Essen. Bei der Essener Messe „E-World“ schlägt der Chef der Netzagentur, Klaus Müller, Alarm. Nicht nur der bevorstehende Winter werde hart, warnt er.

Angesichts rückläufiger Gaslieferungen aus Russland zeigt sich der Chef der staatlichen Bundesnetzagentur, Klaus Müller, tief besorgt. Zum Auftakt der Essener Fachmesse „E-World“ bezeichnete Müller die Situation als „dramatisch“. Es mache ihm große Sorgen, dass deutlich weniger Gas durch die russische Pipeline Nordstream 1 fließe. Zudem sei nach Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin schwer zu prognostizieren, wie es weitergehe. In wenigen Wochen stehe eine planmäßige Wartung von Nordstream 1 an. „Ich weiß nicht, ob nach der Wartung 40 Prozent, 60 Prozent, 100 Prozent oder null Prozent fließen. Und daher bin ich sehr, sehr angespannt“, sagte Müller.

Die Bundesnetzagentur verfolge das Ziel, die Füllstände von Deutschlands Gasspeichern bis zum Winter auf 90 Prozent zu erhöhen. Derzeit seien allerdings lediglich rund 58 Prozent erreicht, erklärte Behördenchef Müller in Essen. Zu Wochenbeginn seien die Speicher zwar etwas aufgefüllt worden. Doch er könne aufgrund der aktuellen Prognosen „nicht davon ausgehen, dass es so weitergeht“. Eindringlich mahnte Müller Energieeinsparungen von Industriebetrieben und privaten Haushalten an. Je mehr der Gasverbrauch gesenkt werde, „desto eher können wir eine Gasnotlage vermeiden“.

Auch mit Blick auf die steigenden Energiepreise schlägt der Chef der Bundesnetzagentur Alarm. „Schon heute landet bei Ihnen zu Hause irgendwann eine Gasrechnung, die sich Pi mal Daumen verdoppelt hat“, gab er zu bedenken. Dabei wirken sich derzeit vielfach noch langfristig vereinbarte Einkaufskonditionen von Energieversorgern positiv aus. In der Energiebranche wird daher ein weiterer Anstieg der Verbraucherpreise erwartet.

Eon-Vorstand König: „Die Lage ist ernst“

Auch nach dem kommenden Winter wird die Lage nach Darstellung von Behördenchef Müller voraussichtlich weiterhin angespannt sein. „Wir haben nicht nur einen Winter zu bestehen, wir haben zwei Winter zu bestehen“, sagte er. Prognose-Modelle legten nahe, dass Vorbereitungen bis zum Sommer 2024 erforderlich seien, „damit wir guten Gewissens auf russisches Gas verzichten können“. Selbst dann müsse schon „sehr, sehr viel ineinandergreifen“.

Branchenvertreter äußerten sich bei der Messe „E-World“ ähnlich wie der Behördenchef. „Die Lage ist ernst“, sagte Thomas König, Vorstandsmitglied von Deutschlands größtem Energieversorger Eon. „Wir haben zurzeit ein Kommunikationsdefizit“, fügte König hinzu. Vielen Menschen sei „die Lage, in der wir tatsächlich sind, nicht klar“. Der Chef des Düsseldorfer Energiekonzerns Uniper, Klaus-Dieter Maubach, regte „progressive Tarife“ an, bei denen ein höherer Verbrauch mit massiven Kosten verbunden sei, um Energieeinsparungen zu erreichen.