Holzwickede. Die Gründer des Reiseportals Urlaubsguru haben einen offenen Brief an den Außenminister geschrieben. Einer der Gründer erläutert die Beweggründe.
Deutschlands Reisebranche leidet schwer unter den Folgen der Corona-Krise. Die Gründer des Reiseportals Urlaubsguru, Daniel Marx und Daniel Krahn, haben daher einen offenen Brief an Bundesaußenminister Heiko Maas geschrieben, um die Interessen der Branche zu artikulieren. Im Gespräch mit unserer Redaktion berichtet Daniel Krahn, der Geschäftsführer und Miteigentümer der Urlaubsguru-Mutterfirma Uniq, wie es um das Unternehmen aus Holzwickede steht. Krahn spricht auch darüber, was er von Urlaub auf Mallorca in Corona-Zeiten hält – und wie er das Geschäft mit Pauschalreisen angesichts der Pandemie-Risiken einschätzt.
Herr Krahn, die Corona-Krise bringt viele Touristikbetriebe in Bedrängnis, auch Ihr Reiseportal Urlaubsguru?
Krahn: Mich erinnert das alles an eine Achterbahnfahrt. Es ist rasant mit uns nach oben gegangen, jetzt geht es mal steil bergab und der Wind bläst uns ins Gesicht. Mit dem Lockdown ist unser Geschäft zwischenzeitlich eingebrochen, noch immer ist die Verunsicherung bei den Kunden groß, auch wenn es langsam aufwärts geht. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Herausforderung anzunehmen. Für die aktuelle Krise können wir ja nichts, sie ist nicht unser Verschulden, sondern trifft nahezu die gesamte Branche.
Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet mit vielen Insolvenzen in der Reisebranche. Wie steht es um Ihr Unternehmen?
Krahn: Wir kommen relativ gut durch die Krise. Aktuell liegt unser Umsatz bei 40 Prozent des Vor-Corona-Niveaus. Aber verglichen mit der Situation der Branche ist das ein guter Wert. Wir sind aus einer starken Position in die Corona-Krise geraten – als eine der fünf größten Online-Reiseseiten bundesweit nach Besuchern gemessen.
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Sie vermitteln Reisen, Flüge oder Hotelzimmer und stellen Angebote von Unternehmen wie TUI, FTI oder Ryanair ins Schaufenster. Als Vermittler verdienen Sie an den Provisionen. In der Hochphase der Krise dürfte kaum Geld in Ihre Kasse gekommen sein. Wie hält dies ein recht junges Unternehmen aus?
Krahn: Seit unserer Gründung vor acht Jahren sind wir ohne einen Cent Fremdkapital ausgekommen. Immer waren wir Herr unserer eigenen Finanzen. Das hat sich im Frühjahr geändert. Wegen der Corona-Krise sind wir auf einen KfW-Kredit angewiesen.
Es ist zu vermuten, dass es um eine Millionensumme geht. Bringt Sie das in Bedrängnis?
Krahn: Der Kredit hilft uns natürlich erst einmal, unsere laufenden Kosten für Personal, Miete und Marketing zu decken, aber klar ist auch: Wir müssen das Geld innerhalb von fünf Jahren zurückzahlen. Das ist schon
sportlich. Daher müssen wir nun eisern sparen, 40 Arbeitsplätze haben wir notgedrungen abgebaut. Damit sind wir jetzt noch knapp 100 Leute. Der Einschnitt war brutal. Bei uns gibt es ein Arbeitsklima mit flachen Hierarchien. Es kennt praktisch jeder jeden. Plötzlich Familienväter oder Leute, die gerade ein Haus gebaut haben, nach Hause zu schicken, tut sehr weh.
Erhoffen Sie sich Hilfe von der Politik?
Krahn: Praktisch permanent stellt sich die Frage, was der richtige Weg in der Corona-Krise ist. In unserer Branche spielen natürlich die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes eine wichtige Rolle. Uns ist es wichtig, an dieser Stelle ein realistisches Bild zu zeichnen. Daher haben wir auch einen offenen Brief an Außenminister Heiko Maas geschrieben. Urlaubsländer werden als Risikoregionen definiert, wenn die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen über 50 pro 100.000 Einwohner liegt. Wir finden, es wäre sinnvoll, über die Berechnungsgrundlage nachzudenken, insbesondere in Urlaubsgebieten mit vielen Touristen.
Wollen Sie etwa weniger Corona-Schutz?
Krahn: Nein, darum geht es nicht. Wir hoffen, dass wir in der Politik Nachdenklichkeit erzeugen und vielleicht auch ein Umdenken. Unserer Meinung nach sollten bei der Definition der Einwohner künftig auch Touristen, mit denen sich die Zahl der Menschen in Urlaubsregionen zeitweise stark erhöht, berücksichtigt werden. Im Juli haben die Hotels auf Mallorca und den Nachbarinseln mehr als 354.000 Gäste beherbergt. Dies wird bei der Berechnung der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner aber nicht weiter beachtet. Das ist doch nicht sinnvoll.
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Viele Menschen haben in diesem Jahr in Deutschland Urlaub gemacht. Das stärkt die heimische Touristikbranche.
Krahn: Das stimmt, aber es wäre falsch, unnötig die Angst vor einer Infektion in anderen Ländern zu schüren. Einige Kollegen von uns haben sich in den vergangenen Wochen selbst ein Bild von deutschen Urlaubsregionen und beliebten Zielen in Europa gemacht – darunter Mallorca, Kreta und Kos. Viele Orte – wie die Zugspitze, bayrische Badeseen oder Großstädte wie bei uns im Ruhrgebiet – waren völlig überlaufen, die Hygieneregeln wurden zum Teil nicht eingehalten. In den europäischen Urlaubsregionen achtet das Personal von Hotels und Restaurants hingegen penibel auf die Einhaltung der Hygieneregeln.
Werden es die Anbieter von Pauschalreisen, zu denen häufig der Aufenthalt in Hotels mit dicht besetzten Speisesälen gehört, in der Corona-Krise besonders schwer haben?
Krahn: Pauschalreisen bieten den Kunden in Corona-Zeiten eine besonders große finanzielle Sicherheit, wenn eine Reisewarnung ausgesprochen wird. Dann wird die Buchung in aller Regel kostenlos storniert oder es kann umgebucht werden. Wer seinen Flug oder sein Hotel selbst bucht, hat es da oft schwerer.
Sie haben Urlaubsguru gemeinsam mit Daniel Marx gegründet und sind jeweils zur Hälfte Eigentümer des Unternehmens. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, ihr Unternehmen gewinnbringend zu verkaufen?
Krahn: Das ein oder andere Angebot gab es in den letzten acht Jahren natürlich. Aber ein Verkauf steht aus aktueller Sicht nicht zur Debatte. Urlaubsguru ist unser Baby, da steckt viel Herzblut drin. Wir machen weiter. Jetzt heißt es: Ärmel hochkrempeln und malochen, wie es sich für das Ruhrgebiet gehört.