Essen. Banken ersetzten Girocards millionenfach durch die Debitkarte. Doch längst nicht alle Händler akzeptieren sie. Hohe Gebühren für Bezahlvorgänge.
Das Zahlen ohne Scheine und Münzen wird immer beliebter, allein schon, weil immer mehr Waren online gekauft werden. Die Geldinstitute reagieren auf den Trend. Die herkömmliche Girokarte wird deshalb zunehmend von der Debitkarte abgelöst. Doch längst nicht alle Einzelhändler akzeptieren die neuartige Debitkarte, weil für sie höhere Gebühren anfallen.
An die Girokarte haben sich Verbraucherinnen und Verbraucher seit vielen Jahren gewöhnt. Im vergangenen Jahr wurden nach Zahlen des Kölner Handelsinstituts EHI 42,4 Prozent des Einzelhandelsumsatzes über die Girokarte abgewickelt. Das Bargeld kam nur auf einen Anteil von 38,5 Prozent. Mit der Nachfolgerin der EC-Karte können sie Kontoauszüge ziehen, Bargeld abheben und in Läden bezahlen – aber nicht im Internet.
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Diese Funktion dagegen ermöglicht die Debitkarte, die in Deutschland von den Kreditkartenanbietern Visa und Mastercard herausgegeben wird. Während die Beträge auf der Kreditkarte erst vier Wochen nach dem Kauf vom Konto abgebucht werden, bucht die Debitkarte das Geld sofort ab. Die Debitkarte wird auch nötig sein, um im Ausland zu bezahlen. Die entsprechende Maestro-Funktion des Kooperationspartners Mastercard soll mittelfristig abgeschaltet werden.
Bis zu einem Prozent Gebühr für Visa und Mastercard
Vordergründig ändert sich für die Nutzerinnen und Nutzer also nichts. In der Praxis aber schon. Denn mit der Debitkarte kann man nur dort bezahlen, wo auch Kreditkarten angenommen werden. „Eine bundesweit sechsstellige Anzahl von Einzelhändlern akzeptiert keine Kreditkarten“, sagt Ulrich Binnebößel, Abteilungsleiter Zahlungsverkehr beim Handelsverband Deutschland (HDE).
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Der Grund liegt aus seiner Sicht auf der Hand. Bei der Bezahlung mit der Girocard müssen die Händler pro Einkauf in der Regel 0,2 Prozent des Umsatzes als Gebühr an die Banken abführen. Bei Kredit- und Debitkarte sind es je nach Anbieter 0,8 bis ein Prozent, die an die jeweilige Händlerbank gehen. „In der Summe macht das schon etwas aus“, meint Binnebößel. Zumal die Umsätze im Einzelhandel angesichts der Inflation und der Energiekrise ohnehin schrumpften und die Margen kleiner werden.
Handelsverband empfiehlt das Modell der Sparkassen
Hinzu kommt: Viele Händler sind offenbar nicht informiert, dass die Umstellung auf die Debitkarte im Gange ist, und wissen nicht so recht, wie sie damit umgehen sollen. „Wir empfehlen unseren Mitgliedern, alle Karten zu akzeptieren. Das Risiko, Kunden zu verlieren, ist groß“, sagt Binnebößel und verhehlt nicht, dass sich der Handel da aus Kostengründen „in einer Zwickmühle“ befinde.
Der HDE fordert deshalb, Giro- und Debitfunktion auf einer Karte zu vereinen. Als Vorbild nennt Binnebößel den Sparkassenverband, der den örtlichen Sparkassen genau diesen Weg empfiehlt. Nach eigenen Angaben haben etliche kommunale Institute bereits Karten mit Giro- und Debitfunktion ausgegeben. Verbraucherschützer raten deshalb, im Idealfall beide Karten mit sich zu führen, wenn die Funktionen nicht auf einem Plastik vereint werden.
Targobank: Künden müssen sich für eine Karte entscheiden
Doch auch das ist im vielgliedrigen System deutscher Geldinstitute nicht so einfach. Die Düsseldorfer Targobank etwa schreibt ihre bundesweit 3,5 Millionen Kundinnen und Kunden in diesen Wochen an und fordert sie auf, sich für eine Variante zu entscheiden. „Wir verfolgen im Bereich Girocard bzw. Debitkarte eine Ein-Karten-Strategie: Das heißt, der Kunde hat die freie Wahl, muss sich aber für ein Produkt entscheiden und kann nicht gleichzeitig beide Karten nutzen“, sagt Sprecher Axel Bäumer auf Anfrage unserer Redaktion. Bei der Targobank setze man darauf, dass mit der wachsenden Zahl der Debitkarten, die im Umlauf sind, auch die Bereitschaft im Handel zunehme, entsprechende Kartenterminals anzuschaffen.
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Auch wenn sich die Targobank-Kundschaft für Giro oder Debit entscheiden muss, soll sie sich auf eine Zusage des Unternehmens verlassen können: Vorteil für die Kundinnen und Kunden: Beide Karten sollen nach Angaben Bäumers auch künftig kostenlos angeboten werden. Im Gegensatz zu anderen Instituten.
Die DKB als eine der führenden Direktbanken in Deutschland ermöglicht ihren Kundinnen und Kunden zwar, Debit- und Girokarte parallel zu nutzen. Das hat aber einen Haken. In einer Ankündigung des Instituts heißt es, dass für die Girokarte ab 1. Januar 2023 eine zusätzliche monatliche Gebühr von 99 Cent anfalle. In Bankenkreisen verweist man auch auf ökologische Gründe. Je weniger Karten im Umlauf seien, desto weniger müsse bedruckt werden.
>>> Visa: Menschen bevorzugen eine Karte
Nach Erkenntnissen des Kredit- und Debitkarten-Anbieters Visa bevorzugen acht von zehn Menschen in Deutschland die Bezahlung mit nur einer Karte - kontalklos und mobil im Geschäft, im Internet und via Apps. 70 Prozent bevorzugen die direkte Abbuchung vom Konto. Durch Visa-Technologie sei die Betrugsrate um 28 Prozent gesenkt worden.