Hagen. Noch müssen nur Bankkunden mit hohen Geldvermögen Strafzinsen zahlen. Aber der Druck auf Geldinstitute steigt, solange die Nullzinspolitik anhält.

Geld ausgeben ist in diesen Tagen gar nicht so einfach. Und mittlerweile kostet Geld haben auch noch etwas, jedenfalls bei immer mehr Banken und Sparkassen.

Absehbar nehmen die Möglichkeiten, die persönliche Konsumquote während der Pandemie in die Höhe zu treiben, wohl nicht zu. Jedenfalls, wenn man nicht das Internet leer kaufen möchte. Kein Wunder also, dass Privatvermögen auf Konten vieler Banken und Sparkassen im vergangenen Jahr mächtig angewachsen sind. Geld, für das die Kreditinstitute Zinsen bei der Europäischen Zentralbank zahlen müssen, wenn sie es dort zwischenlagern und nicht in Form von Kreditvergaben schnell wieder loswerden. Für die Branche nach wie vor ein unangenehmes Thema.

Freibeträge unterscheiden sich

Länger als andere hatte beispielsweise die genossenschaftliche Sparda-Bank West Strafzinsen auf Kundenguthaben vermieden. Seit dem 1. April aber bittet auch sie ihre Kunden mit 0,5 Prozent Zinsen zur Kasse, und zwar schon ab der in der Branche vergleichsweise niedrigen Summe von 25.000 Euro auf dem Girokonto und 50.000 Euro auf Tagesgeldkonten.

Einfach mehrere Giro- oder Tagesgeldkonten bei der Sparda-Bank zu eröffnen, bringt natürlich nichts. Die Freibeträge gelten jeweils nur für das erste Konto. „Wir haben lange auf einen solchen Schritt verzichtet, müssen ihn jetzt aber zum Wohle der gesamten Genossenschaft gehen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Sparda-Bank West, Manfred Stevermann.

„Überflutung mit Geld droht“

Die frühere Eisenbahnerbank, die länger als andere auch kostenlose Girokonten anbot, reagierte auf deutlich gestiegene Einlagen im abgelaufenen Jahr – und auf die Entwicklung in der Bankenbranche, in der Verwahrentgelte oder Strafzinsen für höhere Geldvermögen auf Konten längst keine Seltenheit mehr sind. Um 4,7 Prozent oder 531 Millionen Euro wuchsen die Einlagen bei der Genossenschaftsbank auf stattliche 11,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.

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Der Sparda West blieb aus ihrer Sicht kaum eine Wahl: „Wenn wir als große Regionalbank darauf nicht oder zu spät reagieren, laufen wir Gefahr, von neuen Einlagen überflutet zu werden. Das würde unseren Zinsaufwand noch weiter erhöhen“, begründet Stevermann die Entscheidung. Das viele Geld in den Tresoren werde „zunehmend zu einer betriebswirtschaftlichen Belastung“. Betroffen sind die Bestandskunden mit geringer Verzögerung ebenso wie die Neukunden bei der Sparda.

Milliarden-Zinsbeträge

Seit 2014 erhebt die Europäische Zentralbank (EZB) Zinsen für Geld, das Banken und Sparkassen bei ihr „parken“. Anfangs betrug der Zinssatz 0,1 Prozent. Seit 2019 liegt der Zins bei 0,5 Prozent, also in der Höhe, die viele Kreditinstitute mittlerweile an vermögende Kunden „weitergeben“.

Nach Expertenberechnungen lagen die Strafzinsen, die deutsche Geldinstitute 2020 an die EZB zahlen mussten, bei deutlich überzwei Milliarden Euro. Ein Teil dieser Summe sei auf die deutlich gestiegenen Geldeinlagen der Kunden in der Corona-Krise zurückzuführen.

Dies handhaben andere Geldinstitute etwas anders. Die Sparkasse Hagen/Herdecke etwa erhebt bei Neukunden ab dem ersten Euro Strafzinsen. Dafür räumt sie ihren Bestandskunden für Gelder auf Giro- oder Tagesgeldkonten 100.000 Euro Freibetrag ein und zusätzlich noch 75.000 Euro auf Sparkonten. Für Ehepaare sogar das Doppelte.

Auch die Märkische Bank unterscheidet bei Bestands- und Neukunden. Während mit Bestandskunden individuelle Regelungen vereinbart würden, haben Neukunden hier einen Freibetrag von 100.000 Euro und zahlen erst ab dem 100.001. Euro die 0,5 Prozent Strafzins. Die Regelung gilt seit diesem Jahr.

Folge der EZB-Geldpolitik

„Wir gehen davon aus, dass die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank noch länger andauern wird“, begründet Christoph Ebert, Leiter des Vorstandsstabes der Märkischen Bank, warum auch das Thema Verwahrentgelte für vermögende Kunden voraussichtlich zum Dauerbrenner werden wird.

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Nicht ausgeschlossen, dass die Freibetragsgrenzen immer weiter sinken werden. Ob Sparda West, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, Commerzbank oder Deutsche Bank – alle zahlen mittlerweile die 0,5 Prozent Zinsen für Geld, das sie bei der EZB zwischenlagern (müssen). Insofern dürfte sich an dieser Praxis kaum etwas ändern, wenn der Konsum wieder anzieht. Zumal in der Banken-Branche die Margen in den vergangenen Jahren mit Niedrigzinsen so drastisch zusammengeschmolzen sind, dass allenfalls noch im hart umkämpften Kreditgeschäft verdient wird.