Bochum. Bochumer Mediziner Dietrich Grönemeyer hat mit anderen einen Gesundheitsfonds aufgelegt. Er will damit Produktion nach Europa zurückholen.
Investmentfonds gibt es wie Sand am Meer. Mit Gesundheitsthemen beschäftigen sich allerdings nur wenige. Einer sitzt in Bochum-Wattenscheid und trägt den Namen eines prominenten Mediziners aus dem Ruhrgebiet. Beim Corona-Impfstoffhersteller Biontech war der Grönemeyer Gesundheitsfonds Nachhaltig aber nur kurz investiert. Das sind die Gründe.
Auch wenn Dietrich Grönemeyer seine aktive Zeit als Mediziner beendet hat und jetzt Bücher schreibt, Vorträge hält, Start-ups und Unternehmen finanziell unterstützt, ist er Arzt mit Leib und Seele geblieben. Die Lage des Gesundheitssystems erfüllt ihn mit Sorge. „Bei rund 500 Medikamenten gibt es in Deutschland aktuell Engpässe. Das ist schlichtweg eine Katastrophe“, nennt der Professor aus Bochum nur einen Missstand und benennt auch einen Ausweg. „Es ist unser Ziel, wieder eine Arznei-Produktion sowie Arzneimittelreserve in Europa aufzubauen, um die Abhängigkeit etwa in der Antibiotikaproduktion von China oder Indien zu beenden.“
Weil das viel Geld kostet, hat Grönemeyer mit seinem Sohn Till und anderen gleich nach Ausbruch der Corona-Pandemie im Winter 2020 einen millionenschweren Fonds gegründet, der das Gesundheitswesen nachhaltiger machen soll. „Wir sind mit rund 3,6 Millionen Euro gestartet und konnten dank des großen Zuspruches bereits nach 24 Monaten einen zweistelligen Millionenbetrag einwerben“, sagt Christian Exner, der gemeinsam mit Steffen Blaudszun das Wattenscheider Asset-Management-Unternehmen Eichkatz betreibt.
Inzwischen ist der Grönemeyer-Fonds mit 24 Millionen Euro gefüllt. „Zu unseren Investoren gehören unter anderem der Pensionsfonds des Bergbaus, aber auch Sterbekassen“, gibt Blaudzun einen Einblick ins Innere. Zu den Gesellschaftern gehören unter anderem der Volkswohlbund, der HDI und mehrere kleinere Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen aus dem Ruhrgebiet.: „In der Niedrigzinsphase haben wir immerhin 8,2 Prozent ausgeschüttet. Das kann sich doch wirklich sehen lassen“, so der Fondsmanager, den sein Kollege Exner in der Auffassung unterstützt: „Gesundheit ist ein absoluter Wachstumsmarkt und jeder kann mit Gesundheit gutes Geld verdienen, das wollen wir ermöglichen.“ Allein schon, weil die Menschen im Schnitt immer länger lebten. „Die Zahl der über 70-Jährigen wird sich innerhalb von 20 Jahren verdoppeln. Das Thema alternde Gesellschaft findet bei den Gesundheitsfonds aber nicht statt, bei uns schon“, meint Exner.
Grönemeyer-Fonds war auch bei Biontech eingestiegen
Zu den ersten Engagements des frisch aufgelegten Fonds gehörte auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, als weder Schutzmasken noch ein Impfstoff auf dem Markt waren, der Einstieg bei Biontech. „Wir haben aber Vorsicht walten lassen und sind dort schnell wieder ausgestiegen. Die Gefahr, dass die Aktie überhitzt und einbrechen könnte, war einfach zu groß“, erklärt Till Grönemeyer. „Es gehört zu unseren Prinzipien, dass wir nicht in Unternehmen investieren, die nur auf ein Produkt setzen.“
So war es aber seinerzeit bei Biontech. Das Unternehmen aus Mainz hatte ja eigentlich das Ziel, ein Medikament gegen Krebs zu entwickeln. Auf die – erfolgreiche – Suche nach einem Corona-Impfstoff machte sich das Ehepaar Özlem Türeci und Ugur Sahin nur, weil sich Deutschland und die Welt in einer absoluten Notsituation befanden.
Die Investoren aus Wattenscheid haben längst ein viel breiteres Spektrum im Blick. „Uns geht es darum, Menschen, die an Krebs, Diabetes, Allergien, Herz- oder Rückenerkrankungen leiden, die beste und innovativste medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Deshalb unterstützen wir zum Beispiel Unternehmen, die Antibiotika oder Naturheilmittel herstellen, aber auch solche, die die Robotik vorantreiben“, sagt Dietrich Grönemeyer. Forschung und Produktion kosteten viel Geld. „Spitzenmedizin und Forschung benötigen Investitionen. Ohne Steuergelder hätte Biontech nicht so schnell einen Corona-Impfstoff entwickeln können“, betont Fondsmanager Blaudszun. „Wir stellen das dringend benötigte Kapital bereit, um Medizin zu verändern, zu steuern und zu entwickeln.“
Till Grönemeyer: 360-Grad-Blick auf die Medizin
Im Gegensatz zu Biontech liegen die Unternehmen, die der Wattenscheider Fonds unterstützt, zumeist nicht in Deutschland. „Die meisten Innovationen kommen aus den USA. Start-ups gehen dort damit rasch an die Börse“, sagt Till Grönemeyer. Hierzulande habe bislang aber auch „ein umfassender Gesundheitsfonds mit einem 360-Grad-Blick, der die Medizin ganzheitlich ins Visier nimmt“ gefehlt. Die eine Hälfte des Geldes fließe deshalb in US-Firmen, die andere nach Europa.
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Bei aller internationaler Ausrichtung wollen die Macher des Grönemeyer-Fonds erst gar nicht ihren Heimatstolz verbergen. „Es ist schön, dass auch im Herzen des Ruhrgebiets und abseits der Bankenmetropolen ein derartiger Fonds möglich ist“, lächelt Manager Exner, „insbesondere mit Prof. Dr. Grönemeyer als absoluten Überzeugungstäter in Sachen Gesundheit“.
>>> Beteiligungen des Grönemeyer-Gesundheitsfonds
Der Grönemeyer Gesundheitsfonds Nachhaltig ist an einer Reihe von Unternehmen beteiligt, die sich mit den großen Volkskrankheiten Diabetes, Herz-Kreislauf und Krebs, aber auch dem Zukunftsthema gesunde Ernährung beschäftigen. Zu den Top 10 der Engagements gehören der Pharmazie-Hersteller Ipsen in München, die Wiesbadener Abbot Laboratories (medizinische Ernährung), Eli Lilly (USA, Diabetes) und Medtronic PLC (Meerbusch, Medizintechnik).