht den Koalitionsvertrag der rot-grünen NRW-Minderheitsregierung als einen Angriff auf die Kohle.
Das frühere IGBCE-Vorstandsmitglied Werner Bischoff, der die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie in den Aufsichtsräten von RWE und Evonik vertritt, übte im Gespräch mit dieser Zeitung harte Kritik. Er sehe den Koalitionsvertrag „außerordentlich skeptisch“, sagte Bischoff, „insbesondere wenn ich mir den energiepolitischen Teil mit den beschriebenen klimapolitischen Zielen und den Maßnahmen ansehe. Das sieht so aus, als solle NRW zur Versuchswerkstatt für den Aufbau eines Landes ohne fossile Energie werden“.
NRW sei ein Industrieland, dessen Zukunft von der Energiepolitik abhänge. „Der Koalitionsvertrag ist neben seiner Distanz zur Steinkohle insbesondere langfristig ein Angriff auf die Braunkohle“, sagte Bischoff. „Ich sehe nicht, wie hier konstruktive Industriepolitik möglich sein soll. Die Chemie und Stahlindustrie beschäftigt zehntausende Mitarbeiter in NRW, und diese Industrien sind auf eine günstige und sichere Energieversorgung angewiesen.“
Dass die SPD und mit ihr auch IG-BCE-Mitglieder den Koalitionsvertrag ausgehandelt hätten, schreibt der langjährige tarifpolitische Chefstratege der IG BCE den „eigenen Gesetzen von Koalitionsverhandlungen“ zu.
Evonik gehört maßgeblich der öffentlichen Hand
Als Evonik-Aufsichtsrat verwahrt sich Bischoff dagegen, dass die NRW-Regierung mehr Einfluss auf die Standortentscheidungen des Essener Konzerns für sich reklamiert. „Da überschätzt sich die Politik doch sehr. Es ist die Verantwortung des Vorstands und auch der Aufsichtsratsmitglieder, über die Geschäftspolitik eines Unternehmens zu entscheiden. Evonik ist ein weltweit agierendes Unternehmen mit mehr als 40 000 Beschäftigen – und im übrigen auch mit wichtigen Standorten z.B. in Hessen. Sollen denn auch die Regierungen aus anderen Bundesländern Einfluss auf das Unternehmen bekommen?“
Dass Evonik über die RAG-Stiftung maßgeblich der öffentlichen Hand gehört, ändere daran nichts: „Deshalb sind ja auch die Mitspracherechte und die Teilhabe von Bund und Ländern sehr gut im Steinkohlefinanzierungsgesetz und der Stiftungssatzung geregelt. Das ist eine gute und stabile Zukunftslösung.“