Berlin. Enge Gesetze, die Taxibranche: Uber hatte hierzulande einen schweren Stand. Das habe sich geändert, beteuert der Deutschland-Chef.

Nach einem Jahrzehnt in Deutschland sieht sich der US-amerikanische Fahrtenvermittler Uber hierzulande angekommen. Im Interview spricht der Deutschland-Chef des Unternehmens, Christoph Weigler, über den anhaltenden Zwist mit dem Taxigewerbe, lästige Regulierungen und den Einfluss des Deutschlandtickets auf das eigene Geschäft.

Herr Weigler, seit zehn Jahren gibt es Uber in Deutschland. In der Anfangszeit wurde die Plattform unter anderem in Berlin gerichtlich verboten, immer wieder wurde vor Gericht gestritten, ob das Angebot eigentlich legal ist. Wie steht Uber in Deutschland heute da?

Christoph Weigler: Heute sind wir fester Bestandteil des städtischen Lebens und des Alltags vieler Menschen in Deutschland. Das war am Anfang sicher nicht so. Jetzt sind wir in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das betrifft übrigens auch das Verhältnis zu vielen Städten. Zum Start gab es viele Reibungspunkte. Mittlerweile sind wir zahlreiche Partnerschaften eingegangen. Mit Hamburg haben wir zum Beispiel zusammen in Elektrotaxis investiert.

Uber vermittelt als Plattform Fahrten an Mietwagenfirmen. Das Geschäft wird von großen Teilen der Taxibranche kritisch gesehen, weil Sie Fahrten zum Teil deutlich günstiger anbieten. Würden Sie darauf wetten, dass es Taxis in zehn Jahren noch gibt?

Klar, darauf würde ich wetten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es Taxis auch noch in zehn Jahren gibt, liegt aus meiner Sicht bei einhundert Prozent. Die sinkende Zahl an Taxis hat nicht in erster Linie etwas mit Uber zu tun. Auch in vielen deutschen Städten, in denen wir überhaupt nicht aktiv sind, haben Taxiunternehmen einen schweren Stand. Ich denke, die Ursache liegt darin, dass das Angebot nicht immer das erfüllt, was die Konsumenten eigentlich wollen.

Wie können Taxifahrten attraktiver werden?

Indem die Branche den geltenden Rechtsrahmen ausnutzt. So wie es die Stadt München zum Beispiel getan hat. Dort gibt es mittlerweile eine preisliche Flexibilität und auch Festpreise für Taxis. Bei einer vorbestellten Fahrt ist jetzt egal, ob man im Stau steht oder einen Umweg fahren muss. Ein Punkt, der Konsumenten bei Taxifahrten abschreckt, ist, dass man nicht weiß, was es kostet. Gerade jüngere Kunden sind das nicht mehr gewohnt. Die Lösung für die Herausforderungen im Taxigewerbe ist es nicht, alles so sein zu lassen, wie es bisher war, und andere Marktbegleiter zu regulieren. Sondern die Lösung ist, alle Möglichkeiten zu nutzen, die Produkte attraktiver zu machen.

Dennoch ist der Preisdruck enorm. Können Taxis und von Uber vermittelte Mietwagen nebeneinander existieren?

Ich bin überzeugt, dass wir die beste Vermittlungstechnologie für On-Demand-Verkehr anbieten, die es auf der Welt gibt. Wir wollen möglichst alle Mobilitätsangebote, die es gibt, auch Taxis, darin integrieren. Es gibt aus meiner Sicht keinen wirklichen Konflikt zwischen Mietwagen und Taxis. Wir wollen das vermitteln, was die Kunden wollen. Dabei ist es uns grundsätzlich egal, um welches Transportmittel es sich handelt.

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Christoph Weigler steht in Deutschland seit 2016 an der Spitze von Uber. Zuvor arbeitete er für eine Unternehmensberatung. Uber wurde 2009 im kalifornischen San Francisco gegründet. Per Smartphone-App vermittelt das Unternehmen mittlerweile nicht mehr nur Fahrten, sondern auch andere Mobilitätsangebote und Essenslieferungen. Unternehmensangaben zufolge ist Uber in mehr als 10.000 Städten in 71 Ländern aktiv. In Deutschland gibt es Uber seit 2014.

Die Taxibranche fordert jedoch schon länger Mindestpreise für Anbieter wie Uber. Wie bewerten Sie das?

Ein Produkt, das möglicherweise nicht mehr so gut von Konsumenten angenommen wird, wird nicht attraktiver, indem man andere Angebote im Preis reguliert.

Die Bundesregierung hat Mindestpreise für Mietwagenfirmen im neuen Personenbeförderungsgesetz aber grundsätzlich ermöglicht. Bislang haben zwei Kommunen diese Option genutzt: Lörrach und Leipzig. Rechnen Sie damit, dass weitere nachziehen?

Ich bezweifle das stark und bin auch überzeugt davon, dass das nicht auf rechtlich gesichertem Boden passiert ist. Denn die Hürden liegen dafür schon relativ hoch. Es gibt zudem wohl kaum traditionelle Angebote, die kundenfreundlicher oder besser werden, indem der Staat in die Preisbildung eingreift.

Auch die Rückkehrpflicht für Mietwagen ist nach wie vor gesetzlich vorgeschrieben. Wie kontrollieren Sie, dass das auch eingehalten wird?

