Berlin. Banken und Sparkassen nehmen höhere Gebühren für die Kontoführung. Das könnte sich rächen – die Wechselbereitschaft der Kunden steigt.
- Bankkunden müssen sich auf einige teure Veränderungen bei ihrem Girokonto einstellen
- Es werden Gebühren für Überweisungen fällig, zudem wird oft auch ein Mindestgeldeingang verlangt
- Wir zeigen, bei welchen Banken das Girokonto jetzt mehr kostet
Viele Banken ziehen derzeit die Preise an: Teils müssen Kunden das Doppelte für ihre bisherigen Kontomodelle zahlen. Denn viele Banken und Sparkassen sind unter Kostendruck geraten – und prüfen nun Preiserhöhungen.
Die Ursache: Weiter sinkende Zinserträge durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und jährliche Kostensteigerungen der Institute von vier Prozent. Mit den höheren Kontogebühren kann allerdings nur ein kleiner Teil der sinkenden Erträge im Zinsgeschäft kompensiert werden.
Girokonten: Führungsgebühren steigen im Schnitt um 30 Prozent
Seit Anfang Oktober zahlen auch die Kunden der Deutschen Bank höhere Kontoführungsgebühren. Allein das Aktivkonto hat sich innerhalb von zwei Jahren um 38 Prozent verteuert. „Wir sehen, dass die Banken an vielen Stellschrauben drehen, nicht immer ist der Grundpreis des Kontos betroffen“, sagt Ania Scholz-Orfanidis von der FMH-Finanzberatung.
So verlangt die Commerzbank für jede beleghafte Überweisung jetzt 2,50 Euro statt 1,50 Euro. Bereits im Vorjahr hatten laut einer Umfrage des Verbraucherportals Biallo rund 400 von 1300 deutschen Geldhäusern ihre Preise für Girokonten erhöht. Im Schnitt stiegen die Preise für Online- und klassische Filialkonten um rund 30 Prozent und für Premiumkonten, die einen Großteil gängiger Bankdienstleistungen abdecken, um etwa 20 Prozent.
Auch interessant:Corona-Krise und Geld: Was Sparer jetzt wissen müssen
400 deutsche Banken erhöhten 2019 Preise – Risiko für Abwanderung steigt
Doch mit solchen Preiserhöhungen werden sich die Bankkunden künftig voraussichtlich nicht mehr abfinden. Die Wahrscheinlichkeit der Abwanderung steigt. Das geht aus einer neuen Girokonto-Studie der Managementberatung Investors Marketing hervor. Bei preissensiblen Kunden sei die Schmerzgrenze erreicht, so die Studie. „Simple Erhöhungen des Grundpreises, etwa um ein Euro oder zwei Euro, lassen sich nicht mehr ohne erhöhte Abwanderungsgefahr durchsetzen“, sagt Thomas Wollmann, Vorstand von Investors Marketing.
Das Girokonto, auf dem das Gehalt eingeht, ist nach dem Verständnis der meisten Kunden die sogenannte Hausbankverbindung. „70 Prozent der Kunden definieren ihre Hausbank über den Gehaltseingang auf dem Girokonto“, sagt Wollmann. Sparkassen und Volks- sowie Raiffeisenbanken verzeichnen eine Hausbankquote von mehr als 90 Prozent.
Kontogebühr: Gratis-Girokonten werden immer seltener
Dagegen weisen Geschäftsbanken eine Quote von knapp 58 Prozent und Direktbanken von nur rund 39 Prozent auf. „Folglich ist es Direkt- und Geschäftsbanken in der Vergangenheit zwar gelungen, mit Neukundenmaßnahmen erfolgreich Konten am Markt zu gewinnen. Für eine nachhaltige Durchdringung und emotionale Kundenbindung ist aber mehr als das Konto notwendig“, sagt der Experte.
Deshalb korrigieren viele Banken ihre Strategie. Jahrelang hat die Commerzbank mit ihrem kostenlosen Girokonto geworben und bei diesen Aktionen auch auf den eigentlich notwendigen monatlichen Geldeingang verzichtet. Damit ist jetzt Schluss.
Bankgebühren: Monatlicher Geldeingang auf Konto entscheidend
Vom 1. Oktober an zahlen Commerzbank-Neukunden, die keinen Mindestgeldeingang von 700 Euro vorweisen können, 9,90 Euro Kontoführungsgebühr pro Monat. Bei Bestandskunden wird auf diese Regel verzichtet. Lesen Sie auch:Check24 vergleicht Girokonten – Verbraucherzentrale kritisch
Auch bei der ING ist jetzt ein monatlicher Geldeingang von 700 Euro Voraussetzung für die kostenlose Kontoführung.
Die Volkswagen Bank hat das Gratis-Girokonto abgeschafft. „Die Banken wollen aktive Kunden haben und keine Kontoleichen“, sagt Scholz-Orfanidis von der FMH-Finanzberatung: „Es wird zwar in den kommenden Jahren weiterhin kostenfreie Girokonten geben, aber sie erfordern zunehmend einen bestimmten Geld- oder Gehaltseingang.“
Diese Girokonten sind noch kostenlos
Doch Ausnahmen wird es immer geben.
So verspricht die Hypovereinsbank für fünf Jahre Kostenfreiheit bei ihrem Pluskonto, das eigentlich 9,90 Euro im Monat kostet. Danach kann der Preis weiterhin bei null Euro liegen, wenn man entsprechend viele andere Finanzprodukte der Hypovereinsbank nutzt.
Das Vergleichsportal Biallo hat noch 38 Girokonten gefunden, die ohne Bedingungen kostenlos sind. Dazu gehören Angebote der
- Degussa Bank,
- Santander Bank,
- Comdirect,
- Norisbank,
- Consorsbank,
- DKB und
- 1822direkt, die Direktbank der Sparkassen.
Auch interessant:Trotz Coronakrise: 17 Banken erhöhen Zinsen fürs Festgeld
Ein weiterer Anbieter für ein kostenloses Konto ist jetzt an den Start gegangen. Die C24-Bank des Vergleichsportals Check24 bietet neben einem kostenlosen Konto auch ein Premium-Konto für 9,90 Euro an, das Rückvergütungen bei Einkäufen auf Check24 ebenso enthält wie umfangreiche Versicherungsleistungen. Allerdings haben die Konten keine EC-Karte, sondern nur eine Kreditkarte, mit der kostenlos Geld an Automaten abgehoben werden kann.