Hagen. Das Landwirtschaftsministerium stellt Pläne für die Öko-Prämie vor. Wann es erste Auszahlungen gibt und welche Kritik laut wird.
Seit mehr als drei Jahren fordern die Waldbesitzenden in Deutschland eine Prämie für die Klimaschutzleistungen ihrer Bäume, jetzt ist eine Lösung greifbar. Noch in diesem Jahr soll das erste Geld fließen. Allerdings gibt es auch schon Kritik an den Plänen.
Holz bindet Kohlendioxid. Ziemlich viel sogar. Der Waldbestand hierzulande entlastet die Atmosphäre jährlich um 62 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Damit kompensieren die Wälder sieben Prozent der Emissionen. Weil die Waldbauern wegen der Dürre und der Borkenkäfer-Schäden ihre Einnahmen auf lange Sicht schwinden sehen, fordern sie einen Ausgleich. Wald ist Klimaretter, sagen sie.
Das sieht die Bundesregierung auch so: Das Landwirtschaftsministerium hat dem Haushaltsausschuss des Bundestages nun ein Konzept zur Honorierung der Ökosystemleistungen übermittelt. Das Papier liegt dieser Zeitung vor.
Klimastabil
Mit dem Geld sollen die 1,8 Millionen privaten Waldbesitzenden in Deutschland dabei unterstützt werden, ihre Wälder möglicht klimastabil wieder aufzuforsten.
Waldbauern sollen die Prämie bekommen, wenn sie ihren Wald mindestens zehn Jahre lang nachhaltig und naturnah so bewirtschaften, dass er als Kohlenstoffspeicher erhalten bleibt, Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel aufbaut und dabei Kriterien der Zertifizierungssysteme PEFC und FSC übererfüllt.
Sie verpflichten sich, einen Maßnahmenkatalog umzusetzen. So müssen sie beispielsweise ihre Bestände vorverjüngen, vor allem, wenn es sich um solche handelt, die im Klimawandel kaum eine Überlebenschance haben, etwa Fichten. Eine künstliche Verjüngung muss den Baumartenempfehlungen der Bundesländer entsprechen. Naturverjüngungen haben aber Priorität. Kahlschläge sind untersagt – mit Ausnahmen für Kalamitäten. Totholz muss als Lebensraum für zahlreiche Tier-, Pilz- und Pflanzenarten im Wald verbleiben. Die mit Fahrzeugen zu befahrende Fläche in den Wäldern wird begrenzt, damit der Boden nicht weiter verdichtet wird. Dünge- und Pflanzenschutzmittel dürfen nicht eingesetzt werden. Ausnahmen gelten für gesammeltes Rundholz (Polter). Eigentümer mit mehr als 100 Hektar Wald müssen fünf Prozent der Fläche sich selbst überlassen (natürliche Waldentwicklung).
Aus Selbstverpflichtung entlassen
Der Bund hat für die Jahre 2022 bis 2026 insgesamt 900 Millionen Euro für die Waldprämie eingeplant, davon jeweils 200 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2025 und 100 Millionen Euro im Jahr 2026. Wer kurz nachrechnet, merkt: Zehn Jahre – für dieses Zeitraum müssen sich Waldbesitzende festlegen – sind das nicht. Ob aber nach 2026 noch Geld da sein wird, können die Experten im Landwirtschaftsministerium jetzt noch nicht beantworten. Deshalb schreiben sie: Sollten für die Zeit ab dem Jahr 2027 keine weiteren Haushaltsmittel für diese Maßnahme bereitgestellt werden, wären die Waldbesitzenden vorzeitig aus ihrer Selbstverpflichtung zu entlassen.
Probleme haben die Waldbesitzer vor allem mit dem Thema Stilllegung. Sie werde „nur einen begrenzten Beitrag zum Klimaschutz leisten, da ein großer Teil der Klimaschutzleistung des Waldes, die Bindung von CO2 in Holzprodukten und die Substitution klimaschädlicher Rohstoffe und Energieträger durch den Rohstoff Holz, außen vor bliebe“. Die Stilllegung mindere zudem die Rohholzversorgung und gefährde langfristig die Rohstoffsicherheit. Ohnehin seien die zur Verfügung gestellten Mittel viel zu gering. Das bundeseigene Thünen-Institut habe den Finanzbedarf auf 1,4 Milliarden Euro beziffert – pro Jahr. Das Konzept des Landwirtschaftsministeriums müsse „dringend nachgebessert werden“.
Stilllegungen ausgleichen
Philipp Heereman, Präsident des Waldbauernverbandes NRW, begrüßt die Pläne aus Berlin. 200 Millionen Euro seien ein guter Anfang, „wir brauchen allerdings eine langfristige Finanzierungsperspektive“, sagte er dieser Zeitung. Waldstilllegungen müssten ausreichend ausgeglichen werden.
Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen steht übrigens auch eine Waldprämie. Die will NRW übernehmen, wenn die Verhandlungen im Bund nicht zügig zum Erfolg führen. Das Wettrennen um die Prämie ist also eröffnet. Wahrscheinlich wird Berlin am Ende die Nase vorn haben: Dass NRW jetzt noch einen eigenen Vorstoß unternimmt, ist unwahrscheinlich. Heereman hat einen eigenen Vorschlag: NRW solle die Lücken schließen, die der Plan des Bundes hinterlasse.