Elektronikkonzern fordert von zehn ehemaligen Topmanagern Schadensersatz in Millionenhöhe. Einigung zum Stellenabbau: Siemens #14verzichtet #5auf betriebsbedingte Kündigungen, will bis 2010 keine Werke schließen oder verlagern

Essen. Über Jahre hinweg galt Heinrich von Pierer als deutscher Vorzeigemanager: Ein Konzernlenker, geschätzt von der Kanzlerin, dekoriert mit Großem Bundesverdienstkreuz, fünf Ehrendoktortiteln und der Ehrenstaatsbürgerschaft Singapurs. Dann folgten die Siemens-Schmiergeldaffäre, von Pierers Rücktritt aus dem Aufsichtsrat und der Abstieg des Mustermanagers.

Der Tiefpunkt könnte aber noch nicht erreicht sein. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung möchte Siemens von Pierer, dessen Nachfolger Klaus Kleinfeld, Ex-Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger und sieben weitere langjährige Topmanager auf Schadensersatz verklagen. Ihnen wird vorgeworfen, durch Versäumnisse in ihrer Amtszeit einen der größten Bestechungsskandale in der deutschen Wirtschaft erst möglich gemacht zu haben. Dass ein Konzern gegen seinen kompletten Ex-Vorstand vorgeht, ist in der Bundesrepublik bislang ein einmaliger Vorgang.

Nach SZ-Informationen müssen die Vorstände mit Schadensersatzforderungen von jeweils mehreren Millionen Euro rechnen. Ein Siemens-Sprecher wollte den Bericht nicht kommentieren, verwies aber auf frühere Aussagen, wonach Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Vorstände geprüft würden.

Bei Siemens beträgt der Schaden durch die Aufarbeitung der Affäre inklusive Bußgeldern bisher 1,3 Milliarden Euro. Weitere Strafen der US-Börsenaufsicht dürften folgen.

An anderer Stelle scheinen sich die Wogen beim krisengeschüttelten Konzern dafür zu glätten: Gestern einigte sich Siemens mit den Arbeitnehmervertretern auf ein Eckpunktepapier zum Stellenabbau im Rahmen der Konzernumstrukturierung. Demnach werde es keine betriebsbedingten Kündigungen geben, teilten der Betriebsrat und die IG Metall mit. Damit komme Siemens der wichtigsten Forderung der IG Metall nach, so Gewerkschafts-Chef Berthold Huber. "Siemens verpflichtet sich, bis zum 30. 9. 2010 keine Standorte zu schließen oder zu verlagern", hieß es weiter.

Weltweit möchte der Konzern 17 000 Stellen streichen, 5250 davon in Deutschland. Der Abbau solle vor allem durch Altersteilzeit und Abfindungen erfolgen. "Hierzu sollen ein Interessensausgleich und Sozialplan abgeschlossen werden", so die IG Metall. Siemens verpflichte sich dabei, Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten und zu finanzieren. Die einst zum Verkauf stehende Industriemontagesparte Sims verbleibt nun doch beim Konzern und wird saniert. Die 80 Arbeitsplätze am Standort Essen seien damit vorerst gesichert, sagte Peter Pawlowski, Betriebsratschef in der Zentralniederlassung Ruhr. In der kriselnden Zugsparte werden ebenfalls keine Werke in Deutschland geschlossen, es soll aber bei den geplanten Personaleinschnitten bleiben. In Krefeld sollen Branchenkreisen zufolge 200 der 2000 Arbeitsplätze wegfallen.

Bis Mitte August soll das Eckpunktepapier konkretisiert werden und ein Sozialplan stehen. Siemens rechnet Kreisen zufolge mit Kosten im mittleren bis höheren dreistelligen Millionenbereich.