Essen. Das Innovations- und Gründerzentrum der RAG-Stiftung geht mit dem Namen BRYCK an den Start. Umzug ins Colosseum erst in einiger Zeit geplant.
Die schwarzen Pullover im Gründer-Style – wahlweise mit Kapuze – liegen schon bereit. Darauf geschrieben steht in dicker weißer Schrift die Marke BRYCK. Zum Start des gleichnamigen Innovations- und Gründerzentrums zeigen sich Christian Lüdtke und Philipp Herrmann, die Köpfe des von der Essener RAG-Stiftung initiierten Vorhabens, auf der Website der Projektgesellschaft im neuen Gewand. Lüdtke und Herrmann sind schon seit einiger Zeit ein Team: Gemeinsam haben sie unter anderem die Startup-Schmiede Etventure aufgebaut, die vor fünf Jahren von der Unternehmensberatung EY übernommen worden ist.
Ihre künftige Wirkungsstätte im Ruhrgebiet soll das ehemalige Theater Colosseum im Zentrum von Essen werden. Der Projektname BRYCK, der an das englische Wort „brick“ – also Ziegel- oder Baustein – erinnert, deutet auch darauf hin. Anfang 2020 hatte die RAG-Stiftung, Großaktionärin unter anderem des Essener Chemiekonzerns Evonik, mit dem Pensionsfonds des Energieversorgers Eon das Colosseum-Gebäude gekauft. Später beteiligte sich auch Marcus Kruse, geschäftsführender Gesellschafter des Essener Projektentwicklers Kölbl Kruse.
Der Erwerb der zentral gelegenen früheren Werkhalle 8 der Firma Krupp soll der RAG-Stiftung als Kapitalanlage dienen. Gleichzeitig will Stiftungschef Bernd Tönjes an dem historischen Ort mitten im
Ruhrgebiet Impulse für die Gründerszene der Region setzen. Der Umbau der Colosseum-Immobilie nimmt indes einige Zeit in Anspruch. Daher hat die RAG-Stiftung seit dem 1. Oktober vergangenen Jahres den Turm der FUNKE Mediengruppe angemietet – in Sichtweite zum Colosseum.
Ziel sei es, schon während der Planungs- und Umbauzeit des ehemaligen Theaters „mit ersten Akteuren Fahrt aufzunehmen“, erklärt Tönjes. Der Medienturm sei dafür ein „idealer Standort“. Thomas Kloß, FUNKE-Verlagsgeschäftsführer NRW, sagt, der Medienturm diene „als Nukleus für ein wichtiges Zukunftsprojekt in unserer Region“.
Der Betreiber des Innovationszentrums wird die neu gegründete Gesellschaft BRYCK. Christian Lüdtke und Philipp Herrmann sind Geschäftsführer sowie Mitgründer und Mitgesellschafter der neuen Plattform. Die gut vernetzte und mit einem Milliardenkapital ausgestattete RAG-Stiftung, die auf dem Essener Welterbe-Areal Zollverein residiert, fungiert bei BRYCK als „Ideengeber und Hauptgesellschafter“, wie es Tönjes formuliert.
BRYCK will unter anderem Programme zur Vernetzung und Weiterbildung von Gründern anbieten. Erste Formate, bei denen Akteure aus Forschung, Bildung und der Startup-Szene zusammenkommen sollen, sind
ab März geplant. Auch sogenannte Co-Working-Angebote, um Gründern ein geeignetes Arbeitsumfeld zur Verfügung zu stellen, sind vorgesehen. Im Turm stehen etwa 2000 Quadratmeter auf vier Etagen zur Verfügung.
Der Anspruch, den die RAG-Stiftung in einer Mitteilung formuliert, ist hoch: „Langfristig wird BRYCK durch zahlreiche Angebote als Magnet für Innovationstreiber aus ganz Deutschland und Europa fungieren.“ BRYCK startet mit zunächst rund zehn Mitarbeitenden, später sollen es etwas mehr als zwanzig sein.
Projektentwickler Kölbl Kruse mit Umbau des Colosseum-Gebäudes betraut
Mit dem Umbau der Colosseum-Immobilie ist der Essener Projektentwickler Kölbl Kruse betraut. Dessen geschäftsführender Gesellschafter Marcus Kruse ist auch als Mitinitiator und Mitgesellschafter des Gründerzentrums eingebunden.
BRYCK-Geschäftsführer Lüdtke verfügt über langjährige Erfahrungen bei der Entwicklung digitaler Strategien und Geschäftsmodelle für Startups. Unter anderem war er als Koordinator der „Gründerallianz Ruhr“ mit der Aufgabe betraut, Startups sowie Industrie- und Wissenschaftsakteure im Ruhrgebiet zu vernetzen. Sein Projektpartner Philipp Herrmann, der unter anderem Erfahrungen aus dem kalifornischen Silicon Valley mitbringt, sieht seinen Fokus bei der Entwicklung von Neugeschäften und dem Aufbau zugehöriger Startup-Teams. „Ideen gibt es in der Regel genug, häufig scheitern diese jedoch mangels gezielter und schneller Umsetzung“, sagt er. Das wolle er ändern.
Zeitplan für Umzug ins Colosseum-Gebäude noch unklar
Wann BRYCK in das Colosseum-Gebäude umziehen könne, ließ Tönjes offen. Herausforderungen seien unter anderem die Corona-Situation sowie steigende Preise für Arbeiten rund um Immobilien. Auch der Denkmalschutz der früheren Krupp-Halle müsse berücksichtigt werden. Es gehe „Qualität vor Schnelligkeit“, sagte Tönjes in einer digitalen Pressekonferenz. „Manche Träume“ könnten angesichts entsprechender Kosten nicht erfüllt werden.
Tönjes betonte, die RAG-Stiftung sei beim gesamten Vorhaben renditeorientiert. „Das muss sich natürlich rechnen“, sagte Tönjes mit Blick auf das Gründerzentrum. Die Stiftung wolle „nicht dauerhaft als Sponsor auftreten“. In der Startphase stünden Investitionen an. Nachdem anfangs gesät worden sei, müsse später auch geerntet werden. Den neuen Geschäftsführern überreichte Tönjes einen Ginkgo-Baum. Dieser stehe „für Fruchtbarkeit, Unbesiegbarkeit und Langlebigkeit“, sagte der Stiftungschef und beschrieb damit sinnbildlich, was er sich von dem neuen Startup-Projekt erhoffe.