Essen. .
Für Thomas Middelhoff geht es ans Eingemachte: Gegen den Ex-Chef des insolventen Handelskonzerns Arcandor (einst KarstadtQuelle) reichte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg gestern in Essen Klage ein. Wie berichtet, fordert er von Middelhoff sowie Ex-Vorständen und -Aufsichtsräten über 175 Millionen Euro Schadensersatz. Middelhoff wollte dazu nichts sagen.
Derweil dauert der Mietstreit um die insolvente Kaufhaus-Kette Karstadt, die zu Arcandor gehörte, länger als gedacht – wegen einer kleinen Bank aus dem Ruhrgebiet, die dem KarstadtQuelle Mitarbeitertrust gehört.
„Umfangreiche Dokumente“
„Die Klage gegen Middelhoff und andere ist bei uns eingegangen“, sagte ein Sprecher des Landgerichts Essen. Er sprach von „sehr umfangreichen Dokumenten“. Eine schnelle Entscheidung dürfte es nicht geben. Zuerst erhielten die Betroffenen die Klage, sie könnten sie dann erwidern. In der Klage geht es um den Verkauf von fünf Warenhaus-Immobilien an einen Fonds des Troisdorfer Bauunternehmers Josef Esch und der Privatbank Sal. Oppenheim – und um die Zurückmietung der Gebäude.
Die Gebäude seien weit unter Wert verkauft und zu deutlich überhöhten Sätzen zurückgemietet worden, so Görg. Der damalige Vorstand um Middelhoff habe wissentlich Mietverträge zum Nachteil Arcandors abgeschlossen. Zudem sei es unterlassen worden, das für den Immobilien-Verkauf zuständige Management um den damaligen Chef Wolfgang Urban haftbar zu machen. Ein weiterer Vorwurf des Insolvenzverwalters: Ein später erstelltes Rechtsgutachten sei gezielt zu dem Zweck eingeholt worden, eine scheinbare Grundlage für die geplante Nichtgeltendmachung von Ansprüchen zu schaffen.
Die Klage sei gestern eingereicht worden, weil sonst Teilaspekte verjährt wären, so ein Sprecher Görgs. Mit den umstrittenen Immobilien-Geschäften befasst sich auch die Staatsanwaltschaft Bochum. Sie ermittelt gegen Middelhoff wegen des Verdachts der Untreue. Middelhoff hatte den Untreue-Vorwurf zurückgewiesen.
Derweil müssen die 25 000 Karstadt-Mitarbeiter noch länger um ihre Zukunft bangen als gedacht. Zwar einigten sich Karstadt-Käufer Nicolas Berggruen und die Vermietergruppe Highstreet grundsätzlich auf niedrigere Mieten für 86 der bundesweit 120 Karstadt-Häuser. Aber die Valovis Bank aus Essen, die zum Highstreet-Konsortium gehört, will gesondert mit Berggruen verhandeln. Denn die Bank, die einen Teil des Vermögens heutiger und künftiger Arcandor-Rentner mehren soll, ist mit 850 Millionen Euro der größte einzelne Kreditgeber der Vermietergruppe.
„Valovis pokert überhaupt nicht im Mietstreit“, betonte ein Banksprecher. „Wir haben nichts gegen Herrn Berggruen und seine Pläne für Karstadt; wir wollen eine Einigung. Aber wir müssen unseren Kredit absichern.“ Der Kredit ist mit Immobilien abgesichert. Im Kern möchte Valovis, dass die vereinbarten Mietsenkungen für Karstadt nicht festgeschrieben werden, um den Wert dieser Immobilien nicht zu mindern. Das erste Gespräch darüber sei „harmonisch verlaufen“, sagte der Valovis-Sprecher.
Berggruen will mehr Zeit
Da eine Einigung im Mietstreit noch auf sich warten lassen dürfte, bat der designierte Käufer Berggruen Insolvenzverwalter Görg um Aufschub bis zum 30. Juli. Ohne die Einigung tritt der Karstadt-Kaufvertrag nicht in Kraft. Eigentlich wollte das Amtsgericht Essen am 16. Juli – der Termin war schon mehrfach verschoben worden – über den Insolvenzplan für Karstadt entscheiden. Das Gericht will nach eigenen Angaben erst Mitte Juli entscheiden, ob es den Termin erneut aufschiebt.