Berlin. Die Erdwärmepumpe führt ein Nischendasein. Experten erklären, warum der Marktanteil zunehmen wird und was sich ändern muss.

Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wollen immer mehr Deutsche die Sache mit der Energie selbst in die Hand nehmen – und so unabhängig werden. Beim Heizen geht das besonders gut mit einer Wärmepumpe. Doch gerade um die besonders effektiven Erdwärmepumpen machen viele Verbraucher einen Bogen. Das will die Politik nun angehen. Wichtige Fragen und Antworten.

Wie funktioniert eine Erdwärmepumpe?

Sie wollen die Heizung austauschen?Alternative zur Wärmepumpe – Experten über das nächste große Ding

Erdreich-Wärmepumpen nutzen die oberflächennahe Erdwärme als Wärmequelle. Die Technik bedient sich also des natürlichen Temperaturniveaus im Boden, das abhängig von den klimatischen und geologischen Verhältnissen in Mitteleuropa bei etwa zehn Grad Celsius liegt. „Der Temperaturunterschied zwischen Wärmequelle und Vorlauftemperatur der Heizung ist damit auch im Winter gering, was einen effizienten Betrieb der Wärmepumpe erlaubt“, heißt es vom Bundesverband Wärmepumpe (BWP) dazu.

Welche Vorteile hat die Technik?

„Der Hauptvorteil ist die höhere Arbeitszahl. Das heißt, für die gleiche Heizenergiemenge wird weniger Elektrizität benötigt“, erklärt der Experte für Energiewirtschaft, Christoph Weber, von der Universität Duisburg-Essen. Weber zufolge zeige sich das besonders im Effizienzvergleich zu einer gängigen Luft-Wasser-Wärmepumpe. Gemessen wird die Performance an den sogenannten Jahresarbeitszahlen (JAZ). Der Wert beschreibt die Effizienz des gesamten Heizsystems über ein Jahr und ist die wichtigste Größe zur Angabe der Wirksamkeit.

Die Erdwärmepumpen kommen dabei Angaben des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) zufolge auf einen JAZ-Wert von 5,0 oder höher. Luft-Wasser-Wärmepumpen erreichen hingegen nur JAZ von etwa 3,0 bis 4,0. Das liegt vor allem daran, dass die Temperatur der Luft schwankt und besonders in der Heizperiode meist niedriger ist. Im Inneren der Erde hingegen bleibt die Temperatur hingegen relativ konstant.

Und welche Nachteile gibt es?

„Der größte Nachteil sind die höheren Anschaffungskosten. Denn es muss entweder für eine Erdwärmesonde 50 Meter und mehr in die Tiefe gebohrt oder eine größere Fläche auf dem Grundstück für einen Erdwärmekollektor aufgebaggert werden“, sagt Experte Weber. Das heißt, nicht nur für die Technik können Kosten in Höhe von bis zu 15.000 Euro auf Eigenheimbesitzer zukommen, sondern auch für die Bohrung, die weitere 10.000 Euro kosten kann.

Mit Blick auf die Kosten heißt es vom Heizungsindustrieverband BDH, viele Verbraucher denken nicht langfristig genug: „Die günstigeren Betriebskosten einer Erdreich-Wärmepumpe durch den geringeren Stromverbrauch liegen für den Endkunden noch ‚weit in der Zukunft‘ und werden bei der Investitionsentscheidung nur selten mitgedacht.“ Grundsätzlich sei es daher sinnvoll, einen stärkeren Fokus auf die sogenannten LCA-Kosten (Lebenszykluskosten) zu legen. Diese würden nicht nur die reinen Anschaffungskosten, sondern auch die Verbrauchskosten über die gesamte Lebensdauer miteinbeziehen. „So kann zum Beispiel eine Erdsondenbohrung weit über 50 Jahre genutzt werden und damit die Lebensdauer der eigentlichen Wärmepumpe weit überschreiten“, so der Verband.

Bei Bohrungen besteht das Risiko, nicht erfolgreich zu sein.
Christoph Weber, - Experte für Energiewirtschaft an der Universität Duisburg-Essen

Experte Christoph Weber weist aber auf Unsicherheiten in Bezug auf das Erdreich hin. „Bei Bohrungen besteht das Risiko, nicht erfolgreich zu sein“, so der Experte für Energiewirtschaft. Risiken seien zum Beispiel, dass letztlich weniger Wärme als erwartet bereitgestellt werden könne, oder auch, dass man auf quellfähige Tone oder Fließsande im Boden treffe, die dann das Einbringen der Erdwärmesonden verhinderten. Absichern können sich Verbraucher aber über Versicherungen, die auch für den Fall greifen, dass die Bohrung Schäden in der Nachbarschaft verursacht.

Die Bohrungen sind zudem genehmigungspflichtig, was durchaus einen gewissen bürokratischen Aufwand mit sich bringt. Und: Regelungen dazu sind in den Bundesländern unterschiedlich. Der BWP fordert deswegen schon länger, dass die Länder ihre Restriktionen überarbeiten, reduzieren und bundesweit vereinheitlichen.

Warum sind die Behörden so vorsichtig mit Blick auf die Bohrungen?

