Hagen. Die Tourismusbranche hofft kurzfristig auf eine „Test-Urlaubsregion“ im Sauerland. Die Landesregierung macht hier Hoffnungen.
Lockdown-Verlängerung bis zum 18. April mit zwischenzeitlicher Maximalruhe um die Ostertage. Ein Schritt vor, zwei zurück – wo ist vorne, wo oben und unten? Am Morgen nach dem Marathongipfel von Bund und Ländern herrscht in der Wirtschaft je nach Branche Wut, Enttäuschung und auch einige Verwirrung. Zentraler Knackpunkt auch für die Wirtschaft nach wie vor: Es fehlt schlicht an Tests, das Impftempo ist zu niedrig.
Tourismus
Nach der Entwicklung der vergangenen Tage waren die Beschlüsse zu Osterurlauben von Experten wie Thomas Weber von Sauerland-Tourismus erwartet worden. „Hart, ja ultrahart“ seien sie dennoch. Wie paralysiert herumsitzen und warten wollen die Touristiker aber keineswegs. Es gibt Ideen, statt Nichtstun. „Wir schlagen vor, das Sauerland oder Teile als Testregion für Urlaub festzulegen. Wir könnten mit einem oder einigen Orten starten, um dann mit anderen nachzuziehen“, sagt Weber.
Die Branche könnte seiner Ansicht nach so beweisen, dass ihre Konzepte Übernachtungsurlaub ohne Risiko möglich machen. Klappt es, will man dann das Ganze in die Fläche „zoomen“.
Positive Signale aus Düsseldorf
Eine Hoffnung immerhin, die ähnlich auch bereits in Winterberg formuliert wurde. Bereits am Montag sei das Konzept für die Idee von Sauerland Tourismus nach Düsseldorf zu Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart gesendet worden – also noch vor der Nachtsitzung in Berlin. Es war bereits durchgesickert, dass es möglicherweise solche Modellversuche geben könnte. Auch die NRW-Landesregierung hatte sich dafür nach eigenen Angaben stark gemacht.
Da will man im Sauerland auf jeden Fall dabei sein. Und Minister Pinkwart hatte in jüngster Vergangenheit bereits mehrfach signalisiert, dass er unter den richtigen Rahmenbedingungen nichts für unmöglich hält – auch, um ein Branchensterben zu verhindern. Ob die „Testurlaubs-Idee“ (auch mehrere Testregionen wie Münsterland oder Teutoburger Wald seien denkbar) auf Gehör in der Landesregierung stößt und wie kurzfristig so etwas umsetzbar wäre, war am Dienstagmorgen noch unklar. Am Abend kam das erste positive Signal aus Düsseldorf: Nordrhein-Westfalen werde den Beschluss zeitnah mit klaren Kriterien für die zu öffnenden Bereiche und die Auswahl an Städten ausfüllen, erklärte das Landeswirtschaftsministerium auf Anfrage dieser Zeitung. „Winterberg zählt dabei für das Wirtschaftsministerium zu einem der bevorzugten Standorte“, heißt es weiter.
Hotellerie und Gastronomie
Helfen könnte die Idee auch der gebeutelten und in Teilen frustrierten Gastronomie. Hier sei die Stimmung verheerend, sagt Bernd Niemeier, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) Nordrhein-Westfalen: „Wir sind die „Dauergelockten“, weil der Staat im Umgang mit der Corona-Pandemie zahlreiche Entwicklungen versäumt hat.“ Man fordere trotz des generellen „Osterlockdowns“ deshalb endgültig einen Sinneswandel und deutlich mehr Anstrengungen auf allen Ebenen des Staates: „Testet uns offen! Hebt das Tempolimit bei Impfungen, Tests und der Digitalisierung auf! Gebt Gas! Errichtet Testzelte auf Marktplätzen, baut Teststraßen in allen Gemeinden, gebt Bürgern Testmöglichkeiten an allen Ecken und Enden. Und das am besten „25“ Stunden an jedem Tag der Woche. Wir wollen die Getesteten, die Geimpften und die Genesenen wieder als unsere Gäste begrüßen dürfen. Das ist unsere Überlebensstrategie“, stellt Niemeier klar, der auch deutlich mehr finanzielle Schadensbegrenzung einfordert.
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Industrie
Ganz sicher, was der Beschluss zur Osterruhe inklusive Gründonnerstag bedeuten soll, war man sich bei den Unternehmensverbänden in Nordrhein-Westfalen am Morgen danach selbst nicht.
IHK-Umfrage zu Corona-Tests in Betrieben
Testen in Betrieben ist ein hoch aktuelles Thema. „Wenn noch nicht getestet wird, hat dies mit mangelnder Versorgung mit Tests zu tun und nicht mit mangelnder Bereitschaft“, erklärt der Hauptgeschäftsführer der Dortmunder Industrie- und Handelskammer, Stefan Schreiber. Eine angeordnete Testpflicht sei also überflüssig.
Die IHK Dortmund hat eine Blitzumfrage zum Thema gestartet, an der sich 8000 Unternehmen beteiligten. Ergebnis: Rund 60 Prozent der Unternehmen im Kammerbezirk beschäftigen sich mit dem Thema Testen. Etwa 30 Prozent bieten für die Belegschaft bereits Corona-Test an. 30 Prozent planen zumindest, dies in Kürze zu tun.
Ähnlich wie Arndt G. Kirchhoff, Präsident von Unternehmer NRW , sieht es auch der Vorsitzende des Märkischen Arbeitgeberverbandes (MAV) Horst-Werner Maier-Hunke: „Wir warnen vor den massiven Problemen und Kosten, die eine Schließung aller Unternehmen bereits am Gründonnerstag mit sich bringen würde. Die Auswirkungen auf Prozesse und Lieferketten wären gravierend. Das Herunterfahren der Wirtschaft über Ostern wäre angesichts der bereits lang andauernden Corona-Krise ein falsches Signal und muss zurückgenommen werden.“ Die Unternehmen seien grundsätzlich bereit, in den Betrieben zu testen. Der MAV habe dazu aktuell abgefragt. Drei von vier Betrieben beschäftigten sich demnach konkret mit dem Thema. Alle hätten vor allem eine Frage: Wie ausreichend Selbst- und Schnelltests heranzukommen sei, auch um die eigene Belegschaft zu schützen. Der Verband versuche hier bereits Kontakt zu Herstellern vermitteln.