Berlin. Geht der Bauträger pleite, ist der Traum vom Eigentum jäh geplatzt. Experten sagen, wann private Bauherren misstrauisch werden sollten.

Wer einen Blick auf die Wirtschaftsseiten der Medien wirft, sieht momentan immer öfter Berichte von Problemen auf dem Immobilienmarkt. Selbst große Bauträger und Projektentwickler geraten in finanzielle Schwierigkeiten und melden im schlimmsten Fall Insolvenz an. Zuletzt machten mehrere Gesellschaften der Projekt Immobilien Gruppe negative Schlagzeilen. Manche Bauträger haben sich schlicht verkalkuliert. Die Zinsen steigen – und das Bauen wird immer teurer.

Für private Bauherren kann eine Pleite sehr teuer, wenn nicht sogar existenzbedrohend werden. „Die Leidtragenden sind die Käuferinnen und Käufer, die entweder mit einem halbfertigen Gebäude dastehen oder bereits gezahlte Abschlagssummen nicht zurückerhalten“, erläutert Michael Nack, Rechtsexperte beim Verband Wohnen im Eigentum (WiE).

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Wenn zum Beispiel eine Familie mit einem Bauträger einen Vertrag für ein Eigenheim abschließt und die Firma im Verlauf der Arbeiten pleite geht, ist sie gegen etwaige Verluste nicht abgesichert. Teuer wird es selbst dann, wenn keine zu hohen Abschlagszahlungen geleistet wurden. Denn den Bau muss ja eine andere Firma fertigstellen. Und die veranschlagt in der Regel deutlich höhere Preise. Mitunter nutzten sie die Notsituation der Bauherren sogar noch aus, warnen Experten.

Tiefe Baukrise: Steigende Zahl an Insolvenzen droht Probleme zu vergrößern

Das Problem ist schon lange bekannt. Schon 2019 konzipierte eine Arbeitsgruppe des Justizministeriums Vorschläge, wie die Lücken beim Schutz vor Insolvenzen von Bauträgern geschlossen werden könnten. Die Fachleute, zu denen neben Wirtschaftsvertretern auch Verbraucherschützer gehören, empfahlen etwa, den Preis für das Eigenheim erst nach der Fertigstellung zu bezahlen. Alternativ dazu könnten Bauträger Sicherheiten stellen, damit die Bauherren im Pleitefall ihre Anzahlungen zurückerhalten.

Das Problem in der Baubranche ist schon lange bekannt. 2019 arbeitete eine Arbeitsgruppe des Justizministeriums schon Vorschläge aus, wie die Lücken beim Schutz vor Insolvenzen von Bauträgern geschlossen werden könnten. Passiert ist seither nichts.
Das Problem in der Baubranche ist schon lange bekannt. 2019 arbeitete eine Arbeitsgruppe des Justizministeriums schon Vorschläge aus, wie die Lücken beim Schutz vor Insolvenzen von Bauträgern geschlossen werden könnten. Passiert ist seither nichts. © imago/Jochen Tack | imago stock

Passiert ist seither allerdings nichts. Weder die letzte Bundesregierung noch der amtierende Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) haben sich bei der Verbesserung des Bauherrenschutzes um zügiges Handeln bemüht. Da der Bau insgesamt in einer tiefen Krise steckt, drohen weitere Insolvenzen das Problem zu vergrößern. Buschmann hat im Februar den beteiligten Verbänden ein eher bauträgerfreundliches Modell nahegebracht.

Es handelt sich um Optionsmodell, bei dem die Wohnungs- oder Hauskäufer eine Absicherung vereinbaren können oder auch nicht. Im letzteren Fall bliebe es beim Insolvenzrisiko der Bauherren. Im ersten Fall müssten sie die Kosten für eine Sicherung zusätzlich tragen. Umstritten ist auch noch, ob die Bauträger ihre Kunden über die Insolvenzrisiken informieren sollen.

WiE-Vorständin: „Eine verbindliche Absicherung ist in Deutschland überfällig“

„Eine verbindliche Absicherung ist in Deutschland überfällig“, sagt WiE-Vorständin Gabriele Heinrich und verweist auf längst vorhandene Bestimmungen in Frankreich oder den Niederlanden. Zumindest im Geschäft von Bauträgern mit privaten Verbrauchern sollte dies zur Pflicht werden, fordert sie. Der Verband sieht die privaten Kunden im Nachteil, sollte das Optionsmodell eingeführt werden.

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So könnten Laien das Insolvenzrisiko eines Bauträgers kaum einschätzen. Gerade unseriöse Firmen würden dieses Risiko herunterspielen und sich damit auch gegenüber den verlässlichen Unternehmen der Branche einen Vorteil verschaffen. „Dem Verbraucher die Entscheidung zu überlassen, ob er sich absichern will, bedeutet letztlich nur, ihn mit dieser viel zu großen Verantwortung allein zu lassen“, kritisiert Heinrich.

Von dem Optionsmodell, das Bundesjustizminister Marco Buschmann vorschwebt, profitieren private Bauherren kaum.
Von dem Optionsmodell, das Bundesjustizminister Marco Buschmann vorschwebt, profitieren private Bauherren kaum. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

WiE rät privaten Bauherren, sich zunächst über die finanzielle Situation des Bauträgers zu informieren. Es gibt zum Beispiel einige Auskunfteien wie Creditreform oder Bürgel, die auf Finanzinformationen von Unternehmen spezialisiert sind. Auch ein Blick in die Insolvenzdatenbank kann darüber Aufschluss geben, ob etwas nicht stimmt.

Experte: „Misstrauen ist angebracht, wenn die Baustelle still steht"

Außerdem rät Experte Nack zu einer genauen Prüfung der erbrachten Leistungen, bevor Zahlungen dafür angewiesen werden. „Leisten Sie nur die vereinbarten Abschlagszahlungen“, empfiehlt er. Misstrauen sei angebracht, wenn der Bauträger plötzlich unerwartete Zusatz- oder Sonderzahlungen fordert. Wichtig sei zudem, den Baufortschritt stets im Blick zu behalten.

Hier wird es kritisch, wenn die Baustelle stillsteht, kein Material mehr geliefert wird und der Bauleiter nicht erreicht werden kann. Dann werde es Zeit, externe Fachleute heranzuziehen. Eine Möglichkeit sieht Nack auch in einer Bankbürgschaft, mit der die Abschläge abgesichert werden. Die Kosten für eine sogenannte Baugarantieversicherung muss jedoch in der Regel der Bauherr übernehmen.

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All dies schützt die Bauherren bei einer Pleite des Bauträgers aber nur bedingt. Großer Ärger ist auf jeden Fall programmiert. Die Fertigstellung verzögert sich und es müssen neue Baufirmen beauftragt werden. Gerade bei Projektentwicklern, die Wohnungen errichten lassen, ist dies für die Käufer der einzelnen Einheiten ein Problem. Schließlich geht es hier im Gegensatz zum Einfamilienhaus auch noch um ein Gemeinschaftseigentum mit anderen Käufern. Von einem Insolvenzverwalter haben die Bauherren nicht viel zu erwarten. Von den bereits geleistete Zahlungen ist meist nicht mehr genug für eine Rückzahlung übrig.