Dass die Autos hier nach einer Fahrt leer zum Betriebssitz zurückkehren müssen, kann man in anderen Ländern niemanden erklären. Aber es ist deutsches Recht und wir tun unser Möglichstes, dass das auch eingehalten wird. Wir sind der einzige Anbieter im Markt, der hierfür eine technologische Lösung entwickelt hat. Über unsere App werden grundsätzlich nur Fahrten an Autos vermittelt, die sich auf dem Rückweg zum Betriebssitz befinden oder vorab schon einen neuen Auftrag erhalten haben. Das ist eine rein deutsche Lösung, die wir schon vor einigen Jahren aufgesetzt haben. Andere Marktteilnehmer haben solch eine Technik nicht. Wir hingegen haben übrigens auch darüber hinaus viel dafür getan, dass dieser ganze Sektor deutlich rechtskonformer ist: zum Beispiel durch die Einführung von bargeldlosen Zahlungen im großen Stil.

Ist die Zusammenarbeit mit Uber für Mietwagenfirmen, die sich an alle Gesetze halten, denn überhaupt wirtschaftlich tragfähig angesichts Ihrer Vermittlungsgebühren?

Ich kann meine Hand dafür ins Feuer legen, dass es mit uns möglich ist, rechtskonform und wirtschaftlich zusammenzuarbeiten.

Wie hoch ist denn Ihre Vermittlungsgebühr?

So gut wie alle unsere Partnerfirmen sind zufrieden. Die Vermittlungsgebühr liegt zwischen 7 und 25 Prozent. Was mir immer zu kurz kommt in dieser Diskussion, ist, dass der wesentliche Faktor in unserem Geschäft die Auslastung ist. Bei Taxis sitzt drei Viertel der Zeit kein Fahrgast mit im Auto. Bei uns liegt die Auslastung über das gesamte Jahr bei mehr als 50 Prozent. Dass bei doppelt so hoher Auslastung auch mal günstigere Preise aufgerufen werden können und man trotzdem erfolgreich ist, kann sich jeder ausrechnen.

Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler: „Wir können nicht die staatliche Kontrollpflicht übernehmen.“
Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler: „Wir können nicht die staatliche Kontrollpflicht übernehmen.“ © MALTE JAEGER | MALTE JAEGER

Sieht es Uber als Aufgabe an zu kontrollieren, ob den Fahrern Mindestlohn gezahlt wird und Arbeitszeiten eingehalten werden?

Wir haben natürlich ein hohes Interesse daran, dass sich alle unsere Geschäftspartner an die geltenden Gesetze halten. Wenn uns Vorwürfe bekannt werden, schauen wir uns das genau an und ziehen Konsequenzen. Wir nehmen das sehr ernst. Nichtsdestotrotz können wir nicht die staatliche Kontrollpflicht übernehmen. Dafür gibt es Behörden, mit denen wir eng zusammenarbeiten.

Wie sehen Sie das 49-Euro-Ticket? Ist es für Sie geschäftsschädigend, wenn Menschen durch ein günstiges Ticket den ÖPNV nutzen und auf Uber verzichten können?

Wir sehen das genaue Gegenteil. Die Nachfrage an Haltestellen ist bei uns nach Einführung des 49-Euro-Tickets um 25 Prozent gestiegen. Das Ticket ist richtig, weil es das Tarifdickicht durchschlägt. Wir glauben, dass wir mit einem starken ÖPNV besser sind als ohne.

Verzichten die Menschen wegen Anbietern wie Uber auf ein eigenes Auto?

Etwa ein Drittel der Uber-Nutzer sagen uns, dass sie gar kein eigenes mehr haben. Aber das ist auch vom Alter abhängig. Generell können eher jüngere Nutzer auf ein eigenes Fahrzeug verzichten.

Das autonome Fahren kann ein Baustein der Zukunft für einen modernen ÖPNV sein. Können Sie einschätzen, wann wir fahrerlose Autos bei Uber in Deutschland sehen werden?

In einigen Städten in den USA ist das Bestellen von autonomen Fahrzeugen über die Uber-App schon Realität. In Deutschland wird zwar immer gesagt, der regulatorische Rahmen sei sehr gut. In Wahrheit passiert aber noch nicht viel. Daher glaube ich nicht, dass es in Deutschland ganz bald passieren wird. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Zukunft der Mobilität grün, geteilt und autonom ist. Alle Anbieter sind gefragt, diesen Wandel erfolgreich zu gestalten.

Für das Entertainment-Areal im Berliner Bezirk Friedrichshain hat der US-Konzern Uber die Namensrechte gekauft.
Für das Entertainment-Areal im Berliner Bezirk Friedrichshain hat der US-Konzern Uber die Namensrechte gekauft. © Uber | Uber

Uber kauft die Namensrechte an einem großen Entertainment-Areal in Berlin. Warum?

Das ist richtig. Die Mercedes-Benz-Arena in Berlin wird ab 22. März zur „Uber Arena“ und die Verti Music Hall zur „Uber Eats Music Hall“. Auch der Platz vor den Gebäuden wird künftig „Uber Platz“ heißen. Uns geht es dabei nicht allein um die Namensrechte. Wir wollen vielmehr die An- und Abreise zu den Veranstaltungsorten verbessern und auch in den Hallen selbst digitale Lösungen anbieten, um ein neues Eventerlebnis zu schaffen.