Bochum. .
Thyssen-Krupp hat die Weichen für die Anhebung des Investitionsvolumen für das brasilianische Hüttenwerk CSA von 4,7 auf 5,2 Milliarden Euro gestellt. Der Aufsichtsrat gab am Donnerstag grünes Licht. Die galoppierenden Kosten sorgten für Unmut auf der Hauptversammlung.
Dem Stahlkonzern Thyssen-Krupp laufen die Kosten für seine beiden großen Auslandsprojekte davon. Am Donnerstag stimmte der Aufsichtsrat eilig zu, das Investitionsvolumen für das brasilianische Hüttenwerk CSA von 4,7 auf 5,2 Milliarden Euro zu erhöhen. Das Stahlwerk in Alabama/USA wird um zehn Prozent teurer und soll nun 3,8 Milliarden US-Dollar (2,7 Milliarden Euro) kosten.
Auf der Hauptversammlung im Bochumer Ruhr Congress versicherte Thyssen-Krupp-Chef Ekkehard Schulz am Donnerstag, dass die Wirtschaftlichkeit der beiden Projekte trotz der Kosten-Explosion gegeben sei: „Beide Projekte werden die Kapitalkosten des Konzerns verdienen.“ In Brasilien seien Mehraufwendungen für den Hochofen, Umweltauflagen, Feuerschutz und Risikovorsorge nötig.
Kein Schadensersatz
Die Gesamtkosten für das brasilianische CSA, so Schulz, lägen deshalb seit Mitte 2009 stabil bei 5,9 Milliarden Euro. Ursprünglich sollte das brasilianische Hüttenwerk 3,0 Milliarden Euro kosten. Diese Summe genehmigte der Aufsichtsrat im August 2006. Allerdings auf der Basis von 4,4 Millionen Jahrestonnen Stahlproduktion. Inzwischen wurde die Kapazität auf fünf Millionen Tonnen angehoben.
Im Stahlwerk Alabama, räumte Schulz ein, hätten sich die Kosten für Infrastruktur, Brandschutz und Kühleinrichtungen erhöht. Es bleibe aber bei den 2005 bewilligten zehn Milliarden Euro Gesamtinvestitionen im Stahlbereich.
Im März 2009 hatte das Unternehmen den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Thyssen-Krupp Stahl AG, Karl-Ulrich Köhler, für die Kostenüberschreitungen und erheblichen Zeitverzögerungen bei den beiden Großprojekten verantwortlich gemacht und ihn abberufen. Schulz stellte das Ergebnis eines juristischen Gutachtens vor. Danach habe Köhler seine Sorgfaltspflicht nicht verletzt. Eine Klage auf Schadensersatz gegen den Ex-Manager schloss Schulz aus.
Die galoppierenden Kosten für die Auslandsprojekte sorgten für erheblichen Unmut bei der Hauptversammlung. „Wir sind erschrocken, dass Sie die 4,7 Milliarden Euro für Brasilien nicht halten konnten“, empörte sich Thomas Hechtfischer von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
Brasilianische Fischer demonstrieren
Vor dem Ruhr Congress demonstrierten brasilianische Fischer. Sie klagten über Fischsterben in dem Hafen, in dem Thyssen-Krupp baut. Bei einem bewegenden Auftritt vor den Aktionären forderte Luis Carlos Oliveira im Rollstuhl den Konzern zu Entschädigungszahlungen auf.
Dabei wollte Vorstands-Chef Ekkehard Schulz die Hauptversammlung eigentlich nutzen, um einen Haken an das historisch schlechteste Geschäftsjahr 2008/09 zu machen, das Thyssen-Krupp mit einem dramatischen Verlust von 2,4 Milliarden Euro abgeschlossen hatte. Nachdem der Betriebsfrieden mit der „Essener Erklärung“, die betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, im Mai 2009 wieder hergestellt und der Konzernumbau umgesetzt war, wollte der Vorstand wieder durchstarten.
Immerhin: „Unsere Ergebnisse im ersten Quartal sind besser als erwartet“, rief Schulz den Aktionären zu. Konkrete Zahlen zum Start des neuen Geschäftsjahres legt Thyssen-Krupp am 12. Februar vor. Der Vorstandschef schaut mit „gedämpftem Optimismus“ auf die Zukunft und hält an seinem Ziel fest, das Geschäftsjahr mit einem Ergebnis vor Steuern in „niedriger dreistelliger Millionen-Euro-Größe“ abzuschließen.