Berlin. Bis zu vier Millionen Privathaushalte sind überschuldet, Tendenz steigend. Die Bundesregierung lasse klamme Privatleute im Regen stehen, während sie über marode Banken einen milliardenschweren Rettungsschirm spanne, kritisieren die großen Wohlfahrts- und Sozialverbände.

Über marode Banken hat die Bundesregierung einen milliardenschweren Rettungsschirm gespannt, Otto Normalverbraucher mit finanziellen Engpässen lässt sie im Regen stehen. Auf diesen Kernvorwurf bringen die großen Sozial- und Wohlfahrtsverbände ihre Kritik an der Geschäftspolitik vieler Banken. Konsequenz: Immer mehr Bürger tappten im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise hoffnungslos in die Schuldenfalle.

Anstatt die jüngste Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank auf 1,5 Prozent zügig an die Kunden weiterzugeben hätten einige Institute die Zinsen für Dispo-Kredite sogar noch erhöht, sagte der Chef des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes, Gerd Billen. So habe die Postbank die Zinsen von 13,75 auf 14,25 Prozent angehoben. Mit dieser „unsolidarischen” Zinspolitik hätten die Banken schätzungsweise 1,3 Milliarden Euro verdient.

Inzwischen seien bis zu vier Millionen Haushalte in Deutschland überschuldet; Tendenz infolge der Wirtschaftskrise steigend, so Billen. Gemeinsam mit den Spitzenverbänden Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Diakonisches Werk und Caritas verlangen die Verbraucherschützer günstigere Kreditkonditionen für überschuldete Haushalte. Dazu müsse auf Verzugszinsen befristet verzichtet werden. Bei längeren Einkommensausfällen sollten überschuldeten Haushalten niedrigere Zinsen aneboten werden, nicht aber teure Umschuldungen.

Klagewelle in Bochum

Wegen der weltweiten Finanzkrise ist auf das Bochumer Landgericht eine Klagewelle zugeschwappt. Seit Ausbruch der Krise hätten rund 60 private Geldanleger diverse Großbanken auf Schadensersatz verklagt, weil sie sich von ihnen nicht hinreichend beraten fühlen, so Gerichtssprecher Thorsten Wienecke. „Früher waren solche Verfahren eher die Ausnahme. Seit der Finanzkrise sind das aber erheblich mehr.”

Bei den eingeklagten Summen handelt es sich im Beträge zwischen rund 10 000 und mehreren 100 000 Euro. Diese Vermögen soll in verschiedenen Fonds verbrannt worden sein, zu denen die Banken ihren Kunden geraten hätten, heißt es.

Einige Anleger sollen bereits vor diesen spekulativen Anlagen Kunden der jeweiligen Bank gewesen sein und ihr Geld in konservative, aber relativ wenig gewinnträchtige Bundesanleihen gesteckt haben. Auf Anraten von Bankmitarbeitern sollen diese Gelder dann in riskante, aber von der Rendite her verheißungsvolle Fondsstrukturen umgeleitet worden sein – mit am Ende riesigen Verlusten.

Zu einem Vergleich waren die beklagten Banken bisher offenbar nicht bereit. Zumal dies sofort Präzedenzwirkung auf andere Verfahren haben könnte.