Berlin. Kinder sollten frühzeitig den Umgang mit Geld lernen – auch, um sich langfristig vor Schulden zu schützen. Heute geht das auch digital.

Nils Feigenwinter hat als Zehnjähriger das Kinderprogramm im öffentlich-rechtlichen Fernsehen der Schweiz moderiert, mit 13 wurde er der wohl jüngste Unternehmensberater seines Heimatlandes, gründete mit 15 die erste digitale Schüler- und Studentenzeitung und später dann auch noch einen Verlag für Kindermedien.

Heute sitzt Feigenwinter, mittlerweile 23 Jahre alt, in einem Büro am Rosenthaler Platz in Berlin-Mitte und blickt mit Sorge darauf, wie Kinder und Jugendliche mit Geld umgehen. Oft, sagt Feigenwinter, hätten schon seine Altersgenossen Schulden angehäuft. Mitunter, so seine Analyse, liege das auch an Fehlern, die Eltern im Umgang mit Taschengeld begangen hätten.

Taschengeld: Geld digital senden, Ausgaben im Blick behalten

Mit seiner vor zwei Jahren gegründeten Firma ist der Schweizer nun angetreten, das Thema Geld verstärkt in Familien zu tragen. Er wolle Jung und Alt „geldklug“ machen, sagt Freigenwinter. Das soll vor allem digital funktionieren, so der junge Gründer mit Blick auf sein Unternehmen, das er schlicht Bling getauft hat. Und auch wenn Nils Feigenwinter weiterhin auf den Umgang mit Münzen Wert legt, setzt das Berliner Start-up auf eine Plastikkarte und eine App. „Taschengeld 2.0“, sagt der Jung-Unternehmer.

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Das geht so: Über die Smartphone-Anwendung können Eltern Geld an ihre Kinder schicken. Der Nachwuchs wiederum kann das Taschengeld mit der Kindervariante der App verwalten und zum Beispiel für Sparziele zurücklegen. Gleichzeitig lassen sich elektronisch Ausgaben im Blick behalten, die Kinder mit der Bling-Bankkarte tätigen. Schulden machen – geht nicht. Nur das, was auf der Karte ist, kann auch ausgegeben werden.

Taschengeld 2.0: Was die Bling-Karte im Monat kostet

Bling arbeitet mit dem Kreditkartenunternehmen Mastercard zusammen. Das Zahlungsmittel wird daher nahezu überall akzeptiert. Online-Zahlungen können Eltern über die App deaktivieren. Nicht jugendfreie Angebote wie Online-Glücksspiele und auch das Bezahlen über Finanzdienstleister wie Klarna oder Paypal sind von vorneherein gesperrt. 2,99 Euro pro Karte im Monat kostet das Bling-Angebot, das Angaben des Unternehmens zufolge von 50.000 Familien genutzt wird. Zusätzlich lässt sich auch langfristig in Fonds investieren, für den Führerschein des Nachwuchses zum Beispiel.

Kindern den verantwortungsvollen Umgang mit Geld beizubringen, ist das Ziel von Bling. Studien bescheinigen in dem Bereich Nachholbedarf. So hat gerade mal die Hälfte der Kinder einer Untersuchung von Mastercard und Bling zufolge einen Überblick über die eigene Verwendung des Taschengelds.

Finanzen: Kinder sollten frühzeitig eingebunden werden

Weil es bei der Frage, wofür das Geld ausgegeben wird, nicht immer die Zustimmung der Eltern gibt, wird auch mal geschummelt: Fast vier von zehn befragten Kindern zwischen 10 und 18 Jahren gaben an, dass sie schon mal einen Online-Bezahldienst verwendet und dabei einen Account mit falschen Altersangaben eröffnet haben. Ein Drittel der befragten Eltern sagt, dass ihre Kinder ihre Zahlungsdaten und ihr Geld, ohne vorher zu fragen, für Internet-Bestellungen genutzt haben. Das sollte nicht so sein, findet Nils Feigenwinter.

Damit Kinder frühzeitig den Umgang mit Geld lernen, regt er an, im Familienkreis stets offen über das Thema zu sprechen. „Das Geld der eigenen Familie darf einfach kein Tabuthema sein. Kinder sollten wissen, wie sich der Haushalt, in dem sie leben, finanziert“, erklärt er. Etwa ab zwölf Jahren dürfe der Nachwuchs auch das Gehalt der Eltern kennen. Gleichzeitig sollten Kinder auch an der Kalkulation der familiären Lebensführung beteiligt werden.

