Geseke. Die Fälle von Geflügelpest häufen sich, auch Landwirt Markus Lehmenkühler aus Geseke bangt um seine Tiere. Sein Hof liegt in einer Schutzzone.
Die Sorge lässt Markus Lehmenkühler nicht los. Seine 600 Hühner, die auf seinem Hof in Geseke leben, will er bestmöglich schützen. Denn bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr grassiert in Deutschland die Geflügelpest – und hat im November auch unsere Region erreicht. Betroffen war ein Betrieb im Kreis Soest, ganz in der Nähe von Markus Lehmenkühlers Hof. 8600 erkrankte Putenhähne und 8000 Küken mussten vorsorglich getötet werden. „Das will man nicht erleben“, sagt Lehmenkühler.
Es war der dritte Ausbruch in Nordrhein-Westfalen zu der Zeit, die ersten Fälle gab es im Kreis Paderborn. Inzwischen hat sich die Zahl auf neun erhöht – erst in dieser Woche bestätigte sich ein Verdachtsfall im Kreis Wesel. Für den Landwirt aus Geseke ist es das erste Mal, dass er derart nah dran ist. So nah, dass sein Hof in der sogenannte Schutzzone liegt, die rund drei Kilometer um das Seuchengebiet verläuft. Quasi ein Sperrbezirk.
Tiere, egal ob tot oder lebendig, dürfen weder rein noch raus
Die Auflagen und Schutzmaßnahmen sind dort besonders hoch: Weder lebende oder tote Tiere noch der Stallmist dürfen zum Beispiel rein oder raus transportiert werden. Vor allem aber gilt im ganzen Kreis Soest eine Stallpflicht für die Tiere: um das Risiko weiterer Ausbrüche der Geflügelpest zu minimieren.
„Das ist auch gut so“, sagt Lehmenkühler, auch wenn das für ihn Mehrarbeit und vielleicht sogar Verluste bedeute. Denn seine Hühner sind das Freiland gewöhnt: Die rund 600 Legehennen hält der 34-Jährige in zwei Hühnermobilen, wo die Tiere den Großteil des Tages auf den Wiesenflächen verbringen können. Eigentlich. Denn die Stallpflicht ändert das: Verhindert werden soll dadurch, dass die Hühner, Enten oder Puten in den betroffenen Gebieten Kontakt zu Wildvögeln oder deren Kot haben – denn die gelten als Hauptüberträger der Geflügelpest. Das Virus ist für die Tiere tödlich.
Zaun und Dach schützen die Hühner vor Wildvögeln
Damit seine Hühner trotz der Auflagen ein bisschen herauskommen, hat der 34-Jährige einen kleinen Bereich an ihren mobilen Ställen umzäunt und überdacht. „Theoretisch haben sie in den Ställen zwar alles, was sie brauchen – aber Hühner sind absolute Gewohnheitstiere“, sagt der Landwirt. Sie von heute auf morgen nicht mehr freilaufen zu lassen, berge Risiken: „Im schlimmsten Fall gehen sie einander an.“
Für Lehmenkühlers Betrieb gelten durch die Einordnung in die Schutzzone aber noch weitere Maßnahmen: Die Freilandeier zum Beispiel, die er derzeit noch direkt vom Hof verkauft, müssen seitdem gestempelt werden, um die genaue Herkunft nachzuweisen. „Da wir ab Februar ohnehin geplant haben, auch an den Einzelhandel zu verkaufen, hatten wir uns glücklicherweise bereits vorher um ein entsprechendes Gerät gekümmert“, erzählt er. Ein Verkauf wäre sonst nicht mehr möglich gewesen.
Die Schutzzone wird aufgehoben, aber die Stallpflicht bleibt
Eine weitere Schwierigkeit: Wenn kein weiterer Fall auftritt, könnte die Schutzzone zwar nächste Woche aufgehoben werden – dann sind 30 Tage nach dem Ausbruch vergangen – die Stallpflicht allerdings bleibt vorerst bestehen, das gibt der Kreis Soest vor. „Im Frühjahr galt sie auch schon wegen der Geflügelpest, und da konnte die Stallpflicht erst im April aufgehoben werden, als die Temperaturen stiegen“, weiß Lehmenkühler.
Seine Befürchtung: „Der Winter hat gerade erst begonnen, es ist gut möglich, dass die Pflicht wieder bis zum Frühjahr gelten wird.“ Was auch finanzielle Verluste bedeuten würde: Immerhin verkauft der Landwirt Freilandeier, nach 16 Wochen Stallpflicht dürfen die aber nicht mehr als solche ausgewiesen werden. „Bodenhaltung verkauft sich aber nicht so gut und die Preise sind auch niedriger. Unsere Kosten bleiben aber gleich, denn wir sind ja auf Freilandhaltung ausgelegt.“
Die Umstände seien nicht einfach, sagt Lehmenkühler. Aber sie seien zu bewältigen. Viel schlimmer wäre es, den Bestand zu verlieren. Auch wegen des wirtschaftlichen Verlustes, räumt er ein, „aber vor allem wäre das emotional am wenigsten zu verkraften“. Ein Ausbruch sei trotz aller Schutzmaßnahmen weiterhin in jedem Betrieb möglich, sagt er. „In so einem Fall steht man hilflos daneben. Wir alle versuchen alles, um das verhindern.“
Viele Ausbrüche, wo viele Wildvögel sind
Die meisten Ausbrüche von Geflügelpest (auch Vogelgrippe genannt) gab es bisher in Norddeutschland, „dort gibt es wegen der Küsten viele Wildvögel“, weiß Herbert Quakernack, Referent für Geflügel beim westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverband. Die gelten als wahrscheinliche Überträger des Virus. Doch auch in NRW häufen sich die Fälle. Die Gefahr sei im Winter generell größer, da sich der Erreger bei kalten Temperaturen länger hält.