Wiesbaden. Laut Statistischem Bundesamt steht Deutschland bei Arbeitskosten und Verdiensten im EU-Vergleich ordentlich da. Die Löhne sind zwar gestiegen - aber eher moderat. Mit durchschnittlich 29,80 Euro pro Stunde liegen sie im EU-Mittelfeld.
Deutschland gehört einmal mehr zu den Schlusslichtern in der Europäischen Union. Was in diesem Fall mal keine Schande ist, sondern ein Wettbewerbsvorteil. Wie das Statistische Bundesamt gestern in Berlin mitteilte, stiegen die Arbeitskosten, die laut gängiger Diagnose einschlägiger Wirtschaftsexperten hierzulande viel zu hoch seien, im vergangenen Jahr erneut langsamer als in anderen Ländern der EU: plus 2,5 %. Nur in Malta war der Anstieg mit 1,8 % noch geringer. Roderich Egeler, Präsident des Bundesamt, fasste das üppige Zahlenwerk gestern sinngemäß so zusammen: Die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft hat sich im abgelaufenen Jahr erneut erfreulich verbessert. Parallel dazu hatten die Beschäftigten in 2008 mehr Geld in der Tasche. Der Anstieg war der höchste seit 1995.
29,80 Euro pro Arbeitsstunde
Danach mussten private Arbeitgeber 2008 im Schnitt 29,80 Euro für eine geleistete Arbeitsstunde bezahlen. Der Durchschnitt liegt bei 23,10 Euro. Das bedeutet im EU-Vergleich hinter Dänemark (Spitzenreiter mit 36,50 Euro), Luxemburg, Belgien, Schweden, Frankreich und den Niederlanden gemeinsam mit Österreich Platz sieben. Am niedrigsten sind die Arbeitskosten in Bulgarien: 2,50 Euro pro Stunde. Das für Deutschland recht positive Bild verzerre sich laut Roderich Egeler auch dann nicht, wenn man die Lohnnebenkosten (Sozialbeiträge der Arbeitgeber etc.) berücksichtigt. Auf 100 Euro Bruttoverdienst zahlten die Arbeitgeber 2008 in Deutschland 32 Euro Lohnnebenkosten. EU-Durchschnitt ist 36 Euro. Deutschland liegt in der EU damit auf Platz 15. Zum Vergleich: In Frankreich und Schweden entfallen auf 100 Euro Lohn zusätzlich rund 50 Euro Lohnnebenkosten.
Bisschen über der Preissteigerung
Bei den Verdiensten für die Arbeitnehmer ermittelten die Statistiker ein leichtes Plus gegenüber der allgemeinen Preissteigerung. Heißt: Brutto hatten die Beschäftigten 2008 bundesweit im Schnitt 2,8 Prozent mehr, während die Verbraucherpreis um 2,6 % kletterten. Allerdings geht die Entwicklung bei den Einkommen immer stärker auseinander. In Westdeutschland lag das Bruttoeinkommen im Schnitt bei 43 310 Euro, Ostdeutsche kamen auf 30 151 Euro. Führungskräfte durften mit rund 81 000 Euro rechnen (plus 4,8 %), Ungelernte oder gering Qualifizierte im Schnitt mit etwa 23 400 Euro (0,7 %).
Die höchsten Steigerungsraten beim Bruttoeinkommen hatten laut Egeler Beschäftigte im Kredit- und Versicherungsgewerbe: plus 4,6 Prozent. Im Hotel- und Gaststättenbereich gab es nur 1,7 Prozent oben drauf, was reale Kaufkraftverluste für Beschäftigte in dieser Branche bedeutet. Ausweislich einer nur alle vier Jahre stattfindenden Untersuchung bekamen im Jahr 2006 rund 16 Prozent der Vollzeitbeschäftigten, zum Beispiel Taxifahrer oder Friseure, einen Niedriglohn: unter 1800 Euro.