Taschengeld und Budgetgeld: Das ist der Unterschied

Schon in jüngeren Jahren können Kinder lernen, Geld und seine Bedeutung zu verstehen. Feigenwinter verweist auf das spielerische Einkaufen zum Beispiel mit alten Münzen. „Wenn ich verstehe, Dinge kosten Geld, und dann auch noch lerne, das Geld, was ich gerade in der Hand habe, in Relation zu setzen zu dem, was man dafür bekommt, ist viel gewonnen“, erklärt er. Der Taschengeld-Experte empfiehlt deshalb auch, den Nachwuchs früh mit zum Einkaufen zu nehmen oder gemeinsam im Internet die Supermarkt-Bestellung zu tätigen.

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Für ältere Kinder um das zwölfte Lebensjahr empfiehlt Feigenwinter auch das sogenannte Budgetgeld. Monatlich könnten Eltern dann für Ausgaben in den Bereichen Frisör, Kleidung, Verpflegung, ÖPNV, Mobilfunk und Verbrauchsgüter zusätzlich einige Euro zur Verfügung stellen. „Das Kind lernt, dadurch Prioritäten zu setzen und Geld zu koordinieren“, sagt der Gründer. Zudem müsse nicht bei jedem Kaufinteresse sofort bei Mama und Papa vorgesprochen werden.

Bundesbildungsministerin will mehr über Geld sprechen – auch in der Schule

Wenn es um den Umgang mit Geld geht, seien aber auch die Eltern gefragt, Fehler zu vermeiden. Das beginne mit der Disziplin, die meist wöchentliche Zahlung nicht zu vergessen. Taschengeld sollte Kindern zudem niemals als Sanktion wieder weggenommen werden, sagt Feigenwinter. „Es geht darum, Kindern ein Verständnis entwickeln zu lassen, dass das wirklich das eigene Geld ist. Und auf dem eigenen Bankkonto der Eltern wird das Gehalt im Normalfall ja auch nicht wieder eingezogen“, so der Experte. Für eine schlechte Idee hält der Bling-Gründer auch die Koppelung des Taschengelds an Schulnoten. „Man wird in der Schule selten besser durch Geld. Schulnoten haben eigentlich keinen monetären Wert. Was man stattdessen damit erreicht, ist Kinder zusätzlich unter Druck zu setzen“, erklärt Nils Feigenwinter.

Kinder und Eltern „geldklug“ machen: Bling-Gründer Nils Feigenwinter.
Kinder und Eltern „geldklug“ machen: Bling-Gründer Nils Feigenwinter. © © Dan Zoubek www.danzoubek.de | Dan Zoubek

Die Schule aber sollte durchaus stärker als bislang eine Rolle in Sachen Finanzbildung spielen, findet nicht nur der Unternehmer. „Für mich gehören ökonomische Bildungsinhalte ganz klar auch in den Schulunterricht“, sagt etwa Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger unserer Redaktion. Weiterhin sei es aber auch wichtig, bei Eltern ein Bewusstsein für diese Thematik zu schaffen. „Über Geld sollte mehr geredet werden“, so die FDP-Politikerin.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) spricht sich dafür aus: „Ich mache mich schon lange für ein Schulfach Wirtschaft stark, das finanzielles, aber auch unternehmerisches Wissen vermittelt. Das gehört für mich dazu, um den Kindern und Jugendlichen das Rüstzeug für eigene, selbstbestimmte Entscheidungen mitzugeben. In NRW wurde das mit liberaler Beteiligung eingeführt. Das können wir auf Bundesebene aber nicht entscheiden“, so Lindner zu unserer Redaktion.

Kinder und Jugendliche halten die Schule jedoch nicht unbedingt für den besten Ort dafür. Laut der Befragung von Mastercard und Bling nennen gerade mal elf Prozent Lehrkräfte als Informationsquelle für finanzielle Fragen. Damit landet die Schule noch hinter Social-Media-Influencern mit 14 Prozent. Geht es um Finanzwissen, ist für den Großteil der Kinder das eigene Elternhaus Ratgeber Nummer eins (78 Prozent).