Essen. Eon-Chef Birnbaum äußert sich drastisch zum Vorgehen einiger Wettbewerber auf dem Energiemarkt. „Da müssen ein paar weg“, fordert er.
Eon-Chef Leonhard Birnbaum fordert Konsequenzen nach den abrupten Lieferstopps von Energie-Discountern. In der Versorgungsbranche tummelten sich „Marktteilnehmer, die es nie hätte geben dürfen“, kritisiert der Eon-Chef. „Da müssen ein paar weg, und es muss dafür gesorgt werden, dass die auch nie wiederkommen, zumindest nicht mit dem Geschäftsmodell“, sagte Birnbaum vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV). Der Vorstandschef von Deutschlands größtem Energiekonzern beschreibt das Vorgehen einiger Konkurrenten mit drastischen Worten: „Die spekulieren. Wenn es gut läuft, nehmen sie’s Geld mit, und wenn es schlecht läuft, schmeißen sie einem die Kunden hin und gehen.“
In der Branche steht insbesondere der Energie-Discounter Stromio in der Kritik. Stromio hatte kurz vor Weihnachten Lieferungen an eine Vielzahl von Verbrauchern unter Verweis auf eine „Preisexplosion an den europäischen Energiehandelsplätzen“ eingestellt. Grundversorger – meist Stadtwerke, aber auch der Essener Konzern Eon – mussten danach Kundinnen und Kunden übernehmen.
Im Zusammenhang mit Liefereinstellungen durch andere Unternehmen habe Eon „mehrere Hunderttausend Kunden“ sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien und Tschechien aufgefangen, berichtet Birnbaum vor der WPV.
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„Wir müssen aus der Krise unsere Lehren ziehen“, fordert der Eon-Chef nun. So sollte es seiner Einschätzung zufolge beispielsweise strengere Lizenzbedingungen für Energieversorger geben, etwa die Pflicht zu monatlichen Rückstellungen, um Verbraucher und Wettbewerber besser zu schützen.
Eon verzichtet auf „gespaltene Tarife“ in der Grundversorgung
Nach dem Lieferstopp von Discountern haben einige Stadtwerke auch zusätzliche Grundversorgungstarife eingeführt, bei denen Neukunden deutlich draufzahlen müssen. Birnbaum betont, als Grundversorger habe Eon auf „gespaltene Tarife“ verzichtet. „Wir haben unsere Ersatzversorgungspreise gleich gelassen mit dem Grundversorgungspreis, weil das nach unserer Einschätzung der momentanen Rechtslage entspricht.“ Grund- und Ersatzversorgung müssten nach derzeitiger Rechtslage preisgleich sein. Birnbaum äußert aber auch Verständnis für das Vorgehen der Stadtwerke. Es sei „nachvollziehbar“, dass kleinere Anbieter unter Verweis auf die ökonomische Belastung separate Verträge machten. Die Stadtwerke verweisen darauf, sie müssten für die neuen Kunden Energie zu den aktuell hohen Preisen zukaufen. Auch kommunale Versorger in Bochum, Dortmund, Duisburg und Essen hatten Neukundentarife eingeführt.
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Die Kosten für die Versorgung der neu hinzugekommenen Verbraucher lege Eon auf alle Grundversorgungskunden um, erklärt Birnbaum. „Das heißt, die Grundversorgungskunden, die wir haben, subventionieren sozusagen die überraschend hinzugestoßenen Kunden in der Ersatzversorgung.“ Der Eon-Chef spricht sich in diesem Zusammenhang für eine Neuregelung aus. „Wir sind der Meinung, man sollte Ersatzversorgung und Grundversorgung preislich voneinander trennen.“ Hier sei der neue Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gefordert.
Stadtwerke haben teurere Tarife für Neukunden eingeführt
Die Verbraucherzentrale NRW hält die Schaffung von Neukundentarifen für nicht rechtens und geht teils juristisch dagegen vor. In mehreren Fällen haben die Verbraucherschützer einstweilige Verfügungen gegen Energieversorger beantragt.
Der Energieversorger EnBW – ebenfalls ein Grundversorger – will gegen Stromio klagen. Der Discounter wälze Folgekosten einer Risikostrategie auf die Kundinnen und Kunden sowie auf andere Marktteilnehmer ab, hieß es bei EnBW zur Begründung. Weil EnBW die benötigten Strommengen für die Betroffenen zu deutlich gestiegenen Preisen kurzfristig beschaffen musste, entstünden Mehrkosten. Daher bereite der Konzern eine Klage auf Aufwendungsersatz gegen Stromio vor.
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Stromio aus dem nordrhein-westfälischen Kaarst ist kein Einzelfall: Laut Bundesnetzagentur hatte im vergangenen Jahr eine zweistellige Zahl an Energieversorgern die Beendigung der Belieferung angekündigt beziehungsweise vollzogen.
Trotz Abschaffung der EEG-Umlage steigende Strompreise?
Zur Frage, ob sich die Verbraucher auf langfristig hohe Preise einstellen müssen, sagt Eon-Chef Birnbaum: „Ich sehe nicht, woher massive Senkungen jetzt kommen sollten.“ Er sehe derzeit die Tendenz zu einer „Seitwärtsbewegung“, also anhaltend hohen Preisen.
Angesichts drastisch gestiegener Energiepreise hält Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine Abschaffung der EEG-Umlage auf den Strompreis schon in diesem Sommer für denkbar. „Wenn die Koalition sich darauf verständigt, dann würde ich es finanziell möglich machen, dass die EEG-Umlage zur Jahresmitte entfällt“, sagte Lindner dem Magazin „Der Spiegel“. Das Ende der EEG-Umlage ist nach dem Koalitionsvertrag der Ampelparteien SPD, FDP und Grüne eigentlich erst ab dem Jahr 2023 vorgesehen.
Birnbaum warnt vor übertriebenen Erwartungen. Die individuelle Entlastung für die Kundinnen und Kunden könne „kleiner sein, als man denkt“, sagt er. Trotz eines Wegfalls der EEG-Umlage seien steigende Preise möglich.