Essen. Der österreichische Auswanderer ging als Franz Strohsack und kam als Milliardär zurück. Der Mann, das sagen viele, die ihn kennen, ist kein Spinner, kein Hasardeur. Jetzt greift er nach Opel.
Frank Stronach ist ein großer Freund von Musicals, insbesondere dem in Bochum. Die musikalische Tanzdarbietung auf Rollschuhen Starlight Express hat es dem österreichischen Auswanderer besonders angetan. Jedenfalls war Stronach, Milliardär und Gründer des Automobilzulieferers Magna, noch im Januar während eines Besuchs in der Ruhrgebietsmetropole mehr an dem Musical interessiert als an Opel. Er denke daran, so sagte der Unternehmer damals der WAZ, das Musical nach Österreich zu exportieren. Jetzt denkt Stronach daran, Opel zu übernehmen.
Der Mann, das sagen viele, die ihn kennen, ist kein Spinner, kein Hasardeur. Sonst wäre der Mehrheitseigentümer des drittgrößten Autozulieferers der Welt nach Denso und Bosch nicht da, wo er jetzt steht. Eine schillernde Persönlichkeit ist der Mann, der 1932 als Franz Strohsack in ärmlichsten Verhältnissen in Weiz in der Steiermark geboren wurde, gleichwohl. Er liebt den Pferdesport, besitzt eine Rennbahn und 1500 Pferde, er liebt den Fußball, er fördert die Kunst und nach Austria Wien jetzt den Traditionsclub FC Wiener Neustadt, die Gewerkschaften und Betriebsräte, die liebt er aber nicht.
Fairness gegenüber den Mitarbeitern
Ganz der Patriach kümmert er sich gleichwohl um das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter. Die Arbeiter beteiligt er mit zehn Prozent am Profit, die Manager mit sechs. In einer „Magna Charta” hat er die Firmenphilosophie, die Fairness gegenüber den Mitarbeitern garantieren soll, und die Rechte der Arbeitnehmer niedergeschrieben. Bei seinem Besuch des Car Symposiums in Bochum vor wenigen Monaten sprach Stronach zu dem Thema „Sozialökonomische Gerechtigkeit als Basis erfolgreicher Unternehmen”. Streiks, findet er, „sollten in einer zivilisierten Welt nicht vorkommen”. Stronach: „Ich war selbst Arbeiter, ich weiß also, was ein Arbeiter braucht.”
Mit 21 Jahren ist der Österreicher, gelernter Werkzeugmacher, nach Kanada ausgewandert, mit 250 Dollar in der Tasche. Als Tellerwäscher in einem Krankenhaus hat er gearbeitet und als Golfballaufsammler. Heute steht die Europa-Zentrale auf einem Golfplatz im österreichischen Oberwaltersdorf. 1957 hat er als Ein-Mann-Firma seinen ersten Auftrag von General Motors erhalten.
Stronach hat's geschafft. 10.000 der insgesamt 82.000 Arbeitsplätze hat er den Österreichern beschert, indem er Mitte der neunziger Jahre die Europa-Zentrale in der Alpenrepublik ansiedelte. 1998 kaufte er die Steyr Daimler Puch AG, in Graz hat er eine Autofertigung – was Magna von anderen Systemzulieferern unterschiedet. Die G-Klasse von Mercedes, selbst entwickelte BMW X 3 und einige Jeep-Modelle für Chrysler oder der Saab 9–3 sind dort vom Band gelaufen.
Stronach gilt als eine Macht in Österreich
Stronach gilt als bestens verdrahtet, als eine Macht in Österreich. Und er agiert in seiner Personalpolitik klug. So saßen der frühere Weltbank-Präsident James Wolfensohn im Aufsichtsrat wie der frühere österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky. Und er umgibt sich mit gestandenen Automanagern in der Führung der Magna. Der ehemalige Daimler-Manager Wolfgang Bernhard ist ein Berater, der ehemalige Audi-Chef Herbert Demel führt nach einem Zwischenschritt bei Fiat Magna Steyr, die für andere Automarken produziert. Und Burkhard Göschel, ehemaliger BMW-Entwicklungschef, hat ebenfalls bei Stronach angeheuert.
Die derzeitigen Verhandlungen um die Opel-Übernahme führt Stronachs Vertrauter und Chef der Europa-Zentrale, Siegfried Wolf, auch Werkzeugmacher, auch in der Steiermark geboren.
Wolf spricht derzeit mit dem Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und bindet geschickt auch die Regierungen der betroffenen Opel-Standorte in Deutschland ein. Die Arbeitnehmervertreter wie der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel bringen Magna ein deutlich größeres Vertrauen entgegen als dem Wettbewerber und Mitbieter Fiat. Auch habe man mit Magna anders als mit Fiat bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht.
Bei Magna hält man sich derzeit bedeckt, was Opel angeht. Und in Sachen Export von Starlight Express? „Auf Managementebene hat es keine Gespräche gegeben”, heißt es in Bochum.