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Google unter Druck: Datenschützer fürchten, die US-Firma könne mit ihrem Internet-Straßen-Bilderalbum „Street View“ Persönlichkeitsrechte verletzt haben. Eine einfache Lösung zur Löschung von Bildern lässt weiter auf sich warten.
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Bis vor kurzem wähnte sich der US-Suchmaschinen-Anbieter auf der sicheren Seite. „Rechtlich kann der Dienst nicht mehr verhindert werden“, gab Googles Justiziar Arnd Haller im Frühjahr zu Protokoll. Die Rede ist von „Street View“, Googles virtueller Straßenschau. Doch seitdem bekannt wurde, dass das US-Unternehmen die W-Lan-Daten tausender Haushalte in aller Welt ausspähte, ermitteln die Behörden – nicht nur in Deutschland. Auch Australien, USA und Spanien leiteten mittlerweile Untersuchungen ein. Und der Start von „Street View“ wurde hierzulande erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben.
Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis?
Am Freitag stattete der Datenschutzbeauftragte des Landes Hamburg Googles Deutschland-Zentrale in der Hansestadt einen erneuten Besuch ab. Johannes Caspar wollte wissen, ob Google beim Sammeln der W-Lan-Daten auch Persönliches aufgeschnappt hat. „Wir haben uns die Software und das System, mit dem die W-Lan-Daten gesammelt wurden, bereits angeschaut“, sagt Caspar. Die Überprüfung habe gezeigt, dass die für die W-Lan-Erfassung nötige Software in den Street-View-Fahrzeugen die empfangenen Daten auf einer Festplatte gespeichert habe.
„In den Protokollen ließen sich in dem von uns durchgeführten Test übertragene Daten eindeutig wiederfinden“, so Caspar. Nun müsse geklärt werden, ob beim Scan der Netze nur Datenschnipsel oder aber ganze Pakete mit persönlichen Daten aufgeschnappt wurden. Ist letzteres der Fall, wäre das ein klarer Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis. Die Herausgabe der Originalfestplatte mit allen erfassten Daten verweigerte Google bislang – mit der aberwitzigen Begründung, man verstoße bei der Weitergabe gegen geltendes Recht, sagt Datenschützer Caspar. Google lenkte später ein. Caspar und seine Mitarbeiter sollen jetzt über das Internet Zugang zu den Daten erhalten. Denn der Server, auf dem auch die deutschen W-Lan-Daten liegen, steht in den USA.
Bereits auf der Computermesse Cebit im März dieses Jahres versprach Google, ein einfaches Verfahren auf den Weg zu bringen, damit Menschen, die Bedenken gegen Street View haben, Bilder ihres Hauses aus dem Internetdienst löschen können. Google brachte ein entsprechendes Internet-Formular auf den Weg. „Wer allerdings keinen Internet-Anschluss sein Eigen nennt, hat bislang das Nachsehen“, sagt Beate Wagner, Juristin der Verbraucherzentrale NRW. Die Verbraucherschützer bieten auf ihrer Internetseite mittlerweile einen Musterbrief an, mit dem besorgte Bürger Einspruch gegen Bilder vom eigenen Haus in Street View einlegen können. Zahlreiche schriftliche Aufforderungen ließ Google bislang unbeantwortet. Laut Datenschützer Caspar ein Unding. „Wenn Google auf solche Schreiben nicht reagiert, dann ist das nicht akzeptabel.“ Bislang habe sich das Unternehmen immer damit herausgeredet, eine fehlerfreie Identifikation des betroffenen Hauses sei nur über das Internetverfahren möglich. „Ein postalischer Widerspruch muss möglich sein“, sagt Caspar.
Juristisches Nachspiel ungewiss
Ob Street View auch ein juristisches Nachspiel haben wird, ist indes ungewiss. Bislang seien ihm keine Klagen gegen den Dienst bekannt, sagt Datenschützer Caspar. Und auch die Verbraucherzentrale winkt ab. „Wir planen bislang keine Musterklage“, so Beate Wagner. Der Ausgang eines solchen Verfahren gilt zudem als völlig offen. Google ist nämlich nicht das erste Unternehmen, dass einen virtuellen Straßenatlas im Internet anbietet. Das Landgericht Köln wies die Klage eines Anwohners ab, der sein Haus nicht im sogenannten Bilderbuch Köln veröffentlicht haben wollte. „Die Veröffentlichung von Fotos eines Wohnhauses stellt keinen Eingriff im das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, wenn der Name der Bewohner nicht erkennbar ist“, urteilten die Kölner Richter im Januar. Die Klage wurde abgewiesen.
Jetzt wollen die Länderinnenminister ein Gesetz auf den Weg bringen, dass die Rechte der Bürger stärkt und Google und andere Bilderdienste im Netz in die Schranken weist. Wann es kommen wird, ist allerdings noch ungewiss.