Dortmund/Bochum. Die Städte klagen über Finanznot - ebenso wie der Warenhauskonzern Karstadt. Sollen die Kommunen also auf Einnahmen aus der Gewerbesteuer verzichten, um Karstadt zu retten? Der Dortmunder Stadtrat hat so entschieden, in Bochum dagegen regt sich Widerstand.
Die Stadt Dortmund verzichtet auf Einnahmen aus der Gewerbesteuer,um den Kaufhauskonzern Karstadt zu retten. Ein entsprechender Beschluss, den der Stadtrat am 25. März in einer nicht-öffentlichen Sitzung gefasst hatte, wurde nun bekannt. Dem Vernehmen nach entgeht Dortmund eine siebenstellige Summe.
Dass Kommunen auf Gewerbesteuern des insolventen Warenhauskonzerns verzichten sollen, stößt aber auch auf Widerstand. „Geschenke können wir nicht verteilen“, sagte der Bochumer Stadtkämmerer Manfred Busch (Grüne). Wegen der starken Verschuldung der Stadt gilt in Bochum ein sogenannter Nothaushalt. Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg wünscht sich von bundesweit knapp 90 Städten und Gemeinden finanzielle Zugeständnisse. Innerhalb der nächsten sechs Wochen benötigt Karstadt grünes Licht der meisten dieser Kommunen. Erst dann kann das Amtsgericht Essen offiziell den Insolvenzplan bestätigen, von dem eine mögliche Karstadt-Rettung abhängt.
In Duisburg wollte man sich nicht festlegen. „Wir kommentieren den Vorstoß des Insolvenzverwalters nicht“, hieß es im Büro von Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU). Auch Essens Stadtkämmerei zeigte sich skeptisch. Wie in Dortmund zeichnet sich in Bottrop Zustimmung für die Pläne von Insolvenzverwalter Görg ab.
Karstadt droht Zerschlagung
Die Lage bei Karstadt ist brenzlig. Rückblick: Es ist Punkt zwölf Uhr, als Helmut Balthasar am Montag das Szenario einer Schließung der Warenhauskette Karstadt beschreibt. „Das läuft hier unter dem Stichwort Rudis Resterampe“, sagt er während der Gläubigerversammlung in der Kantine der Essener Konzernzentrale. Würde Karstadt abgewickelt, müssten auf einen Schlag Waren im Einkaufswert von einer Milliarde Euro verramscht werden. Auf die Karstadt-Belegschaft würde eine Kündigungswelle zurollen. Für die Gläubiger des insolventen Konzerns bliebe am Ende kaum etwas übrig.
Görg spricht von einer „schweren Last“, die er dieser Tage spüre. Beim Karstadt-Schwesterkonzern Quelle war es dem 69-Jährigen schließlich nicht gelungen, einen Käufer zu finden. Das einst ehrwürdige Versandhaus gibt es nicht mehr.
Wer Görg darum bittet, die Chancen für eine Rettung von Karstadt einzuschätzen, erlebt den erfahrenen Insolvenzverwalter seltsam wortkarg. „Ich werde einen Teufel tun“, sagt er am Rande der Gläubigerversammlung. Er wolle weder „übertriebenen Optimismus“ noch „unangebrachte Skepsis“ verbreiten, erklärt der Mann, in dessen Händen das Schicksal der Kaufhauskette mit ihren rund 25.000 Beschäftigten liegt.
Beschäftigte müssen bangen
Auch das Treffen der Gläubiger hat noch keine Klarheit darüber gebracht, wohin der Weg von Karstadt geht. Die Mitarbeiter müssen sogar länger als gedacht auf Klarheit warten. Denn überraschend erhält Görg mehr Zeit, einen Käufer für das angeschlagene Unternehmen zu finden. Bislang wollte er bis zum 30. April einen neuen Eigentümer finden. Ohne Investor droht Karstadt die Zerschlagung oder eine Abwicklung. Die Gläubigerversammlung eröffnete Görg nun die Möglichkeit, dass diese Frist verlängert wird. Zuletzt hatten Gerüchte über ein geringes Interesse potenzieller Investoren die Runde gemacht.
Görgs Plan ist es, Karstadt als Ganzes mit seinen 120 Filialen an einen neuen Eigentümer zu übergeben. Dem Vernehmen nach spekulieren Finanzinvestoren dagegen auf eine Zerschlagung der Kaufhauskette. Auch der Düsseldorfer Metro-Konzern („Kaufhof“) hatte lediglich Interesse an einer bestimmten Zahl von Karstadt-Filialen bekundet. Leise deutet Görg eine Annäherung an: Er könne sich bei einem „sehr guten Angebot“ vorstellen, nur einen Teil von Karstadt zu verkaufen.
Von den Gläubigern hat Görg grünes Licht für den Insolvenzplan erhalten. 13 Warenhäuser mussten bereits die Pforten schließen, rund 1000 Stellen fielen weg.
Auch Kunstwerke werden verkauft
Einige Beschäftige hatten sich am Montag in der Karstadt-Kantine versammelt, um die Gläubigerversammlung zu verfolgen. In einer Reihe haben vier ehemalige Verkäuferinnen Platz genommen. 16, 27, 36 und 38 Jahre lang haben sie in der Karstadt-Filiale Essen-Altenessen gearbeitet. Das Haus wurde geschlossen, nachdem auch Hertie keinen Erfolg hatte. „Wir hätten eine Abfindung bekommen. Dann kam die Insolvenz dazwischen“, erzählt Barbara Schulz, die nun hofft, etwas Geld von Karstadt zu erhalten.
Auch aktive Mitarbeiter sind im Saal, unter ihnen Christa Schubert, die Betriebsratschefin aus Recklinghausen: „Wir hoffen, dass es weitergeht“, sagt sie.
Selbst wenn Görg einen Investor findet, werden die Gläubiger auf einen Großteil ihrer Forderungen von insgesamt 2,8 Milliarden Euro verzichten müssen. Um zumindest einen Teil der Ansprüche zu bedienen, sollen auch die Kunstwerke, die an den Wänden der Firmenzentrale hängen, zu Geld gemacht werden.