Berlin. .

Die Ermittlungen gegen Lebensmittel-Konzerne wegen des Verdachts der illegalen Preisabsprachen weiten sich aus. Die Kartellwächter gehen neuen Hinweisen nach.

Das Bundeskartellamt nimmt immer mehr Hersteller und Einzelhändler der Lebensmittelbranche ins Visier. Mittlerweile werde gegen 24 Unternehmen ermittelt, erläutert der Sprecher der Behörde, Kay Weidner. Das Amt hegt den Verdacht, dass Produzenten und Endverkäufer die Preise für bestimmte Produkte, vor allem Süßwaren und Tierfutter, miteinander abgesprochen haben. „Es ging überwiegend um Preisuntergrenzen“, sagt Weidner.

Da derlei Vereinbarungen verboten sind, suchen die Beamten nun nach Beweisen in beschlagnahmten Computern, Akten oder Handys. Die Daten hatten Fahnder am Donnerstag bei Durchsuchungen der Betriebe sichergestellt.

Die Behörden gehen von einem ungewöhnlichen Kartell aus, weil zwei Ebenen miteinander gekungelt haben sollen. Untersucht wird, ob Markenhersteller Händler dazu gebracht haben, für ihre Produkte einen Mindestpreis zu erheben und sich so attraktive Gewinnmargen zu sichern. Die Kartelle sollen schon seit 2005 laufen. Treffen die Vermutungen zu, gibt es eine Fülle von unerlaubten Einzelabsprachen in der Branche.

Nun geht es an die Auswertung der Daten. Das wird nach Einschätzung der Wettbewerbshüter Monate dauern, weil so viele Firmen beteiligt sind. Die Razzia wurde nicht ins Blaue hinein gestartet. Offenkundig haben Beteiligte an den Kartellen ausgepackt, um mit einer milderen Strafe davonzukommen. Es werde mit mehreren Unternehmen kooperiert, heißt es.

Auf die Sünder warten hohe Geldbußen. „Wir müssen abschrecken“, kündigt Weidner an. Bis zu zehn Prozent des letzten Jahresumsatzes kann das Strafgeld ausmachen. Der Rahmen wurde allerdings noch nie vollständig ausgeschöpft. Selbst die Rekordstrafe für den Chiphersteller Intel von gut einer Milliarde Euro entsprach gerade einmal zwei Prozent des Konzernumsatzes. Die Bußgelder könnten sich im aktuellen Fall schnell auf einen dreistelligen Millionenbetrag summieren. Aktive Mithilfe bei der Aufklärung wird mit einem Nachlass belohnt. Früher kamen die Kartellwächter Sündern kaum auf die Spur. Das hat sich geändert, seit es eine Kronzeugenregelung gibt.

Illegale Absprachen gehen zu Lasten der Kunden. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) spricht von „Milliardenbetrug“. Ihn ärgert, dass Schadenersatzansprüche von seinem Verband nicht stellvertretend für alle Kunden eingeklagt und die zu Unrecht erzielten Gewinne eingezogen werden können. Der Entwurf einer entsprechenden EU-Richtlinie ist noch nicht umgesetzt worden.

Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat eine indirekte Entschädigung der Verbraucher ins Spiel gebracht. Sie will Bußgelder an Verbraucherorganisationen weiterleiten. Bislang wandern die Einnahmen in den Bundeshaushalt.