Rüsselsheim. .
Der Autohersteller Opel zieht alle Anträge auf staatliche Bürgschaften in Europa zurück - und vollzieht damit einen Kurswechsel. Die Opel-Mutter will den angeschlagenen Autobauer nun selbst sanieren.
Nach monatelangen Feilschereien um mögliche Staatshilfen ändert Opel-Mutter General Motors (GM) überraschend den Kurs: Der Konzern will die Sanierung des europäischen Autobauers nun alleine stemmen. Er zog am Mittwoch alle Anträge auf Bürgschaften in Europa zurück. Weitere Werkschließungen und Entlassungen sind dem Betriebsrat zufolge nicht geplant. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sieht sich damit in seiner Absage an Bürgschaften voll bestätigt: GM sei in der Lage, sich selbst zu helfen, erklärte der FDP-Politiker.
Opel-Chef Nick Reilly begründete den Rückzug mit dem monatelangen Ringen um staatliche Unterstützung. Die Absage der Bundesrepublik an Bürgschaften sei eine Enttäuschung gewesen, sagte er. Es sei zunächst in Aussicht gestellt worden, dass Opel die Bürgschaften erhalte, die auch anderen europäische Unternehmen zur Abmilderung der Wirtschaftskrise zur Verfügung gestanden hätten. „Nach einem sehr langen, von der Regierung vorgegebenen Prozess stellt sich nun heraus, dass dies nicht der Fall ist“, kritisierte der Opel-Chef.
Anstelle der staatlichen Unterstützung solle nun ein Wachstumsplan greifen, der unter anderem schon früher angekündigte Investitionen in neue Produkte in Höhe von elf Milliarden Euro vorsieht, erläuterte Reilly.
Brüderle sieht sich bestätigt
Brüderle begrüßte die Entscheidung der Opel-Mutter. GM scheine bereit, seine Eigentümerverantwortung zu übernehmen. Der Konzern habe liquide Mittel, mache Gewinn und werde an die Börse gebracht, sagte der Wirtschaftsminister. „Opel hat eine Zukunft.“ Das zeigten „ermutigende Verkaufszahlen“. Deutsche Steuergelder seien dafür offensichtlich nicht notwendig.
Die Bundesregierung hatte den Opel-Anträgen in der vergangenen Woche eine Absage erteilt. Die finanzielle Schieflage des Unternehmens sei nicht auf die Folgen der Wirtschaftskrise zurückzuführen, hieß es zur Begründung. Die vier Bundesländer mit Opel-Werken hatten sich jedoch am Dienstag darauf geeinigt, Bürgschaftsverfahren soweit möglich parallel durchzuführen und dem Konzern eine konstruktive Zusammenarbeit zugesichert.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte vor diesem Hintergrund, die Landesregierung habe stets deutlich gemacht, dass es ihr nicht darum gehe, einem Unternehmen eine Bürgschaft aufzudrängen. Wenn Opel jedoch auf die Anträge verzichte, „nehmen wir das mit der gebotenen Sachlichkeit als unternehmerische Entscheidung zur Kenntnis“, sagte Koch. Trotz des Verzichts auf Staatshilfen dürfte es aber keine zusätzlichen Standort- und Stellenstreichungen geben. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mahnte, dass nun auch die versprochenen Investitionen in vollem Umfang getätigt werden müssten.
Franz: GM-Entscheidung beendet Unsicherheit
Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz sagte, die bestehenden Verträge hinsichtlich Standorten, Beschäftigung und Investitionen seien verbindlich und blieben weiterhin gültig. Laut derzeitigem Sanierungsplan baut GM europaweit rund 8.300 der 48.000 Stellen ab. Ein Opel-Werk im belgischen Antwerpen wird geschlossen. Die deutschen Fabriken in Rüsselsheim, Bochum, Eisenach und Kaiserslautern sollen erhalten bleiben, allerdings gehen in Deutschland fast 4.000 Jobs verloren.
Die Neuaufstellung von Opel soll insgesamt 3,3 Milliarden Euro kosten, von denen GM zunächst 1,9 Milliarden Euro selbst hatte übernehmen wollen. (ap)