Das liegt vor allem daran, dass es zu Schäden wie Rissen an Bauwerken, Überflutungen, verunreinigtem Grundwasser oder sogar Beeinträchtigungen bei der Trinkwasserversorgung kommen kann. Die Branche selbst hält das für unbegründet und verweist auf eine Untersuchung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Den Forschern zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit für Schäden durch Erdwärmesonden bei 0,002 Prozent pro Jahr. Ganz ausschließen kann man sie offenbar aber nicht.

Wie viele Erdwärmepumpen wurden in den vergangenen Jahren in Deutschland eingebaut?

Die Technik führt ein Nischendasein. Entsprechende Zahlen liefert der BDH: Im Jahr 2022 wurden dem Verband zufolge 236.000 Wärmepumpen in Deutschland verkauft, davon 205.000 Luft-Wasser-Wärmepumpen und 31.000 Erdreich-Wärmepumpen.

2023 installierten deutsche Eigenheimbesitzer 356.000 Wärmepumpen, davon waren 330.000 Luft-Wasser- und 26.000 Erdreich-Wärmepumpen. Das prozentuale Wachstum der Wärmepumpen um 51 Prozent im Jahr 2023 komme ausschließlich aus dem Segment der Luft-Wasser-Wärmepumpen, so der Verband.

In Deutschland liegt der Marktanteil der Erdwärmepumpen demnach bei unter zehn Prozent. Andere Länder seien durchaus weiter, sagt Experte Christoph Werber. Er verweist auf die Schweiz, wo gut ein Viertel der installierten Wärmepumpen mit Geothermie arbeiten. „Ich erwarte, dass der Marktanteil auch in Deutschland zunehmen wird, vor allem wenn es mit zunehmender Verbreitung gelingt, die Kosten und Genehmigungshürden für die Erdwärmebohrungen zu senken“, sagt der Professor.

Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe steht vor einem Wohnhaus.
Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe steht vor einem Wohnhaus. © picture alliance/dpa | Silas Stein

Welche Forderungen hat die Branche?

Der BWP fordert eine grundsätzlich positive Einstellung gegenüber der Geothermie. „Es geht oft um den Besorgnisgrundsatz. Das heißt, allein die Tatsache, dass ein Schaden auftreten könnte und nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden kann, führt zu ablehnenden Bescheiden“, sagt Verbandsgeschäftsführer Martin Sabel. Neben weniger Restriktionen und schnellerem Verwaltungshandeln fordert Sabel auch eine bessere geologische Datenbasis. „Landesdienste müssen die Daten des Untergrundes bis 200 Meter Tiefe kurzfristig und diejenigen bis 400 Meter mittelfristig flächendeckend offen und digital bereitstellen“, so der BWP-Chef. Darüber hinaus brauche es mehr Kapazitäten bei ausführenden Unternehmen. Im Bohrhandwerk fehlen dem BWP zufolge kurzfristig 2.500 Bohrgeräte und mehr als 6000 Fachkräfte.

Was will die Politik tun?

„Gerade für die oberflächennahe Erdwärme planen wir als Ampel große Erleichterungen, indem im Rahmen des vierten Bürokratieentlastungsgetzes Geothermie bis 400 Meter Tiefe grundsätzlich aus dem Bergrecht ausgenommen werden soll“, so der SPD-Energiepolitiker Andreas Mehltretter. Auch Grüne und FDP verweisen auf vereinfachte Genehmigungen. Reaktionszeiten der Ämter müssten zudem schneller werden, sagt der FDP-Abgeordnete Konrad Stockmeier. „Hier müssen Bundesländer und Kommunen ihre Hausaufgaben machen und Ämter personell so ausstatten, dass die Anträge zügig bearbeitet werden.“

 WärmepumpeGasheizung
EnergiequelleLuft, Erde oder WasserErdgas, Flüssiggas, Biomethan (Biogas), Wasserstoff (H2-ready)
UmweltfreundlichkeitHoch – nutzt ausschließlich erneuerbare EnergienNiedrig – erzeugt CO2
AnschaffungskostenHochNiedrig
BetriebskostenNiedriger – gekoppelt an StrompreisHöher – gekoppelt an Brennstoffpreise
WirkungsgradHoch – bis zu 300 bis 400 Prozent unter optimalen BedingungenNiedriger – zwischen 90 bis 95 Prozent bei modernen Anlagen
LebensdauerLänger – bis zu 20 JahreKürzer – rund 10 bis 15 Jahre
InstallationKomplexer – insbesondere bei Erd- und GrundwasserbohrungEinfacher – keine zusätzliche Infrastruktur nötig
WartungGeringerHöher
PlatzbedarfKann höher sein – primär bei ErdwärmepumpenMeist niedriger
FörderungHoch – es gibt eine staatliche Förderung für Wärmepumpen von bis zu 40 Prozent der GesamtkostenKeine Förderung für klassische Gastherme – unter Umständen wird aber der erneuerbare Anteil (H2-ready) gefördert
CO2-Preisspielt keine RolleSoll in den kommenden Jahren ansteigen – die Folge: Fossile Brennstoffe werden teurer.