Bonn. .
Wegen verabredeter Preiserhöhungen hat das Bundeskartellamt die Kaffeeröster Tschibo, Melitta und Dallmayr zur Zahlung einer Strafe in dreistelliger Millionenhöhe verdonnert. Die illegalen Absprachen sollen seit mehreren Jahren praktiziert worden sein.
Die drei großen Kaffeeröster Tchibo, Melitta und Dallmayr sowie sechs Mitarbeiter sollen wegen wettbewerbswidriger Preisabsprachen Geldbußen von zusammen 159,5 Millionen Euro zahlen. Das Bundeskartellamt erklärte am Montag in Bonn, Geschäftsführer und Vertriebsleiter der Firmen hätten seit mindestens Anfang 2000 einen Gesprächskreis unterhalten. Dabei seien auch Preiserhöhungen bei Filterkaffee, Espresso und Kaffeepads abgesprochen worden. Erst eine Durchsuchung der Unternehmen im Juli 2008 durch die Wettbewerbsbehörde habe die Praxis beendet.
Absprachen über Höhe, Umfang und Zeitpunkt von Preiserhöhungen habe es besonders in fünf Fällen in den Jahren 2003 bis 2008 gegeben, teilte das Kartellamt mit. Die Verbraucher kam das teuer. Allein die beiden im Dezember 2004 und im April 2005 angekündigten Preiserhöhungen führten der Behörde zufolge zu einem Anstieg der Endverbraucher- und Aktionspreise für Röstkaffee von durchschnittlich mehr als 1 Euro pro 500-Gramm-Packung.
«Die Absprachen wirkten sich unmittelbar zu Lasten der Endverbraucher aus, da der Lebensmitteleinzelhandel die Preiserhöhungen in der Regel unmittelbar an die Endverbraucher weitergegeben hat», erklärte das Kartellamt. Mit Ausnahme der letzten Runde im März/April 2008 seien alle Preiserhöhungen im Markt durchgesetzt worden.
Nach der Durchsuchung im Juli hatte ein Tchibo-Sprecher erklärt, das Vorgehen des Kartellamts gehe auf eine Anzeige gegen einen Mitbewerber zurück. Die Tageszeitung «Die Welt» berichtete am Montag in ihrer Online-Ausgabe, eine nicht genannte Kaffee-Firma solle die Ermittlungen ausgelöst haben und nun die Kronzeugenregelung für sich in Anspruch nehmen, mit der sie einem Bußgeld entgehen könnte. Ein Sprecher des Bundeskartellamtes wollte das nicht bestätigen. Er sagte aber, derartige Verfahren beruhten inzwischen in den meisten Fällen auf Angaben von Informanten aus der jeweiligen Branche.
Melitta kündigt Einspruch an
Die betroffenen Unternehmen haben nach Angaben des Kartellamts nun zwei Wochen Zeit, Einspruch einzulegen. Darüber müsste dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden.
Tchibo in Hamburg bestätigte den Eingang des Kartellamtsschreibens. Ansonsten wollte ein Sprecher keine Stellungnahme abgeben. Bei Dallmayr in München erklärte eine Sprecherin: «Wir halten die gegen das Unternehmen ausgesprochene Geldbuße für völlig überzogen.» Röstkaffee sei in Deutschland, bereinigt um Steuern, günstiger als überall sonst in Europa. Zu Fragen, ob sich das Unternehmen gegen die Strafe wehren wolle und welcher Anteil der 159,5 Millionen auf Dallmayr entfalle, wollte sich die Sprecherin nicht äußern.
Die Melitta-Gruppe erklärte, sie akzeptiere das Bußgeld nicht. Das Unternehmen habe erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Bußgeldnorm und damit an der Höhe, teilte Unternehmenssprecherin Annette Kahre mit. Es lege darum Einspruch gegen den Bescheid ein. Zugleich betonte Kahre: «Wir bedauern den Vorgang und haben Vorkehrungen getroffen, damit so etwas nicht noch einmal passiert.»
Laufende Verfahren gegen Hersteller von Cappuccino
Zudem laufen seit Januar 2009 weitere Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen nach Angaben des Kartellamts zahlreiche Kaffeeröster wegen des Verdachts von Preisabsprachen bei Kaffee für Gastronomie und Großabnehmer sowie gegen mehrere Hersteller von Cappuccino wegen des selben Verdachts bei Cappuccino. Diese Verfahren sollen in der ersten Hälfte des nächsten Jahres abgeschlossen werden. Nähere Angaben machten die Wettbewerbshüter aufgrund der noch laufenden Ermittlungen nicht. (ap)