Bonn. In der Corona-Krise hat die Deutsche Post mit DHL rund 20.000 neue Arbeitsplätze weltweit aufgebaut. Ein Ende des Paket-Booms ist nicht in Sicht.

Der Bühnenaufbau für die Post-Bilanz ist ganz auf Frank Appel zugeschnitten. Er steht im Mittelpunkt, flankiert von Finanzchefin Melanie Kreis. Hinter ihnen sind große Bildschirme zu sehen, auf denen die weiteren Vorstandsmitglieder – allesamt Männer – zugeschaltet sind. Seit dreizehn Jahren steht Appel an der Spitze des Bonner Konzerns, der sich als weltweit führender Logistikkonzern etabliert hat. Rund 570.000 Mitarbeiter weltweit gehören mittlerweile zum gelben Riesen. Allein im vergangenen Jahr sind 20.000 hinzugekommen, etwa 90.000 auf die zurückliegenden sieben Jahre gerechnet.

Zusammenfassend könne er sagen, dass sich sein Unternehmen „sicherlich in der besten Verfassung jemals“ befinde, trägt Appel vor und liefert gleich noch eine Variation seiner Botschaft: „Insgesamt steht die Gruppe so gut da wie noch nie zuvor.“ Appels Gleichung lautet: Globalisierung schafft Wachstum, und Wachstum schafft Arbeitsplätze.

Pandemie beschert Paketkonzern DHL Rekordzahlen

Post-Chef Frank Appel: „Wir haben Finanzkraft wie nie zuvor.“
Post-Chef Frank Appel: „Wir haben Finanzkraft wie nie zuvor.“ © dpa | Marius Becker

Seine Rekordbilanz stellt der Post-Chef als Ergebnis einer langfristigen Strategie dar, nicht als kurzfristigen Corona-Effekt. Aber klar ist auch: Die Pandemie hat der Deutschen Post mit ihrem Paketdienst DHL einen regelrechten Boom beschert. Im Lockdown mit Ladenschließungen und Homeoffice lassen sich viele Menschen mehr noch als bisher schon ihre Einkäufe vor die Haustür liefern. Über 1,6 Milliarden Pakete zählte der Konzern im Corona-Jahr 2020 auf dem Heimatmarkt – rund 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Künftig werde sich der Zuwachs zwar „normalisieren“, aber es werde weiter nach oben gehen, prognostiziert Post-Chef Appel.

In Deutschland ist DHL Marktführer beim Paketversand, knapp die Hälfte des Umsatzes in diesem Bereich entfällt auf den früheren Staatsmonopolisten, an dem der Bund über die Förderbank KfW noch mit einem 20-Prozent-Anteilspaket beteiligt ist. Etwa 40 Prozent der rund 20.000 neuen Arbeitsplätze im vergangenen Jahr sind Unternehmensangaben zufolge in Deutschland entstanden.

Der US-Konzern Amazon gehört zu den großen Kunden von DHL in Deutschland. Seit einigen Jahren baut Amazon allerdings auch ein eigenes Logistiknetz auf. Post-Chef Appel zeigt sich gelassen, wenn er darauf angesprochen wird. Er erwarte, dass DHL durch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis punkten könne. Weltweit liege der Amazon-Anteil am DHL-Umsatz bei zwei – und in Deutschland bei sechs Prozent, sagt Appel.

Post-Chef Appel: „Wir haben Finanzkraft wie nie zuvor“

Mitten in einer schweren Weltwirtschaftskrise ist es eine Bilanz mit kräftigen Zuwächsen, die Appel präsentieren kann. Der Umsatz ging um 5,5 Prozent auf 66,8 Milliarden Euro in die Höhe, der Nettogewinn sogar um 13,6 Prozent auf rund drei Milliarden Euro. „Wir haben Finanzkraft wie nie zuvor“, berichtet Appel. Aufgrund des hohen Gewinns habe das Management auch eine Sonderdividende erwogen, erklärt Finanzchefin Kreis. Das Management entschied sich stattdessen, Post-Aktien für bis zu eine Milliarde Euro zu kaufen, was den Kurs des Unternehmens an der Börse beflügeln könnte. Die Dividende soll von 1,15 auf 1,35 Euro steigen.

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In der Corona-Krise will DHL auch das Geschäft mit der Impfstofflogistik ausbauen. „Das wächst jede Woche und steigt stetig“, sagt Appel mit Blick auf den Transport von Impfdosen. Er gehe davon aus, dass die Transporte zur Versorgung mit Impfstoff in Europa im Laufe des Jahres abgeschlossen sein werden. „Aber es besteht dann ja noch die Herausforderung vieler Entwicklungsländer.“

Deutsche Post bereit für Impfungen der eigenen Mitarbeiter

Kritik an einer schlechten oder zu langsamen Impfstoff-Versorgung sei aus seiner Sicht nicht angemessen, sagt der Post-Chef. „Da wird immer wieder die Politik dafür kritisiert, dass alles viel zu langsam geht, nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit. Ich glaube, vor sechs Monaten hat keiner erwartet, dass wir überhaupt einen Impfstoff haben“, gibt Appel zu bedenken. „Deswegen können wir sehr zufrieden sein mit dem Fortschritt.“

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Die Deutsche Post will sich auch daran beteiligen, die eigenen Mitarbeiter in mehr als 200 Ländern zu impfen. Viel hänge aber davon ab, wie schnell das Unternehmen Impfstoff bekomme. „Wir wollen natürlich dann auch versuchen, Menschen in unserem ganzen Unternehmen zu impfen.“ Bis heute sei die Deutsche Post allerdings noch von keinem Staat beauftragt worden, die Mitarbeiter zu impfen. „Wir stehen da bereit“, erklärt Appel. „Momentan haben wir aber eben noch keinen Zugang zu Impfstoffen.“

Frage nach erneutem Corona-Bonus für Beschäftigte

Im vergangenen Jahr hat der Konzern so gut wie jedem Beschäftigten weltweit einen „Corona-Bonus“ in Höhe von 300 Euro zukommen lassen. Ob es eine solche Extrazahlung in diesem Jahr erneut geben werde, ließ Appel offen. „Dazu haben wir noch keine Entscheidung getroffen“, sagt Appel auf Nachfrage. Wenn die Entwicklung in diesem Jahr absehbar sei, komme das Thema erneut auf den Tisch.

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In den nächsten Monaten wird sich der Aufsichtsrat der Deutschen Post wohl auch mit der Frage beschäftigen, wie es an der Spitze der Post weitergeht. Der Vertrag von Appel, der nunmehr so lange wie kaum ein anderer Manager einen deutschen Großkonzern führt und laut Geschäftsbericht für das vergangene Jahr rund zehn Millionen Euro als Vorstandsvergütung erhielt, läuft bis Oktober 2022. In aller Regel beschäftigen sich die Gremien der Konzerne ein Jahr vor Vertragsende mit der Chefpersonalie. Ob er weitermachen wolle? Darüber werde er „zu gegebener Zeit“ mit dem Aufsichtsrat sprechen, sagt der 59-jährige Appel. Es erfülle ihn jedenfalls mit Stolz, dass er ein Rekordergebnis habe präsentieren können.