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Die Führungsriegen großer Unternehmen können sich sorgenfrei in den Ruhestand verabschieden.Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Auswertung der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung.
Es gibt Männer, die das Bild des gierigen Managers nähren. Zum Beispiel Walter Deuss, fast zwei Jahrzehnte – bis 2000 – Chef der Warenhauskette Karstadt. Der Pensionär forderte 2004 von Karstadt erfolgreich über 30 000 Euro, um seinem Chauffeur Überstunden zu zahlen.
Als Inbegriff des gierigen Managers gilt vielen Utz Claassen (47), bis 2007 Chef des Energiekonzerns EnBW. Er sollte bis zum 63. Lebensjahr Millionen als „Ruhe- und Übergangsgeld“ erhalten. Als der Versorger nicht mehr zahlte, da Claassen eine neue, gut dotierte Arbeit hatte, zog er vor Gericht. Heraus kam ein Vergleich: Der Manager verzichtete teils auf seine Frührente.
Thyssen-Krupp auf Rang 1
Dabei können sich die Führungsriegen großer Firmen sorglos in den Ruhestand verabschieden. Das zeigt eine Studie der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung: Sie nahm die Altersversorgung ehemaliger Vorstandsmitglieder der 30 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands unter die Lupe. 2009 zahlte ein im deutschen Leitindex DAX notiertes Unternehmen seiner ehemaligen Führungsriege im Schnitt insgesamt sieben Millionen Euro.
Besonders gut haben es ehemalige Vorstände des Stahlkonzerns Thyssen-Krupp. Die Ex-Topmanager bekamen voriges Jahr insgesamt 24 Millionen Euro ausgezahlt, zeigt die Auswertung des Vergütungsexperten Heinz Evers im Auftrag der Düsseldorfer Forschungs-Stiftung.
SAP liegt hinten
Am unteren Ende der 30 im DAX notierten Konzerne rangiert SAP. Der Weltmarktführer für Unternehmens-Software aus dem baden-württembergischen Walldorf zahlte seiner ehemaligen Führungsriege im vergangenen Jahr „lediglich“ knapp eine Million Euro Altersversorgung aus.
Rechnet man zum Altersgeld die Pensionsrückstellungen für künftige Ruhestands-Zahlungen hinzu, wendete Thyssen-Krupp 27,7 Millionen Euro für seine ehemalige Führungsspitze auf. Bei der Deutschen Bank waren es im vergangenen Jahr 21,4 Millionen Euro und beim Münchner Industrie- sowie Technikkonzern Siemens 20,6 Millionen Euro (s. Grafik).
Wer als Vorstand eines großen Konzerns arbeitet, profitiert außerdem von einer relativ niedrigen Altersgrenze, ab der die Altersgelder fließen. Für die Hälfte aller Vorstände liegt diese Grenze laut der Studie bei der Vollendung des 60. Lebensjahres. Die Altersgrenze mit 65 Jahren gelte lediglich bei einem Viertel der Firmen. Das restliche Viertel zahle Altersgelder, wenn ein Vorstand 62 oder 63 Jahre alt werde.
990 Euro Normalrente
Zum Vergleich: in Deutschland gilt die Rente mit 65. Im vergangenen Jahr verließen Männer laut der Deutschen Rentenversicherung durchschnittlich mit 63,5 Jahren und damit mit Abschlägen das Berufsleben und bekamen im Monat 990 Euro gesetzliche Rente. Frauen gingen mit 62,9 Jahren und 487 Euro in Rente. Zur betrieblichen Altersversorgung gibt es laut Experten keine Durchschnittszahlen.
Ex-Vorstände hatten früher laut der Studie noch üppigere Ruhestandspolster. Doch da Topmanager heute öfter den Posten wechseln, länger leben und Firmen mehr sparen, sieht Vergütungsexperte Evers einen „Trend zu etwas niedrigeren Altersversorgungs-Niveaus“. Dabei würden „bei leistungsbezogenen Zusagen zunächst überhöhte Sätze aus der Vergangenheit auf ein Normalmaß zurückgefahren“.
„Frage nach Sinnhaftigkeit“
Trotzdem: Angesichts der millionenschweren Gehälter von Menschen, die im Vorstand eines großen börsennotierten Unternehmen arbeiten, regt der Vergütungsexperte an, deren Ruhestandszahlungen kritisch zu hinterfragen. Sinnvoll sei, dass sich diese Aufsichtsräte „zunehmend grundsätzlich die Frage nach der künftigen Berechtigung und Sinnhaftigkeit“ der speziellen Altersvorsorge für Vorstände stellten.