Essen. Harte Zeiten für Gasverbraucher: Der Wohnungsriese LEG bereitet Mieter auf „Wärmeverzicht“ vor. Vergleichsportal erwartet steigende Gaspreise.

Wohnungskonzerne und Energievergleichsportale sehen harte Zeiten auf Mieter und Verbraucher zukommen. „Ich glaube, dass in der derzeitigen Kriegssituation der Bevölkerung in Deutschland klargemacht werden muss, dass jetzt Verzicht angesagt ist“, sagte der Chef des Düsseldorfer Wohnungskonzerns LEG, Lars von Lackum, dem „Handelsblatt“. „Das wird ein Wärmeverzicht sein – das muss man klar politisch aussprechen.“

In den eigenen vier Wänden einen zusätzlichen Pullover anzuziehen, werde da womöglich nicht ausreichen, so der Manager. „Es wird wohl noch eine warme Wolldecke vonnöten sein.“ Mit rund 166.000 Mietwohnungen und rund 500.000 Bewohnern gehört die LEG bundesweit zu den größten börsennotierten Wohnungsunternehmen. In NRW ist die LEG nach eigenen Angaben Marktführer.

„Wir brauchen für den Winter eine gesetzliche Möglichkeit, die Temperaturen stärker als bisher absenken zu dürfen“, sagte LEG-Chef Lars von Lackum. „Ohne harte Entscheidungen werden wir im Winter in große Probleme laufen.“

Er rechne damit, dass auf die LEG-Mieter bei der Nebenkostenabrechnung im nächsten Jahr wegen der hohen Gaspreise „eine Zahlung von ein bis zwei Monatsmieten zusätzlich“ zukommen werde, sagte der Unternehmenschef. „Das wird viele finanziell überfordern.“ Die LEG werde wie in der Corona-Krise Ratenzahlungen oder Ähnliches anbieten, aber das sei nur eine vorübergehende Hilfe. „Wir gehen davon aus, dass bundesweit bis zu 20 Prozent der Mieter das Problem mit den Energiepreisen finanziell alleine nicht mehr in den Griff bekommen“, schätzt Lars von Lackum. Ohne staatliche Hilfe werde die Situation nicht zu bewältigen sein.

Vergleichsportal Check24 rechnet mit weiter steigenden Gaspreisen

Nach Angaben des Vergleichsportals Check24 bleiben die Gaspreise im Großhandel auf hohem Niveau – trotz der Wiederaufnahme der Gaslieferungen über die russische Pipeline Nord Stream 1. Im Vergleich zum Vorjahr sei der Preis im Großhandel um 350 Prozent höher. „Wenn die bereits vor der Krise beschafften Energiemengen der Energieversorger verbraucht sind, werden sie zu den aktuellen Rekordpreisen an der Börse einkaufen müssen“, urteilt Check24-Manager Steffen Suttner. „Die Jahresrechnung und damit auch die Abschläge könnten dann um das Drei- bis Fünffache steigen.“

Im Zusammenhang mit der Rettung des angeschlagenen Düsseldorfer Gaskonzerns Uniper hat Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, dass die Verbraucher voraussichtlich ab Oktober über eine Umlage an den Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung von Gas beteiligt werden sollen. „Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden könnte es nur durch die neue Umlage von zwei Cent pro Kilowattstunde bis zu 476 Euro im Jahr teurer werden“, rechnet Suttner vor.

Der durchschnittliche Gaspreis habe bereits im Juli einen neuen Rekord erreicht. Ein Musterhaushalt mit 20.000 Kilowattstunden (kWh) zahlt nach Angaben von Check24 im Schnitt 3415 Euro im Jahr für Erdgas. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von 17,1 Cent pro kWh. Im Juli 2021 waren es rund 1300 Euro – ein Plus von 162 Prozent zum Juli 2022. Inklusive Umlage müsste ein Musterhaushalt demnach durchschnittlich fast 3900 Euro bezahlen.