Bochum. Auf dem Bochumer Opel-Gelände soll eine Roboterfabrik mit mehreren hundert Jobs entstehen. Eine Rolle spielen dabei die RAG-Stiftung und Siemens.
Daniel Bunse stupst Sawyer kurz an und schon bewegt der Roboter seine Arme. Zur Begrüßung serviert Sawyer einen Kaffee. Ein paar Meter entfernt steht eine weitere Maschine, die Einkaufswagen desinfiziert. In einer großen, hellen Halle im Bochumer Stadtteil Langendreer liefert das Unternehmen Rethink Robotics eine kleine Leistungsschau. „Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig“, sagt Firmenchef Bunse und zeigt auf den Roboter. In medizinischen Laboren etwa könne die Maschine Aufgaben wie das Bearbeiten von Teströhrchen erledigen. „Gerade in der Corona-Krise arbeiten viele Labore an der Belastungsgrenze. Wenn ein Roboter bestimmte Tätigkeiten übernimmt, wird das Personal entlastet“, sagt Bunse. Auch Handwerksbetriebe will er erreichen.
Erst seit wenigen Wochen befinden sich der Firmensitz und die Produktion von Rethink Robotics im Ruhrgebiet – und das hat viel mit der Essener RAG-Stiftung zu tun. Denn die vor zwölf Jahren im amerikanischen Boston gegründete Roboterfirma gehört zur rheinland-pfälzischen Unternehmensgruppe Hahn, die sich wiederum in den Händen der Beteiligungsgesellschaft RSBG der milliardenschweren RAG-Stiftung befindet. Stiftungschef Tönjes sagt, die Ansiedlung in Bochum stehe „sinnbildlich für die Transformation der vom Bergbau geprägten Region hin zum Standort für Zukunftstechnologien“. Er sei sicher, dass Rethink Robotics im Ruhrgebiet weiter wachsen könne.
RAG-Stiftung war bei Ansiedlung von Rethink Robotics beteiligt
Tönjes hat als Ziel formuliert, durch Firmenansiedlungen mehr Arbeitsplätze ins Ruhrgebiet zu holen. Zuallererst gehe es darum, das Geld der Stiftung sicher und möglichst gewinnbringend anzulegen, sagte Tönjes unlängst. „Wir möchten unser Netzwerk aber auch zunehmend nutzen, um Ansiedlungen im Ruhrgebiet zu ermöglichen.“ Eine wichtige Rolle spielt dabei die Beteiligungsgesellschaft RSBG, die bei etwa einer Milliarde Euro Jahresumsatz rund 8000 Menschen in ihren Gesellschaften beschäftigt. Mit kleineren Beträgen ist die Stiftung eigenen Angaben zufolge an etwa 20.000 Unternehmen in der Welt beteiligt.
Noch befindet sich der Firmensitz von Rethink Robotics in einer Leichtbauhalle. Dies soll allerdings keine Dauerlösung sein, betont Unternehmenschef Bunse: „Mit dem temporären Gebäude können wir flexibel darauf reagieren, wie es weitergeht.“ Mit rund 30 Mitarbeitern ist Rethink Robotics aktuell in Bochum aktiv. Doch Bunse deutet an, dass sein Unternehmen ganz andere Größenordnungen anstrebt. „Wir planen in Bochum eine Roboterfabrik zu bauen mit mehreren hundert Beschäftigten“, berichtet er. Das frühere Opel-Gelände Mark 51/7 sei dafür „sicherlich ein idealer Standort“.
Roboterfirma setzt auf Zusammenarbeit mit Siemens und hat Bochumer Opel-Fläche im Blick
Rethink Robotics arbeitet auch mit dem Technologieriesen Siemens zusammen. „Im kommenden Frühjahr wollen wir den Prototyp einer neuen Roboterreihe präsentieren“, kündigt Bunse an. Im Zuge einer Entwicklungskooperation sei Siemens auch mit einem Anteil von knapp unter zehn Prozent bei Rethink Robotics eingestiegen. Das Ziel sei der Bau eines Roboters, der auch in der Industrie eingesetzt werden könne.
Momentan ist Rethink Robotics auf sogenannte kollaborative Roboter spezialisiert – Maschinen also, die gemeinsam mit Menschen arbeiten können und nicht aus Sicherheitsgründen abgeschirmt werden müssen. „Sawyer ist so entwickelt, dass ihn auch ein Laie sicher und einfach bedienen kann“, hebt Bunse hervor. Es sei nicht notwendig, ein Experte zu sein, um das Gerät zu programmieren. Im Gegensatz zu großen Industrie-Robotern lasse sich Sawyer in den Alltag integrieren
„Mit unserem kleinen Team in der Produktion sind wir in der Lage, bis zu 15 Roboter pro Woche herzustellen“, erzählt Bunse. „Alle Roboter an unserem Standort in Bochum entstehen in Handarbeit.“ Personal vom Gründungsstandort Boston hat Rethink Robotics nicht übernommen, stattdessen will Bunse die Firma im Ruhrgebiet grundlegend neu aufbauen. „Von Rethink Robotics sind bereits mehrere Tausend Geräte im Markt. Aber klar ist auch, dass wir hier in Bochum neu beginnen.“
„Roboter, die Spülmaschinen ausräumen oder in der Küche helfen“
Der 37-jährige Bunse kommt aus dem Ruhrgebiet. Sein Mechatronik-Diplom hat er in Bochum an der Fachhochschule gemacht, wo er vor 12 Jahren auch sein Unternehmen Ruhrbotics gegründet hat. Bunses erstes Firmenbüro befand sich in einem 14 Quadratmeter großen Raum der Fachhochschule. Die Firma Ruhrbotics ist mittlerweile in der Hahn Group aufgegangen.
„Ein großer Vorteil für uns bei Rethink Robotics ist, dass wir in ein großes Unternehmen mit einem entsprechenden Netzwerk integriert sind“, sagt Bunse. „Damit können wir uns auf das Wesentliche konzentrieren: Roboter entwickeln und am Markt zu einem Erfolg machen.“ Das Potenzial sei groß. Er sei überzeugt davon, dass Roboter in Zukunft viel stärker als bisher den Alltag prägen werden. „Roboter, die Spülmaschinen ausräumen oder in der Küche helfen – das wird alles kommen“, sagt Bunse. „Selbstständig arbeitende Rasenmäher oder Staubsauger, die für viele Menschen schon jetzt selbstverständlich sind, zeigen, in welche Richtung es geht.“