Berlin.
Patente auf Schweinen oder Brokkoli? Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner will das verhindern. Exklusive Rechte oder die Kontrolle dürften nicht Einzelnen eingeräumt werden. „Die Schöpfung gehört allen Menschen“, sagte Aigner.
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) will weitgehende Patentrechte an Tieren und Nutzpflanzen verhindern. „Die Schöpfung gehört allen Menschen“, sagte die Ministerin. Exklusive Rechte oder die Kontrolle dürften nicht einzelnen Personen oder Unternehmen eingeräumt werden. Diese Position will Aigner nun auch in der EU und beim Europäischen Patentamt (EPA) durchsetzen. Dort stehen weitreichende Entscheidungen an.
Es geht zum Beispiel um das sogenannte Brokkoli-Patent, über das die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts am 20. Juli verhandelt. Das Gemüse mit der Patentnummer EP 1069819 enthält als Neuerung Inhaltsstoffe, die gegen Krebszellen wirken. Die Firma, das diese Pflanze gezüchtet hat, will sich nicht nur die Rechte an der Pflanze sichern, sondern auch an den Samen. So würde für jeden später daraus erzeugte Brokkoli eine Lizenzgebühr fällig.
Aufsehen erregte in der Vergangenheit auch ein Patentantrag des US-Konzerns Monsanto für Schweine, die mit dessen Gen-Soja gefüttert wurden. Die Verwertungsrechte daran sollten sich letztlich bis zum Schnitzel erstrecken.
Komplizierte Rechtslage
„Die Ansprüche reichen von Futtermitteln für Tiere bis hin zu Lebensmitteln wie Fleisch, das von diesen Tieren gewonnen wird“, heißt es in einem Antrag der SPD, die wie die Grünen hier weitgehend mit Aigner übereinstimmen. „Das Patentrecht wird in den letzten Jahren als ein Werkzeug benutzt, das ganz wenigen ganz viel sichert“, so die SPD.
Die Rechtslage ist kompliziert. In Europa ist die Patentierung von Tierrassen und Pflanzensorten verboten. Bei Tieren und Pflanzen selbst sieht das anders aus. So können auf einzelne Gen-Sequenzen in Getreide, Obst oder leistungsstarken Milchkühen Schutzrechte zugesprochen werden. So wird das generelle Verbot umgangen.
Das will Ministerin Aigner nicht hinnehmen: „Wir können neue Verfahren bei Pflanzen und Tieren nicht wie sonstige technische Verfahren behandeln.“ In dieser Woche steht das Thema auf der Tagesordnung des Bundestags.
Neben ethischen Bedenken geht es um wirtschaftliche Interessen. Es gibt eine Handvoll Weltkonzerne, die mit Patenten Milliardengeschäfte machen wollen. So klagt der US-Konzern Monsanto beim Europäischen Gerichtshof, da argentinische Bauern für die Nutzung von Soja-Saaten keine Lizenzgebühren zahlen. Monsanto will, dass sein Anspruch beim Soja-Import in die Europäische Union eingetrieben wird. Die Verhandlung steht bald an.
Monopolisierung der Lebensmittelproduktion befürchtet
Im Spiel ist auch der Chemiekonzern BASF; er verweist auf hohe Investitionen in die Entwicklung neuer Pflanzeneigenschaften. „Das Patentsystem ermöglicht einen gerechten Ausgleich für die Investitionen“, verteidigt ein Sprecher Biopatente. BASF sehe keinen Bedarf für eine Änderung des geltenden Rechts.
Kritiker befürchten dagegen eine Monopolisierung der Nahrungsmittelproduktion mit steigenden Preisen für Bauern und Verbraucher. Der wissenschaftliche Beirat des Landwirtschaftsministeriums äußert in einem neuen Gutachten, das dieser Zeitung auszugsweise vorliegt, Bedenken gegen die heutige Patentpraxis: „In der Folge entstehen verstärkte rechtlich-ökonomische Risiken sowie verstärkter Druck auf kleine Betriebe in der Landwirtschaft.“ Zudem sehen die Forscher die Artenvielfalt gefährdet. Diese Sorge teilt der Bauernverband, er macht sich für ein Verbot von Patenten auf Tiere und Pflanzen stark.