Hagen. Die Reisebusse dürfen wieder los, doch die Anbieter sind vorsichtig. Das Geschäft läuft schleppend, die ersten Gäste vermitteln aber Zuversicht.

Monatelang waren die Reisebusse zum Stillstand gezwungen. Dank sinkender Inzidenzen dürfen sie jetzt zwar wieder Fahrt aufnehmen, das Geschäft läuft aber nur schleppend an. Ein neues Gesetz könnte die finanzielle Situation der mittelständischen Unternehmen in der Region nun zusätzlich belasten. Die Stimmung bleibt angespannt. (siehe Zweittext „Reisefonds“)

Die Aussicht auf ein erfolgreiches Jahr sei eher trüb, sagt Friedel Knipschild, einer der Geschäftsführer des Schmallenberger Anbieters Hunau Reisen. Zu vieles sei noch unklar, die Unsicherheit bei den Kunden nach wie vor groß.

Dennoch blickt die Branche auch positiv nach vorne. „Wir sind froh, dass wir überhaupt wieder reisen dürfen“, sagt Christian Winzerling, Geschäftsführer des Hagener Reisebusanbieters Hausemann & Mager.

Mit dem Bus zum Spargelhof

Nicht lange gezögert hat Jochen Weber, als die neue Coronaschutzverordnung kam – und machte kurzerhand die erste Spargelfahrt für die Hagener AWO Westerbauer nach Münster klar. Nur wenige Tage habe es gedauert, dann war der Bus voll. Ein Großteil der Gäste sei bereits geimpft gewesen, die anderen wurden noch vor Abfahrt getestet. Die Maskenpflicht galt für alle, nur so durften sämtliche Plätze im Bus besetzt werden. „Gemeckert hat deswegen keiner. Der Ausflug war traumhaft und wir waren froh und glücklich“, sagt Weber. Ein Stück Normalität eben.

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Doch noch lange nicht überall sind die ersten Ausflugsfahrten gestartet: „Im Mietomnibus-Geschäft läuft fast noch nichts“, sagt Friedel Knipschild. Weil die meisten Vereine nichts geplant hätten, „ihre Kassen sind leer und man wusste zu lange nicht, wann Busreisen wieder möglich sein werden“. 20 Reisebusse hatte das Unternehmen aus Schmallenberg vor der Krise, darunter auch zehn Flixbusse. Lediglich zwei davon seien derzeit zwischen Dresden und Berlin unterwegs, „der Rest steht“. Und die werden künftig auch nicht mehr alle fahren, „wir haben einige Fahrzeuge verkauft“, sagt Knipschild. Hunau Reisen sei zwar gut durch die Krise gekommen, aber nur durch Sparmaßnahmen. Seit März 2020 waren alle Mitarbeiter in Kurzarbeit, das mache sich bemerkbar. „Wir bleiben vorsichtig.“

Herbsturlaub ist nachgefragt

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Das gelte auch für die Kunden, weiß Christian Winzerling. Die ersten Tagesfahrten habe es bereits gegeben, ab Juli seien auch mehrtägige Reisen geplant. Die Hausemann&Mager-Reisebüros haben wieder geöffnet, sagt er. Der große Ansturm bleibe aber noch aus. Dass sich die Reisebedingungen in den vergangenen Monaten immer wieder geändert haben, schrecke sicherlich viele ab, vermutet der Unternehmer: „Auch wir können immer nur auf eine aktuelle Lage blicken.“ Für den Familienbetrieb, der seit mehr als 90 Jahren besteht, war die Krise ein massiver Einschnitt. „Das geht einem schon nahe, man hängt ja auch dran“, sagt Winzerling.

Hinzu komme, dass der Altersdurchschnitt bei Busreisen meist etwas höher sei, „die Leute sind durchaus vorsichtiger wegen der Pandemie“, sagt Knipschild. Doch das Vertrauen kehre sicher mit der Zeit zurück.

Immerhin: In diesen Tagen seien über das Kataloggeschäft bereits so viele Anmeldungen für Reisen im Herbst eingegangen, wie sie im gesamten vergangenen Jahr insgesamt an Gästen befördert hätten. „Das sind zwar keine kurzfristigen Reisen, aber für den September und Oktober sind die Zahlen gut.“ Was dann jedoch folge, sei der lange Winter. „Und für diesen Zeitraum fehlt uns einfach der finanzielle Puffer, den man sonst im Jahr aufbaut“, sagt Knipschild, der sich dennoch die Zuversicht nicht nehmen lässt: „Wenn Corona wirklich überstanden sein sollte, starten wir nächstes Jahr sicher wieder durch.“

>>HINTERGRUND<< Reiseanbieter müssen in Fonds einzahlen

Der Bundestag hat vergangene Woche das Gesetz für einen Reisesicherungsfonds beschlossen, um Kunden bei Insolvenzen von Reiseunternehmen, wie etwa 2019 Thomas Cook, besser zu schützen. Reiseanbieter sollen künftig in einen Fonds einzahlen, über den etwa Rücktransporte betroffener Urlauber gewährleistet werden sollen. Aufgebaut werden soll bis 2027 ein Fondsvermögen von 750 Millionen Euro.

Dafür müssen Veranstalter bis November 2022 fünf Prozent ihres Umsatzes einzahlen. Unternehmen mit weniger als 10 Millionen Euro Jahresumsatz sind nicht zum Beitritt verpflichtet, müssen sich dann aber auf dem freien Markt versichern. Das Gesetz erlaubt aber keine Haftungsgrenze, worauf sich kaum ein Versicherer einlassen werde, wie der Verband Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen glaubt.

So seien auch mittelständische Unternehmen indirekt zum Fondsbeitritt gezwungen, die sich ohne Gesetz deutlich günstiger versichern könnten. „Man kann uns nicht mit Veranstaltern vergleichen, die Flugreisen anbieten“, sagt Friedel Knipschild (Hunau Reisen). „Die Kosten einer Rückholaktion wären bei uns viel geringer und in den meisten Fällen ist der Bus ohnehin mit vor Ort.“