Essen. Die Strompreise sind auf einem Allzeithoch. Doch es gibt auch regionale Unterschiede. In manchen Ruhrgebietsstädten ist es teurer als anderswo.

Die Strompreise in Deutschland haben nach Angaben der Vergleichsportale Check24 und Verivox ein neues Allzeithoch erreicht. Aktuell koste eine Kilowattstunde Strom für private Haushalte durchschnittlich 30,4 Cent – so viel wie noch nie, betont Verivox. Seit der Jahrtausendwende habe sich der Strompreis mehr als verdoppelt.

„Der starke Strompreisanstieg der letzten 20 Jahre geht vor allem auf stetig steigende Steuern, Abgaben und Umlagen in diesem Zeitraum zurück“, sagt Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. „Solange der Gesetzgeber hier nicht nachjustiert, werden Haushalte auch in Zukunft nicht nachhaltig beim Strom entlastet.“ Ähnlich schätzt Check24-Manager Steffen Suttner die Situation ein. „Auch in diesem Jahr müssen Verbraucherinnen und Verbraucher mit Rekordstrompreisen rechnen“, sagt er.

Der wichtigste Grund für den aktuellen Strompreisanstieg seien die Veränderungen der Großhandelspreise – und weniger die staatlichen Umlagen und Abgaben, erklärt Storck. Momentan seien die Börsenstrompreise so hoch wie zuletzt im März 2013. „Die Preise, die Kraftwerksbetreiber für Verschmutzungsrechte zahlen müssen, sind zuletzt deutlich gestiegen – seit Jahresbeginn um rund 60 Prozent. Darüber hinaus belasten höhere Brennstoffkosten die Großhandelspreise. Dieser Anstieg wird nach und nach an die Verbraucher weitergegeben.“

Preise in Dortmund, Duisburg und Hagen über Bundesdurchschnitt

Von Region zu Region schwanken die Preise allerdings. Die bundesweit höchsten Strompreise werden nach Angaben von Verivox aktuell in Hamburg fällig. Die jährliche Stromrechnung beläuft sich hier auf durchschnittlich 1348 Euro für 4000 Kilowattstunden Strom. Das sind knapp 17,5 Prozent mehr als im günstigsten Bundesland Bremen (1147 Euro). Auch in Berlin (1281 Euro), Schleswig-Holstein (1276 Euro) und Baden-Württemberg (1270 Euro) müssen Verbraucher überdurchschnittlich viel für Strom bezahlen.

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Vergleichsweise niedrig sei das Preisniveau in Bayern (1176 Euro) und Niedersachsen (1182 Euro), erklärt Verivox. In Nordrhein-Westfalen (1199 Euro) koste Strom etwas weniger als im bundesweiten Durchschnitt (1216 Euro).

Speziell im Ruhrgebiet gibt es allerdings Städte, die preislich über dem bundesweiten Durchschnitt liegen, wie das Vergleichsportal berichtet. Dazu gehören die Städte Dortmund (1249 Euro), Unna (1248 Euro), Duisburg (1245 Euro), Hagen (1239 Euro), Witten (1235 Euro), Herne (1225 Euro), Bottrop und Gelsenkirchen (beide 1223 Euro). Eine Rolle spielten dabei insbesondere die Netzentgelte, die für die Nutzung und Instandhaltung der Stromleitungen sowie das Bereitstellen und Ablesung der Zähler erhoben werden.

„Bei Grundversorgungstarifen gibt es erhebliche Unterschiede“

Allein in NRW gebe es mehr als 100 Netzbetreiber mit unterschiedlich hohen Netzentgelten, erläutert Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW. „Die meisten Anbieter kalkulieren netzgebietsscharf. Das heißt: Sie schauen genau, wie hoch die Netzentgelte sind und bieten dementsprechend hohe oder niedrige Preise an.“

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Doch auch die Stromanbieter selbst haben ihrer Einschätzung zufolge einen durchaus beträchtlichen Einfluss bei der Preisgestaltung, insbesondere mit Blick auf die Strombeschaffung, den Vertrieb und die Gewinnmarge. „Bei gleichen Bedingungen gibt es attraktive und weniger attraktive Stromanbieter“, urteilt die Verbraucherschützerin. „Bei den Grundversorgungstarifen gibt es hier erhebliche Unterschiede.“

Ob sich ein Anbieterwechsel für Kunden lohne, hänge immer vom jeweiligen Tarif ab, sagt Christina Wallraf und fügt hinzu: „Wenn ich noch in der Grundversorgung bin, lohnt sich gerade ein Wechsel in den Kommunen Duisburg, Dortmund, Hagen und Velbert besonders.“

„Manche Preiserhöhungsschreiben sehen aus wie Werbung“

Verbraucher können den Anstieg ihrer individuellen Stromkosten zumindest etwas bremsen, indem sie sich um günstigere Tarife kümmern, heißt es bei Verivox. Zwar spürten auch alternative Stromanbieter den höheren Kostendruck, dennoch lohne sich ein Preisvergleich. Wer noch nie den Anbieter gewechselt habe und das günstigste, verbraucherfreundliche Angebot wähle, könne im Durchschnitt mit einem Wechsel 277 Euro pro Jahr einsparen.

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Auch Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW sagt: „Kunden haben nur eine Möglichkeit: Preise vergleichen und gegebenenfalls wechseln.“ Das gelte insbesondere für Kunden, die noch in der Grundversorgung seien. Das betreffe immerhin ein Viertel der Haushalte. „Sie stecken im in der Regel teuersten Tarif.“ Außerdem rät die Verbraucherschützerin: „Aufmerksam jede Post vom Anbieter lesen. Manche Preiserhöhungsschreiben sehen aus wie Werbung.“ Klar sei: „Wer ein Preiserhöhungsschreiben bekommt, hat ein Sonderkündigungsrecht.“