In der VW-Affäre wurde der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Uhl im zweiten Prozess zu 39 200 Euro Geldstrafe verurteilt. Eine Prostituierte berichtet: "Uhl wollte mich und keine andere"

Essen. 39 200 Euro - dafür hätten die in die VW-Affäre um Sexpartys auf Konzernkosten verstrickten Manager und Politiker noch so manche Lustreise veranstalten können. Diesen Betrag aber muss jetzt der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete und VW-Betriebsrat Hans-Jürgen Uhl als Geldstrafe bezahlen, wie gestern vom Amtsgericht Wolfsburg festgelegt wurde.

Gleich zum Auftakt hatte er ein Geständnis abgelegt. "Es trifft zu, dass ich während meiner Zeit als Betriebsratsmitglied Dienste von Prostituierten angenommen habe", sagte Uhl, der vor gut zwei Wochen zugegeben hatte, in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Medien die Unwahrheit gesagt zu haben.

Eine der Zeuginnen, die gegen Uhl ausgesagt hatten, war eine junge Ukrainerin namens Lola. Was Uhl zuvor eher neutral berichtete, erzählte sie dem Magazin "Vanity Fair" detailgetreu. Von einem Privathaus in Hannover, in dem sonst Pornofilme gedreht wurden, ausgestattet mit Sauna, Whirlpool, Bar und großem Wohnzimmer. An jenem Abend im November 1999 aber ging es laut Lola ohne Video zur Sache.

Im Raum sollen plötzlich VW-Vorstand Peter Hartz, VW-Konzernbetriebsratschef Klaus Volkert, Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer, Hans-Jürgen Uhl und noch ein weiterer Mann gestanden haben. "Nach dem ersten Blickkontakt war klar, dass Uhl mich wollte und keine andere. Schon nach zehn Minuten gingen wir aufs Zimmer", wird Lola zitiert.

Die Sexparty-Affäre hat Uhls berufliche Laufbahn beendet. Sein Bundestagsmandat legte er nieder, seine fast 40-jährige Mitgliedschaft in der SPD kündigte er und auch die 35-jährige Zugehörigkeit zur IG Metall. "In der Zeit der Betriebsratstätigkeit ist eine Atmosphäre entstanden, die mich die Bodenhaftung hat verlieren lassen", sagte Uhl. 5000 Euro habe er an VW zur pauschalen Wiedergutmachung überwiesen.

#14Das Amtsgericht wertete in seiner Urteilsbegründung die Tatsache als strafverschärfend, dass Uhl Bundestagsabgeordneter war und damit eine Vorbildfunktion hätte haben müssen. Strafmildernd schlug sich das Geständnis Uhls sowie der Umstand nieder, dass das Unternehmen die fraglichen Lustreisen regelrecht organisiert hatte. Es wäre vor diesem Hintergrund "relativ schwierig gewesen, der Versuchung zu widerstehen", sagte Amtsrichter Heiner Dickhuth.

Der Besuch in dem Hannoveraner Privathaus war aber nur einer von vielen Kontakten mit Prostituierten. Darauf lassen zumindest die Aussagen Gebauers schließen, der im Prozess als Zeuge ausgesagt hatte. Etwa seit 1993, seit Hartz bei VW war, sei das "Beiprogramm" mit Prostituierten "normaler Bestandteil einer Sitzung" geworden. Er selbst sei mit dem früheren Betriebsratschef Klaus Volkert zu VW-Standorten in der Welt gereist, habe vor Treffen ein Beiprogramm organisiert und auch getestet. "Wir sind nicht dorthin gefahren, wo nichts los war", sagte Gebauer unter Gelächter des Publikums.

Schon bald könnte es in der VW-Affäre ein weiteres Verfahren geben. Laut Staatsanwaltschaft fällt demnächst die Entscheidung über eine Anklage gegen den Betriebsrat und niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Günter Lenz. Gebauer zufolge war Lenz an Bordellbesuchen beteiligt: "Die Unterorganisation hat Lenz übernommen", sagte Gebauer. In seiner Partei steht Lenz offenbar kurz vor dem Rücktritt. Wenige Monate vor der Landtagswahl in Niedersachsen forderte SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner ihn gestern auf, sein Mandat niederzulegen. Lenz habe zugesagt, bis morgen eine Entscheidung zu treffen.