Essen. Bei einer Verselbstständigung von Thyssenkrupp Steel ist eine Landesbeteiligung laut Krupp-Stiftung und IG Metall „eine denkbare Option“.
Etwas mehr als einen Monat nach dem Start der schwarz-grünen NRW-Landesregierung ist die Debatte über einen möglichen Staatseinstieg beim Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel neu entbrannt. Krupp-Stiftungschefin Ursula Gather bezeichnete eine Beteiligung des Landes als „eine denkbare Option“. Das Wort hat Gewicht, da Gather mit der Essener Stiftung die größte Einzelaktionärin des Steel-Mutterkonzerns Thyssenkrupp repräsentiert. Der Gesamtbetriebschef der Stahlsparte, Tekin Nasikkol, unterstützte den Vorstoß der Stiftungschefin ausdrücklich.
Eine Landesbeteiligung an Thyssenkrupp Steel im Falle einer Verselbstständigung sei nicht nur „sehr sinnvoll“, sondern „sogar erforderlich“, sagte Nasikkol, der ebenso wie Gather Mitglied des Thyssenkrupp-Konzernaufsichtsrats ist. „Von allen beteiligten Akteuren sollte dies konstruktiv geprüft werden“, sagte der Arbeitnehmervertreter mit Blick auf einen möglichen Landeseinstieg.
Gather hatte sich kurz zuvor in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ grundsätzlich offen für einen Landeseinstieg gezeigt. Staatsbeteiligungen seien zwar „nicht ganz einfach“, weil der Staat in Interessenkonflikte kommen könne, erklärte Gather. So sei der Staat einerseits „dem Steuerzahler verpflichtet, als Aktionär aber vor allem dem Wohl des Unternehmens“. „Auf der anderen Seite hat Nordrhein-Westfalen sicherlich ein großes Interesse daran, dass die notwendige Dekarbonisierung nicht zur Deindustrialisierung des Ruhrgebietes führt.“
Thyssenkrupp-Chefin Merz will die Stahlsparte abspalten
Im Thyssenkrupp-Aufsichtsrat hätten die Krupp-Stiftung und die Vertreter der IG Metall gemeinsam eine Mehrheit bei etwaigen Entscheidungen. Thyssenkrupp-Vorstandschefin Martina Merz hat bereits vor einiger Zeit Pläne für eine Verselbstständigung auf den Weg gebracht. Damit könnte ein eigenständiger Stahlkonzern in Duisburg entstehen, an dem auch die Krupp-Stiftung weiterhin beteiligt bleiben will. Eine wichtige Frage bei der Abspaltung ist, wie die finanzielle Ausstattung des neuen Unternehmens sein wird.
Vor der Landtagswahl hatte sich Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) skeptisch hinsichtlich eines Staatseinstiegs gezeigt. Wüsts Herausforderer Thomas Kutschaty (SPD) plädierte offen für einen solchen Schritt. Auch die IG Metall sprach sich schon vor vielen Monaten vehement für eine Staatsbeteiligung
am Stahlgeschäft von Thyssenkrupp aus. Spannend dürfte werden, wie sich die neue NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) positioniert. Stahl-Gesamtbetriebsratschef Nasikkol erklärte in einer Mitteilung, er habe an einem „persönlichen Austausch zur Zukunft der Stahlindustrie“ mit Ministerpräsident Wüst teilgenommen. „Die deutsche Stahlindustrie steht vor der größten Transformation in ihrer Geschichte“, betonte Nasikkol. In Duisburg befindet sich Europas größter Stahlstandort mit Unternehmen wie Thyssenkrupp, Arcelor-Mittal und HKM.
„Die Position von Frau Gather und der Krupp-Stiftung als größte Einzelaktionärin der Thyssenkrupp AG ist vollkommen richtig und wird von Seiten der Arbeitnehmervertretung unterstützt“, sagte Nasikkol. „Im Falle einer Verselbstständigung des Stahls benötigen wir von unserem Mutterkonzern eine finanzielle Ausstattung, die uns im Wettbewerb auf Augenhöhe mit anderen Stahlunternehmen bringt. Zugleich müssen die dringend benötigten Investitionen in eine CO2-freie Stahlproduktion ermöglicht werden. Das wird kein Stahlunternehmen ohne staatliche Förderung stemmen können.“