Essen.

. Wenn auch so mancher Punkt aus dem geplanten Sparpaket der Bundesregierung bei den Betroffenen Fragezeichen hinterlassen hat, bei der Brennelementesteuer wa­ren die Reaktionen der An­teilseigner großer Energiekonzerne eindeutig. Die NRW-Versorger verloren am Tag der Bekanntgabe erheblich an Wert, RWE drei, Eon 3,5 Prozent. Die Analysten schlugen Alarm. Die Gewinne etwa bei RWE dürften 2011 um zehn Prozent abrutschen, schätzt die WestLB. Nun wackelt sogar die Dividende.

Damit hat Berlin für neuen Diskussionsstoff auch für die Führungskräftekonferenz des RWE-Konzerns Donnerstag und Freitag in Amsterdam gesorgt. Dort wollen 400 Manager die Zukunft des Konzerns diskutieren, eine neue Struktur, die vieles einfacher und schlagkräftiger ma­chen soll: RWE soll den Überlegungen zufolge künftig aus einem Deutschland-Geschäft aus hiesigem Vertrieb, Netzen und Kraftwerken bestehen, daneben soll eine neue internationale Aktiengesellschaft das Auslandsgeschäft bündeln und Entscheidungswege vereinfachen. Denn klar ist: Wachstum gibt’s für RWE wie für Eon nur noch im Ausland, schon aus kartellrechtlichen Gründen. Doch diese Aufteilung des Geschäftes, so plausibel sie betriebswirtschaftlich erscheinen mag, ist wie immer bei RWE eine Operation an offenen Nerven. Zum einen gerät die interne Machtbalance ins Wanken: Nach der Zerlegung von RWE Energy verliert nun das Kraftwerkszentrum RWE Power an Einfluss: dank neuer Gesellschaften wie die Erneuerbare-Energie-Firma RWE Innogy oder den Kraftwerksbauern von RWE Technologies – beides Unternehmen, die RWE Power aus deren Sicht ins Handwerk pfuschen.

Auch die Gewerkschaften sind nicht besonders erfreut, denn die Power unterliegt aus alten Zeiten noch der Montanmitbestimmung. Was, wenn nun Kraftwerke, Vertrieb, Netze zusammen in ei­ner Deutschland AG oder gar in einer GmbH landen, die oh­ne Ge­werkschafter in Aufsichtsräten auskommen könnte?

„Negative Folgen
für Investitionen“

Neben den internen Widerständen treiben auch die kommunalen Aktionäre wie Essen, Dortmund oder Mülheim die Preise. Obwohl sie mit dem internationalen Geschäft we­nig, dafür aber viel mit dem Handel vor ihrer Haustüre zu tun haben, beharren sie auf mehreren Aufsichtsratsmandaten in der internationalen AG.

Die Kommunen halten un­ter 25 Prozent an RWE. 16 Prozent davon in einer eigenen Beteiligungsgesellschaft. Diese sichert den Kommunen ab 15 Prozent Anteilsbesitz das so genannte Schachtelprivileg, die Gewerbesteuerfreiheit ihrer Dividenden. Das macht den RWE-Besitz attraktiv und hält die Kommunen trotz aller Haushaltsnot bei der Stange. Hinzu kommt, dass die Schuldzinsen aus Sicht der Kämmerer immer noch unter der Dividendenrendite liegen, die die Aktie ab­wirft. Noch. Denn damit könnte es nun – der Brennelementesteuer sei Dank – vorbei sein. „Eine solche Steuer hätte negative Folgen für unsere Investitionen, unsere Ergebnisplanung und damit auch für unsere Dividende“, so RWE-Finanzchef Rolf Pohlig.

Bei 1,6 Cent Steuer je Kilowattstunde und einer Atomstromproduktion von 34 bis 50 Milliarden Kilowattstunden schöpft der Staat allein bei RWE runde 600 Millionen Euro ab. Bei Eon steht eine Milliarde in Rede. Damit sind die RWE-Kommunen möglicherweise doppelt gekniffen: Ihr Konzern erleidet Gewinneinbrüche, und diese wiederum reduzieren die Gewerbesteuer, wie der Finanzexperte des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Rainer Kambeck, sagt. Land und Bund müssten mit weniger Körperschaftssteuereinnahmen rechnen.

Dies könnte in Summe einige 100 Millionen Euro ausmachen, heißt es in der Branche. Den Grund nennt der Analyst Peter Wirtz von der WestLB: „Selbst bei einer Verlängerung der Laufzeiten würden Mehrkosten einer Brennelementesteuer sofort ergebniswirksam werden. Eventuelle Mehrerlöse würden sich erst in zehn oder mehr Jahren bemerkbar machen.“