Essen. Die Bilanz von Thyssenkrupp fällt düster aus. Erste Zahlen zu milliardenschweren Abschreibungen sickern durch. Die Lage ist ernst.
Die Bilanz des Essener Traditionskonzerns Thyssenkrupp für das zurückliegende Geschäftsjahr fällt düster aus. Soviel ist bereits klar, bevor Vorstandschefin Martina Merz offiziell die Zahlen vorgelegt hat. In Unternehmenskreisen ist von milliardenschweren Abschreibungen und hohen Verlusten im laufenden Betrieb die Rede. Die Corona-Krise habe Thyssenkrupp mit voller Wucht getroffen. Damit werde ein großer Teil der Einnahmen aus dem Verkauf der Aufzugssparte wieder aufgefressen.
Wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Konzernkreise berichtete, werde der Wert der Stahlsparte aufgrund der verschlechterten Geschäftsaussichten in den Büchern von Thyssenkrupp um mehr als eine Milliarde Euro nach unten korrigiert. Zu der Abschreibung komme Unternehmenskreisen zufolge ein hoher Verlust aus dem laufenden Betrieb. Allein für den Stahlbereich rechnen Analysten mit einem Verlust von rund einer Milliarde Euro, so die Deutsche Presse-Agentur.
Milliardenschwere Abschreibungen in der Thyssenkrupp-Bilanz
Zu erwarten ist nach Informationen unserer Redaktion auch, dass es nicht nur in der Stahlsparte, sondern auch in anderen Bereichen des Konzerns erhebliche Abschreibungen geben wird. Ziel des Managements um Martina Merz dürfte sein, in der Bilanz aufzuräumen, um danach eine positive Entwicklung darstellen zu können.
Am heutigen Donnerstag präsentiert der Vorstand die Bilanz für das Geschäftsjahr 2019/2020, das bis Ende September lief. Ein Sondereffekt ist absehbar: Durch den mehr als 17 Milliarden Euro schweren Verkauf der Aufzugsparte an Finanzinvestoren sowie die Essener RAG-Stiftung dürfte unter dem Strich ein Überschuss in der Thyssenkrupp-Bilanz stehen.
Vorstand meldet sich per Videokonferenz
Üblicherweise zeigt sich die Konzernführung geschlossen im Essener Konzernquartier, diesmal will sich der Vorstand wegen der Corona-Pandemie in einer Videokonferenz zu Wort melden.
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Am Dienstag war bekannt geworden, dass Thyssenkrupp die Grobblech-Produktion in Duisburg mit rund 800 Arbeitsplätzen schließen wird. Gespräche über einen möglichen Verkauf des Werks im Stadtteil Hüttenheim hätten zu keinem Ergebnis geführt, hieß es. Der Thyssenkrupp-Vorstand hatte schon vor einigen Monaten angekündigt, das Werk im September 2021 zu schließen, sollte sich bis Ende des Jahres kein Investor finden.
IG Metall fordert Staatsbeteiligung
Der nordrhein-westfälische IG Metall-Chef Knut Giesler sagte, dies zeige, „wie dringend notwendig eine Staatsbeteiligung für den Stahlbereich von Thyssenkrupp“ sei. Auch Stahlbetriebsratschef Tekin Nasikkol ruft angesichts der schwierigen Lage nach staatlicher Hilfe für den Konzern. Ein Staatseinstieg sei „in der jetzigen Krise notwendig“, schrieb Nasikkol im Netzwerk LinkedIn und verwies auf Herausforderungen wie den Umbau der Stahlwerke hin zu einer klimaneutralen Stahlproduktion.
Der vom britisch-indischen Unternehmer Sanjeev Gupta kontrollierte Konzern Liberty Steel hat sich für eine Übernahme des größten deutschen Stahlkonzerns ins Gespräch gebracht. Die Gewerkschaft sieht das Angebot aber skeptisch.