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Die Discounter Aldi und Penny läuteten am Donnerstag die nächste Runde der Preissenkungen ein. Netto und Plus wollen am Freitag folgen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie beklagt den stärksten Umsatzrückgang seit 1949.

Marktführer Aldi setzt den Rotstift um bis zu 30 Cent pro Produkt an: Billiger geworden sind Eigenmarken von Bio-Käse, Quark-Joghurt, Speiseöl, Nüsse, Schattenmorellen und Mais. Auch die Rewe-Tochter Penny legt den Preissenkungs-Fokus auf ein ähnliches Sortiment – erweitert um Markenartikel wie Punica, Schwip Schwap oder Melitta Kaffee.

Der seit einem Jahr fusionierte Discounter Netto/Plus lässt die Preise in den Filialen ab heute purzeln. „Wir verhalten uns branchenkonform“, sagte Sprecherin Christina Styliano dieser Zeitung. „Wir geben die gesunkenen Rohstoffpreise an unsere Kunden weiter.“ Und die hätten sich zu Jahresbeginn eben in den Bereichen Cerealien, Speiseöl und Molkereiprodukte bemerkbar gemacht. Allein Molkereiprodukte, so die Netto/Plus-Sprecherin seien im Herbst 2009 teurer geworden.

Styliano bestätigte Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), die im letzten Jahr „zwölf massive Preissenkungsrunden im deutschen Lebensmitteleinzelhandel“ registrierte. Bei einem stagnierenden Exportgeschäft sowie stabiler Produktion und konstantem Absatz machte die Branche 2009 nach eigenen Angaben einen Umsatz von 149,8 Milliarden Euro. Das entspricht einem historischen Minus von 4,2 Prozent gegebenüber dem Vorjahr. Auch die Erlöse brachen ein – preisbereinigt um 5,3 Prozent auf 39,2 Milliarden Euro. Die Ernährungsindustrie beschäftigte im letzten Jahr 535 000 Mitarbeiter.

Aigner warnt vor Qualitätsverlust bei Lebensmitteln

Die BVE macht eine einfache Rechnung auf: Die „Preisschlacht“ im Handel habe 2009 dazu geführt, dass Erzeuger rund vier Prozent niedrigere Preise für Lebensmittel und Getränke am Markt durchsetzen konnten. Andererseits seien die Verbraucher um mehr als sechs Milliarden Euro entlastet worden. BVE-Chef Jürgen Abraham: „Dieses Konjunkturpaket hat die Lebensmittelindustrie finanziert.“

Die Ernährungsindustrie wirft den Discountern, die 44 Prozent der Lebensmittel in Deutschland vertreiben, vor, den Preiskrieg zu führen, weil sie um Marktanteile kämpfen. Mittelständische Lieferanten, so die BVE, stünden nur noch fünf großen Lebensmittelhändlern mit einem Marktanteil von 70 Prozent gegenüber. Abraham: „Kein anderes Land in der europäischen Union verfügt über ein vergleichbar niedriges Preisniveau wie Deutschland.“

Daran übt auch Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) heftige Kritik. Sie warnt vor einem Qualitätsverlust bei Lebensmitteln. Wenn nur noch der niedrigste Preis Maßstab sei, „geht das nicht nur zu Lasten der Landwirte, sondern früher oder später auch zu Lasten der Qualität und damit der Verbraucher“, sagte Aigner. Konkrete Hilfen für die Lebensmittel-Erzeuger, die unter dem Preiskampf im Handel leiden, lehnte die Ministerin gestern aber ab.

Auch die Abwärtsspirale bei den Lebensmitteln führte im letzten Jahr dazu, dass die Verbraucherpreise kaum stiegen. Die Inflationsrate betrug nach Angaben des Statistischen Bundesamts 0,4 Prozent und erreichte den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Im Dezember allerdings waren die Preise wieder kräftiger um 0.9 Prozent gestiegen.